027 - Werwolf in der Nacht
gehabt hätten; daß er und Frost Gunnar Larsson über meine Nacht bei Verena informiert hatten, gab er dagegen zu. Er behauptete, Larsson habe sie direkt danach gefragt, und er habe nicht lügen wollen.
»Großer Gott, Hunter, konnte ich wissen, daß der Mann sich so anstellen würde? Genieren Sie sich etwa, weil Sie die Nacht in der Hütte verbracht haben?«
»Was das angeht, so halten Sie in Zukunft Ihren Mund, verstanden? Und was den Überfall angeht, so packt lieber die Koffer und verschwindet, wenn ihr es wart. Falls ich es nämlich herausbekomme, werde ich sehr böse.«
»Was wollen Sie dann tun, Hunter? Uns umbringen?«
Ich sah ihn nur an.
Alexander Kirst schmeckte sein Essen plötzlich nicht mehr. Er würgte noch ein paar Bissen herunter und ging dann hinaus, sicher um mit Frost wieder etwas auszubrüten.
Nach dem Essen unterhielt ich mich eine Weile mit Sten Ryjdag, dem Gutsverwalter, mit den Krogagers und mit Jens Albin Brantlander. Ich fragte sie aus, denn ich wollte Näheres über den Giftanschlag auf den alten Larsson und den Dämon herausbringen, der ihn betrogen und seine Persönlichkeit aufgespalten hatte. Ein paar Sachen, die ich hörte, waren sehr interessant, doch einen wirklich entscheidenden Hinweis erhielt ich nicht.
Um zwei Uhr nachmittags kamen einige Holzfäller mit einem Schlitten auf den Hof. Es hatte wieder zu schneien begonnen. Im Schlitten saßen frierend die drei Helden Ramadutta Ngaresh, Aristide Roux und Priscilla Larot. Waldemar, die einäugige Eule der alten Zigeunerin, krächzte klagend. Hinten auf der kleinen Ladefläche lag unter einer Plane eine starre Gestalt. Es war Boris Schtscherbakow. Seine Hand umklammerte noch die leere Schnapsflasche. Er war anscheinend vom Weg abgekommen, hatte sich in den Wäldern verirrt, und war dort erfroren.
Ramadutta und die beiden anderen hatten ihn gefunden und einige Holzfäller alarmiert, auf die sie zufällig gestoßen waren. Ramadutta jammerte; er gab einem Frostdämon mit dem sonderbaren Namen Jahjirjahrashufjaj die Schuld am Tod Schtscherbakows.
Alles lief zusammen. Der Leichnam wurde auf Elmar Larssons Anordnung in eine leerstehende Remise gebracht. Die Durchsicht von Schtscherbakows Papieren, falls er so etwas hatte, sollte ergeben, ob er auf dem Gut begraben oder anderswohin gebracht werden mußte.
Gregor Yameshi war noch nicht zurück. Auch Alexander Kirst und sein Busenfreund Peter Frost befanden sich wieder auf Werwolfjagd, und ich war froh, daß ich sie nicht zu sehen brauchte.
Nachdem sich die erste Aufregung über Schtscherbakows Tod gelegt hatte, ging ich zum Gutshaus, um dort mit Inger Larsson zu sprechen. Ich traf sie in ihrem düsteren Zimmer im Obergeschoß an. Ihre Lippen wurden zu einem schmalen, blutleeren Strich, als sie mich sah. Sie weigerte sich, mit mir zu sprechen.
»Gehen Sie, Mr. Hunter! Sie sind keinen Deut besser als die anderen. Sie waren bei dieser Hure Verena, bei der mein Mann sich jetzt sicher wieder herumtreibt. Ich will mit Ihnen nichts zu tun haben.«
Sie war herzkrank und darüber hinaus eine verbitterte Frau. Wenn ich auch das denkbar ungeeignetste Objekt für ihre Empörung war, so mochte ich sie doch nicht aufregen und ging. In der Halle unten traf ich Birgit. Sie hatte einige Handtücher unter dem Arm.
»Wollen Sie nicht mit zur Sauna kommen, Mr. Hunter? Sie befindet sich in dem kleinen Blockhaus am See, einen halben Kilometer von hier entfernt. Jens Albin ist schon unten, aber er ist so ein langweiliger Kerl.«
Ich überlegte. Fragen stellen konnte ich auch beim Schwitzen.
Als ich zustimmte, kam Olaf Sörensen aus dem Nebenzimmer. Er leckte sich lüstern über die Lippen. »Ich komme auch mit. Muß mal wieder was für den Kreislauf tun.«
Ein Schatten flog über Birgits Gesicht. Aber sie konnte ihren Onkel schlecht abweisen, und ihr Vorhaben aufgeben mochte sie auch nicht. Außerdem war ich ja dabei. So zogen wir zu dritt zur Sauna.
Im Schneetreiben konnte man nicht weit sehen. Bei diesem Wetter würde der Werwolf auch bei Tag ganz nahe an den Gutshof herankommen.
Wir saßen nackt auf den Bänken. Der Schweiß lief in Bächen an uns herunter. Das Thermometer zeigte 90 Grad Celsius. Die heißen Steine im Saunaofen zischten, als Birgit Wasser aufgoß.
Olaf Sörensen stöhnte auf. Seine Blicke hingen lüstern an Birgits schlankem Körper. Da Saunagänge in den nordischen Ländern ein alter Brauch sind, dachte sie sich nichts dabei, sich vor uns nackt zu zeigen. Bei einer
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