0271 - Ghoul-Parasiten
Allerdings fand er kein Korn, sondern ein Motorrad. Es gehörte einem Polizisten, der heranbrauste.
Suko handelte blitzschnell. Er stellte sich auf die Fahrbahn, zwang den uniformierten Kollegen zu einer geschleuderten Bremsaktion und zeigte seinen Ausweis, noch bevor sich der Beamte beschweren konnte.
»Ich brauche Ihre Maschine«, sagte der Chinese, drückte den Mann zur Seite und warf sich auf die Honda.
Mit Motorrädern kannte sich der Inspektor aus. Er fuhr selbst eine Harley, aber auch mit den schnelleren Japanern kam er zurecht. Suko hatte sich trotz aller Hektik genau gemerkt, in welche Richtung der Austin abgebraust war.
Richtung Süden, die Parliament Street hinab und dabei in Richtung Westminster Bridge. Eine geschichtsträchtige und mit touristischen Attraktionen bestückte Strecke, wie Downing Street und weiter unten Westminster Abbey.
Das alles kümmerte Suko nicht. Er wollte den Mann, auch wenn er es mit mehreren Gegnern zu tun hatte, wie ihm diese Flucht in dem Austin bewies, denn die Freunde des Kerls hatten auf ihn gewartet.
Suko gab Gas.
Er wußte, daß es sehr riskant war, ohne Helm und ohne die richtige Kleidung bei diesem Wetter zu fahren. Aber er hatte keine andere Wahl.
London im Regen. Das bedeutete Dunst, schlechte Sicht, auch am Tage nie eine richtige Helligkeit, aber nasses Pflaster, das vor allen Dingen für Motorradfahrer zu einer tückischen Falle werden konnte.
Zudem nahmen Autofahrer zumeist keine Rücksicht auf die Zweiräder.
Suko mußte sich voll konzentrieren. Es war verflixt schwer, denn der Regen klatschte ihm ins Gesicht. Er kam von vorn. Die Feuchtigkeit klebte auf der Haut, so daß Suko große Mühe mit der Sicht bekam.
Er mußte sich oft über die Augen wischen, um für kurze Zeit wenigstens einigermaßen klar sehen zu können. Eigentlich war es Wahnsinn, was er da tat, aber er dachte an John Sinclair und all die anderen Menschen, die in tödlicher Gefahr schwebten, wenn es dem Unbekannten gelang zu entkommen.
Die Straße war ziemlich breit. Suko fuhr konstant auf der rechten Seite und sah zu, daß er alles überholte.
Aber die Männer in dem Austin mußten bemerkt haben, daß sie verfolgt wurden, denn der Fahrer steigerte die Geschwindigkeit.
Suko drehte noch mehr auf.
Er hatte dabei das Gefühl, auf einer glänzenden Fläche zu fahren, denn die Straße vor ihm wirkte wie ein Spiegel, der die Lichter der zahlreichen Wagen reflektierte.
Es war eine verzweifelte Aufholjagd, zu der Suko gestartet war. Er hatte seinen Körper weit nach vorn gebeugt, das Gesicht war verzerrt.
Sowenig Widerstand wie möglich wollte er dem kalten und schneidenden Fahrtwind bieten, und er atmete zischend durch die fest zusammengebissenen Zähne.
Am Parliament Square jagte der dunkle Austin geradeaus. Die Straße führte jetzt im ziemlich spitzen Winkel auf die Themse zu und änderte an der Auffahrt zur Lambeth Bridge ihren Namen.
Die breite, historische Fassade des House of Parliament huschte an Suko vorbei. Dann begann links vor ihm ein parkähnlicher breiter Grünstreifen, der mit seiner Ostseite direkt an den Fluß grenzte.
Die Honda röhrte, Suko spürte das Zittern der schweren Maschine. Die Vibration ging auch über auf seinen Körper. Sie gab ihm ein Gefühl der Freiheit — aber er wußte auch von der Gefahr, in der er steckte. Ein Ausrutscher, und es war vorbei.
Vor ihm raste ein Jaguar. Der Fahrer wollte sich nicht überholen lassen, gab Stoff und glitt an dem Austin vorbei.
Jetzt waren es ungefähr noch 50 Yards, die Suko von dem schwarzen Wagen trennten.
Regenschleier peitschten von der Seite her auf den einsamen Motorradfahrer zu. Bis auf die Haut war der Chinese durchnäßt. Aber verbissen hielt er die Spur, denn er wußte genau, was alles auf dem Spiel stand. Auf keinen Fall durfte er die anderen entkommen lassen.
Sie hatten bereits den Stadtteil Westminster erreicht und fuhren noch immer an der Themse entlang, deren Wasser kaum zu sehen war, weil der Fluß in Dunst und Regen verschwand.
Auch an dem Austin waren die Scheinwerfer eingeschaltet worden. Die Heckleuchten glänzten wie glühende Kohlen, und plötzlich leuchteten sie stärker auf.
Der andere bremste.
Jetzt wurde es gefährlich. Suko wußte genau, daß ein Wagen besser auf nasser Straße in der Spur blieb, wenn er abgebremst wurde, aber ihm blieb keine andere Möglichkeit.
Auch er mußte mit der Geschwindigkeit runter.
Suko bremste stotternd und dennoch hart.
Danach erfuhr er, was es für eine
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