0270 - Mordnacht der Wölfe
weitere Tote geben.
Mendez ballte die Fäuste. »Ich werde San Diego verlassen«, murmelte er. »So bald wie möglich. Ich will nicht auch umgebracht werden. Ab morgen wird gepackt.«
»Was krächzt du da?« fragte seine Frau aus dem Hintergrund. »Wir sollen fort von hier?«.
Mendez nickte. »Ja. Es ist die einzige Chance, die wir noch haben. Der Werwolf ist nicht zu besiegen. Er wird uns alle auslöschen, einen nach dem anderen. Auch die Alte wird uns nicht helfen können.«
»Aber wir sind hier aufgewachsen«, widersprach die Frau. »Wir können doch nicht einfach alles hier aufgeben… wo sollen wir denn hin? Die Welt ist so groß und böse…«
»Dann«, sagte Mendez rauh, »müssen wir eben noch größer und böser sein. Aber ich will nicht, daß du oder ich von der Bestie zerrissen werden! Und ich werde auch allen anderen raten, San Diego zu verlassen. So schnell es geht, ehe es zu spät ist.«
Seine Frau wollte oder konnte sich nicht recht damit abfinden und brachte andere Argumente ins Spiel. Sie hielt ihm vor, ein Feigling zu sein, weil nur Feiglinge sich einem Problem durch Flucht entzögen. Mendez hörte nicht hin.
Er sah etwas.
Es lag auf der Straße und blinkte im Mondlicht silbern. Es zog ihn magisch an.
Er löste sich vom Fenster, verließ das Zimmer und ging zur Haustür.
»Wohin willst du?« schrie Esmeralda hinter ihm her. »Bist du von Sinnen? Willst du etwa hinaus gehen und dich fressen lassen?«
Aber Mendez antwortete nicht. Er war sicher, daß der Werwolf nicht mehr im Dorf war. Die Bestie hatte anderes zu tun…
Mendez trat in die Nacht hinaus und ging auf das blinkende Etwas zu. Er bückte sich und hob es auf. Eine handtellergroße Silberscheibe, die mit seltsamen Zeichen verziert war. Ein Drudenfuß im Zentrum, umgeben von den Symbolen der zwölf Tierkreiszeichen und einem umlaufenden Band mit eigenartigen Hieroglyphen. Das Ganze an einer silbernen Halskette…
Das war das Amulett, das dieser Zamorra auf der Brust getragen hatte! Plötzlich sah Mendez die Kampfszene wieder vor sich, in der das Amulett durch die Luft flog…
Am Fenster des gegenüberliegenden Hauses zeigte sich Julio daRaca. »Was haben Sie da, Mendez?«
Der Alkalde sagte es ihm. »Wo ist Zamorra?«
»Mit meinem Wagen den Berg hinauf… er will den Werwolf da stellen…«
Mendez sah zum Berg, und er starrte das Amulett an, das eine Art Waffe sein konnte, so wie Zamorra es gegen den Werwolf eingesetzt hatte. Ob Zamorra überhaupt wußte, daß er die Silberscheibe verloren hatte?
Da wuchs Mendez über sich selbst hinaus. Er, der bisher den Werwolfjägern aus dem Ausland so skeptisch gegenübergestanden hatte, änderte jetzt seine Meinung!
Er begann zu laufen, zu seinem Haus, zu seiner offenen Garage. Da stand der alte, rostige Seat, klapperig, aber zuverlässig.
»Sind Sie verrückt, Mendez? Wollen Sie auch da hinaus?« schrie daRaca am Fenster, und halb hinter der Haustür versteckt begann Esmeralda zu fluchen und zu betteln. Aber da startete Mendez den Seat bereits und jagte ihn mit dröhnendem Auspuff davon, den Bergpfad hinauf.
Und nicht nur die daRacas und die Frau des Alkalden, sondern auch die anderen Menschen im Dorf, durch den Lärm aufmerksam geworden, begannen am Verstand des Alkalden zu zweifeln.
Wie ein Selbstmörder hatte der doch nie ausgesehen… wie man sich doch in einem Menschen, den man jahrzehntelang kannte, täuschen konnte!
***
Fenrir sprang Ferreira an. Der Wirt hatte nicht auf den Wolf geachtet, der sich dicht an die Wand gepreßt und unauffällig gelauert hatte. Dennoch kam der Sprung des Wolfes zu spät, um dem Gewehr noch eine andere Schußrichtung zu geben. Die beiden Schrotladungen jagten aus den Läufen.
Teri schrie, sprang rückwärts und löste dabei den zeitlosen Sprung aus. Ein stechender Schmerz durchzuckte sie, raste vom Nacken durch die gesamte Wirbelsäule, aber diesmal schaffte sie es! Der Sprung klappte!
Direkt hinter Ferreira tauchte sie wieder auf. Sie fand nicht einmal Zeit zum erleichterten Aufatmen, weil die Schrotkörner sie nicht mehr erfaßt hatten und jetzt ein interessantes Muster in die Wand stanzten. Fenrir und Ferreira prallten gegen sie und schleuderten sie gegen den Türrahmen. Sie schlug heftig mit dem Kopf an, und für Augenblicke wurde es schwarz um sie herum. Wie durch Watte hörte sie Fenrirs wütendes Knurren und Ferreiras Schmerzgebrüll. Dann riß sie die Augen wieder weit auf. Fenrir hatte sich in Ferreiras Arm verbissen und kratzte
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