0271 - Im Labyrinth des Todes
nervös an der Unterlippe und konnte nur mühsam seine Erregung verbergen.
»Das würdest du nicht sagen, Boss, wenn du Bull dann anschließend gesehen hättest. Der war doch rein aus dem Häuschen. Kaum waren die Cops verschwunden, da lief er auch schon hinterher. Aber dann ging er noch mal an die Theke und ließ sich einen Schnaps geben. Wollte anscheinend verschleiern, dass er mit den Cops was hatte. Aber er benahm sich so auffällig, dass ein Blinder mit ’nem Krückstock merken musste, dass er singen wollte.«
»Hat er gesungen?«, fragte Cummings barsch.
Bevor Grover antwortete, streckte er sich noch bequemer in dem Sessel aus. »Nein, er hat nicht gesungen«, sagte er dann so gleichgültig, als würde er sich übers Wetter unterhalten. »Mit ’nem Messer im Kreuz kann noch nicht mal die Callas singen. Und die konnte immer schon besser singen.«
»Verdammt, Grover, hoffentlich hast du uns jetzt bloß nicht die verfluchten Cops auf den Hals gehetzt. Wenn die deine Spur entdecken und…«
»Du hältst mich anscheinend für ’nen Stümper, Boss«, ereiferte sich Grover. »Die kommen im Leben nicht auf mich. Kein Mensch hat mich gesehen. Und nachdem ich Bull erledigt hatte, bin ich unauffällig verschwunden.«
»Wenn schon, Mist bleibt’s doch. Dazu haben wir ’nen verflucht guten Kunden weniger. Bull war nicht der Schlechteste von unseren Abnehmern. Aber da kannst du wieder mal sehen, dass ich das Geschäft richtig sehe. Irgendwann fällt einer um, und dann hängen die anderen mit drin. Ich hab’ dir ja schon gesagt, dass mir langsam der Boden verdammt heiß wird. Dazu noch die Geschichte mit Jane. Grover, mit unseren Füllern wollen wir im Augenblick mal langsam treten. Ich gebe auch nicht eher auf, bis dieser Hund, der Jane umgelegt hat, gefunden ist. Mach unsere Leute mobil, Grover! Die sollen sich nicht so nebenbei mit der Geschichte befassen. Lass alle Beziehungen spielen, damit wir über den Kerl etwas erfahren! Kannst ruhig durchblicken lassen, dass ich mir die Information was kosten lasse.«
»Wir sollen also kein Geld verdienen, sondern welches ’rausschmeißen?«, fragte Grover störrisch.
»Kümmere dich nicht drum«, fuhr Cummings ihn an. »Es sind ja schließlich meine Bucks. Ihr kriegt schon eure Dollars. Los, mach dich auf die Socken. Je eher der Kerl erledigt ist, um so besser auch für euch.«
Grovey stand auf. Er ging zu dem hohen Schrank, der im Hintergrund des Raumes stand. Die Tür quietsche, als er sie öffnete. Grover wühlte im Schrank herum.
»Was suchst du denn da?«, fragte Cummings und blickte misstrauisch auf den schlanken Gangster, der ihm den Rücken kehrte. Da drehte sich Grover um. In seiner Hand blitzte ein Messer.
»Ich geh nicht gerne ohne Handwerkszeug an die Arbeit«, sagte er und warf das Messer spielerisch in die Luft.
***
Der Mann, der lang ausgestreckt auf dem Eisenbett in der Ecke des dunklen Raumes gelegen hatte, fuhr hoch. Der Griff seiner Rechten ging instinktiv zum Pistolenhalfter. Der Mann entsicherte die schwere Waffe in seiner Hand und lauschte angestrengt.
Da war dieses Geräusch schon wieder. Schritte, vorsichtige Schritte, draußen vor der alten, windschiefen Bretterbude. Der Mann glitt langsam von dem Bett und vermied dabei jedes Geräusch. Auf Zehenspitzen schlich er zu dem einzigen Fenster, vor dem die Holzläden geschlossen waren. Durch einen schmalen Ritz konnte er einen Teil des Geländes vor der Bretterbude überblicken.
Wieder hörte der Mann das Geräusch von Schritten. Diesmal schon dicht vor der Tür. Aber so sehr er sich auch den Hals verrenkte, sehen konnte er nichts. Das leise Klopfen an der Tür riss den Mann herum, wie ein Wirbelwind die welken Blätter im Central Park.
Dieses Signal kannten nur wenige.
Der Mann konnte sich nicht erklären, wer es sein könnte. Zuerst dachte er an Joe, aber der saß seit einem halben Jahr in Sing-Sing. Die Aussicht, aus der Todeszelle auszubrechen, war mehr als gering, und deshalb strich der Mann diesen Namen in Gedanken von der Liste. Aber die anderen Möglichkeiten waren genauso abwegig.
Wieder wurde der vertraute Rhythmus an die Tür getrommelt. Der Mann nahm die 38er fester in die Hand und schlich auf die andere Seite.
Er gab keinen Laut von sich, sondern baute sich neben der Tür auf.
Noch einmal wurde geklopft. Dann war für einen Augenblick Stille.
Der Augenblick dauerte allerdings nicht lange. Quietschend wurde die Klinke heruntergedrückt. Die Tür gab nicht nach, denn der
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