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0272 - Gorgonen-Fluch

0272 - Gorgonen-Fluch

Titel: 0272 - Gorgonen-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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immer dahinter steckt, wird ein hübsches Verfahren zukommen. Der Mann wird seines Lebens nicht mehr froh. So ein Schwachsinn, die Polizei des halben Landes in Aufruhr zu versetzen!«
    Im Kleinformat existierte der Aufruhr immer noch. Die Männer, die unmittelbar mit dem Fall zu tun hatten, fanden keine Ruhe. Ettore Dano, der Capo, hatte seinen Feierabend längst abgeschrieben. Er saß neben den Bruchstücken und hielt eines in den Händen, den abgebrochenen Arm. So fein modelliert konnte keine Skulptur sein. Sogar die Härchen waren angedeutet, von der Kleidung ganz zu schweigen. Jede Falte, jede Gewebefaser war da. Nicht einmal eine Gipsform, direkt an den lebenden Menschen gelegt, konnte so exakt sein. Filigranarbeit war die Frisur und die vorstehenden Wimpern, von denen inzwischen fast alle abgebrochen waren. Das ließ sich mit dem Material Marmor einfach nicht machen, das von Natur aus höllisch brüchig war, nicht einmal mit Kunststoff. Außerdem war es technisch unmöglich, eine so komplizierte Form anzufertigen und auszugießen.
    Dano drehte den abgebrochenen Arm zwischen den Händen hin und her. An der Bruchstelle sah er unterschiedliche Strukturen. Da waren feine Röhrchen, aus denen die blutähnliche Flüssigkeit herausgeströmt war. Dort mußte ein Knochenfragment sein, da Sehnen und Muskelstränge im Querschnitt! Nein, das war kein Kunstwerk.
    Das war echt.
    Wie aber konnte ein Mensch zu Marmor werden?
    Danos Gedanken drehten sich immer wieder im Kreis. Er dachte auch an das versteinerte Bier - und an die blutigen Tränen, die er selbst gesehen hatte. Und dann die rote Flüssigkeit, die aus der zerschmetterten Figur rann!
    »Wenn ich noch lange darüber nachdenke«, sagte Dano im Selbstgespräch, »verliere ich noch den Verstand! Wenn es so etwas nicht gäbe, würde ich sagen, es ist Hexenwerk! Aber die letzte Hexe in Italien ist doch vor ein paar Dutzend Jahren verbrannt worden!«
    Er grinste schwach, obwohl das Thema nicht zum Grinsen war. »Ja, mein lieber Dottore«, sprach er Dr. Viagli an, der gerade eingetreten war und ein paar beschriebene Papierbögen mit sich herumschleppte. »Ja, so lange hat sich der Hexenwahn bei uns halten können, und drüben in Germania ist der letzte Hexenprozeß auch noch keine hundert Jahre alt.«
    »Capo, wollen Sie damit ernsthaft andeuten, daß es Hexerei gibt?« fuhr Viagli auf.
    Dano hielt ihm den abgebrochenen Arm hin. »Haben Sie eine bessere Erklärung?«
    »Noch nicht«, fauchte Viagli. »Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Bisher hat die Wissenschaft noch jedes Phänomen aufgeklärt, und dieses hier wird auch nicht lange ein Mirakel bleiben. Immerhin ist das Blut echt, von dem Sie dankenswerterweise eine Probe mitbringen ließen.«
    »Sehr interessant, Dottore«, sagte Dano. »Welche Blutgruppe?«
    Damit konnte ihm Viagli auch dienen. »B negativ«, sagte er und schlug mit dem Handrücken auf die Papiere. »Wenn ich nur wüßte, wer sich diesen üblen Scherz erlaubt hat… Blut auf diese entsetzliche Weise zu verschwenden…«
    Dano sprang auf. »Wo ist das Telefon?«
    Dann rief er in Boscoreale an. Der putzsüchtige Hausdrachen war noch aktiv, der mit dem herumstehenden Wassereimer die Katastrophe auslöste. »Sie wissen doch alles, bella signora, und darum können Sie mir bestimmt auch sagen, welche Blutgruppe Signor Rascani besitzt.«
    Das wußte sie nicht auswendig, versprach aber, unverzüglich bei den anderen Hausbewohnern nachzufragen, ungeachtet der nachmitternächtlichen Stunde. »Es dauert nicht lange!«
    »Ich warte«, versprach Dano.
    Dr. Viagli legte die Stirn in Dackelfalten. »Sagen Sie, Capo, wollen Sie damit allen Ernstes behaupten, daß diese fünf Liter Rascanis Blut sind?«
    Dano schwieg und wartete ab. Kurz darauf kehrte Signora Hausverwalter ans Telefon zurück. »Hören Sie, Capo?«
    Er hörte so gut wie nie. Viagli hörte auch, weil Dano den Zusatzlautsprecher des Telefons einschaltete.
    »Signor Rascani hat Blutgruppe B, Rhesusfaktor negativ. Können Sie damit was anfangen, Signor Capo?«
    »Danke«, sagte Dano und legte auf.
    »Verdammt«, sagte Viagli und schleuderte die Papiere auf den Tisch. »Das ist doch verrückt! Total verrückt und es beweist nichts…«
    »Wie Sie meinen. Sie sind der Fachmann«, brummte Dano, warf den Bruchstücken der Marmorfigur noch einen Blick zu und schickte sich an, den Raum zu verlassen. In der Tür blieb er noch einmal stehen.
    »Ich fahre hinüber in mein Büro und schreibe einen Bericht,

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