027 - Gefangener des Unsichtbaren
oder gar nicht vorstellen kann. In mir ist ein
anderer Philip Hanton erwacht, einer, den du bisher nicht kanntest…«
Die ungeheuerlichsten Gedanken
gingen ihr mit einem Mal durch den Kopf.
Es gab Fälle von Besessenheit und
Dämonismus! War ein böser Geist in Philip gefahren?
Die Stunden, in denen er unter
Narkoseeinwirkung auf dem Operationstisch gelegen hatte, war da etwas
geschehen, was sich nun so auswirkte? Hatte in dieser Zeit ein unsichtbarer
Geist Besitz von ihm ergriffen?
»Du bist krank…. du brauchst deine
Ruhe, Phil, und…«
»Ich bin nicht krank, Eileen. Ich
weiß genau, was ich tue. In mir ist erwacht, was vor langer Zeit eingepflanzt
wurde .«
»Eingepflanzt, Phil ?« echote sie. Sie ließ den Gesprächsfaden nicht abreißen.
Geisteskranke mußte man ständig beschäftigen. Vielleicht gelang es ihr, daß er
vergaß, was er ursprünglich vorhatte. Er schien auch vergessen zu haben, was er
mit ihrer Schwester angerichtet hatte.
»Ich hatte dich gebeten, mich
nicht mehr aufzusuchen, ich wollte, daß du zu Elisabeth nach Monmouth fährst.
Statt dessen hast du sie kommen lassen. Was jetzt geschieht und noch geschehen
wird, Eileen, geht auf ein weit zurückliegendes Erlebnis zurück.
Als ich ein Junge war, schloß ich
mich einer Jugendgruppe an, die zu Fuß durch Irland wanderte. Damals kamen wir
auch in die Nähe eines Hauses, das einer Familie namens Crowden gehörte, die zu
diesem Zeitpunkt längst ausgestorben war. Das Haus selbst war baufällig, es
gehörte niemand, und der alte, verlassene Besitz reizte uns Jungen. Wir ahnten
nicht, daß es ein verfluchtes Haus war, in dem Menschen zu Tode gekommen waren,
in dem Satan und Dämonen beschworen wurden, als die Crowdens noch lebten. In
jener Nacht übernachteten wir in den Räumen. Und wir hatten alle denselben
Traum. Alle wußten am nächsten Morgen von einer schwarzen Sonne, aus der
geisterhaft bleiche Arme winkten. Wir hatten im Traum Dinge gesehen, von denen
wir keine Ahnung haben konnten. Die Riten und Beschwörungen der Crowdens waren
uns bekanntgeworden. Einige Jungen verließen fluchtartig das Haus, andere waren
wie betäubt.
Auf der Rückreise verunglückte
einer der Teilnehmer tödlich, ein zweiter beging kurz nach der Ankunft zu Hause
Selbstmord.
In den folgenden Jahren verloren
wir uns alle irgendwie aus den Augen, wie das im Leben so ist. Nur ich
verfolgte offensichtlich als einziger noch den Werdegang jener, die damals die
Tour mitmachten. Ich wußte, was sie taten, wohin sie verzogen und wie ihr
weiterer Lebensweg verlief.
Es ist eigenartig: Alle sind in
der Zwischenzeit gestorben. Doch keiner an einem natürlichen Tod! Ich bin der
letzte, der übrig ist. Das Bild der Dämonensonne hatte sich mir unauslöschlich
eingeprägt. Und vor ein paar Tagen kam das, was seit Jahrzehnten in mir
schlummerte, hervor wie ein Vulkan.
Mein Auftrag ist es, die Bilder
herbeizuschaffen, die es von der Dämonensonne gibt. Insgesamt existieren drei.
Zwei sind mir inzwischen bekannt geworden. Eins hängt hier in meinem Zimmer,
das zweite hat Lord Crowden bei einem alten Antiquitätenhändler entdeckt und an
sich genommen. Es befindet sich jetzt wieder in seinem Haus an der Westküste
Irlands. Dorthin wird auch dieses Exemplar gelangen, das jetzt noch hier hängt.
Dann muß noch das dritte gesucht werden. Dann ist es soweit…«
»Was ist dann soweit, Phil ?«
»Daß die Kraft der Crowdens sich
wieder voll entfalten kann. In der Dämonensonne steckt Leben, eines, das du dir
nicht vorstellen kannst. In den Strahlen der schwarzen Sonne werden Wünsche zur
Wirklichkeit. Die Wünsche des Teufels… ich selbst spüre die Kraft aus dem
Unsichtbaren mehr und mehr. Ich kann Dinge bewirken, die du dir nicht mal im
Traum vorstellen kannst.
Dieses Bild an der Wand habe ich
bei McPherson entwendet und hierher apportiert… über einige hundert Meilen
hinweg. Faszinierend, nicht wahr? Doch das ist noch nicht alles.
Ich kann hier und gleichzeitig
anderswo sein. Dabei kann ich einen zweiten oder auch dritten Körper haben… ich
kann mir gleichen, aber auch die Gestalt eines anderen annehmen, und das alles
ist nicht nur eine rein geistige Erscheinung, beileibe kein Spuk-Phänomen,
sondern greifbar und stofflich !«
»Phil… !« entrann es ihren Lippen und ihre Stimme war wie ein Hauch. »Du bist in der
Gewalt einer unsichtbaren Macht… du bist ein Gefangener, aber du bist nicht
verloren…
Wenn du deine Situation erkennst,
kannst du auch etwas dagegen
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