0271 - Ghoul-Parasiten
wobei sich zwischen den Gesichtern zahlreiche Schlieren bewegten, die mir vorkamen wie armdicke Nebelstreifen.
Ich glaubte daran, daß uns die Aktivierung des Kreuzes eine Dimensionsreise bescherte.
Wo würden wir landen?
Das schmale Gesicht der Reporterin zuckte. Es schien so, als wollte sie etwas sagen. Sie öffnete auch den Mund, formte Worte, dennoch konnte ich nichts verstehen.
Alles war einfach anders geworden. Wir bewegten uns in einer Sphäre, wo sich der eine mit dem anderen nicht verständlich machen konnte. Um uns herum herrschte zudem eine seltsame Stille. Keine Geräusche, kein Sprechen, kein Brausen, wir waren eingeschlossen in einen lautlosen Kreislauf.
Bis auf einmal alles anders wurde.
Plötzlich konnten wir wieder frei atmen, sahen alles klarer, und wie im Zeitlupentempo gingen wir auseinander, während sich unsere Hände wie auf einen geheimen Befehl hin vom Kreuz lösten.
Da standen wir und schaute uns an. Niemand sprach.
Ich hielt das Kreuz in der Hand. Es hatte zwar seine silbrige Farbe behalten, an einigen Stellen jedoch pulsierte es. Im Rhythmus unserer Herzschläge zuckte es auf. Es war ein rötliches Leuchten, das ich mir nicht erklären konnte.
Su Danning stand vor mir wie eine Statue. Sie schien mit ihren Gedanken weit weg zu sein, das Gesicht zeigte einen träumerischen Ausdruck, und sie sah, obwohl sie nichts erkannte.
»Su!« sprach ich sie an.
Die Frau hörte mich. Sie reagierte nur nicht.
Ich tippte gegen ihre Schulter. Unter dem dünnen Mantel spürte ich den Stoff des Kleides und auch die Wärme der Haut. Nach dieser Berührung wandte sie mir ihr Gesicht zu, wobei sie so etwas wie ein Lächeln versuchte.
»Wir leben, Su!«
Da atmete sie tief ein, als hätte es nur dieses einen Satzes bedurft, um sie wieder normal werden zu lassen. Ein Ruck ging durch ihre Gestalt.
Die Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, in die Augen strömte wieder Leben, und sie fragte noch einmal nach. »Geschafft?«
»Ja, Su!« Ich nickte heftig. »Wir leben.«
»Leben!« flüsterte sie, »ist etwas Herrliches, John.«
Da hatte sie recht. Und ich wollte alles daransetzen, um es auch zu erhalten.
Deshalb ging ich auf sie zu, faßte sie am Arm und bat sie, mit mir zu kommen.
»Wohin?«
Die Frage war gut. Eine Antwort konnte ich ihr nicht geben. Wenigstens keine direkte. Ich sagte nur: »Wir müssen uns in dieser anderen Welt zurechtfinden, Su. Sie erkunden wie zwei Pfadfinder.«
»Andere Welt?«
»Ja, alles deutet darauf hin.« Ich hob die Schultern. »Es ist schwer, das genau zu erklären, aber seien Sie gewiß, Su, daß wir uns nicht mehr auf der Erde befinden. Ich würde da von einer Dimensionsreise sprechen.«
»Gibt es das?« fragte sie mich, nachdem sie erstaunt in mein Gesicht gesehen hatte.
»Ja, wir haben es hinter uns.«
Über ihre Lippen zuckte ein Lächeln. »Das alles begreife ich nicht, John. Es ist so unwahrscheinlich für mich…« Sie schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht glauben. Bisher habe ich davon nur gelesen. Dimensionsreisen, das Verschwinden von Menschen und Gegenständen, dies gehört ins Bermuda-Dreieck…«
»Das Bermuda-Dreieck ist überall!«
»Auch hier?«
»Vielleicht.«
»Die Erklärung reicht mir nicht, John«, sagte sie ehrlich. »Suchen wir eine andere.« Nach diesen Worten nickte sie entschlossen, und ich war froh darüber, daß sie so reagierte.
Ja, ich wollte die richtige Antwort suchen. Daß ich Su Danning dabei auf, meiner Seite wußte, kam mir entgegen. Sie war keine Frau, die aufgab, sich hinhockte und schluchzte, sondern fest mit anpackte.
Bisher waren wir nicht dazu gekommen, uns umzuschauen. Das holten wir nun nach.
Wir waren in einer völlig anderen Welt gelandet. Schon beim ersten Blick konnte ich dies feststellen.
Es war eine Welt voller schroffer Gegensätze. Zunächst sah ich den Himmel. Im Grundton zeigte er eine dunkle, etwas unheimliche Farbe, die einen Blauton besaß. Dazwischen jedoch schoben sich, wie abgetrennt, dunkelrote Streifen hinein, so daß der Himmel ein unregelmäßiges Muster aufwies.
Vor uns wuchsen Felsen hoch. Sie schimmerten in einem satten Rot, wobei ich innerhalb des Gesteins schmale blaue Einschlüsse erkannte.
Es war eine seltsame Gesteinsformation. An einigen Stellen sah es so aus; als wäre mit einem großen, scharfen Messer eine Treppe hineingeschnitten worden. Die Stufen waren sehr breit, fast schon plateauartig, aber glatt.
Ich hatte das Gefühl, auf dem breiten Boden einer Schlucht zu
Weitere Kostenlose Bücher