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0272 - Gorgonen-Fluch

0272 - Gorgonen-Fluch

Titel: 0272 - Gorgonen-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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heraus. In einer gleitenden Bewegung zog er die Dienstwaffe und entsicherte sie. Die Mündung zielte auf den Kopf der Steinfigur.
    »Vorsicht, Freundchen«, sagte er. »So etwas mögen wir nicht. Du wirst dich entsinnen, daß dieses Kaliber auch Marmor kaputtschlägt.«
    Die Steinfigur regte sich nicht. Sie war wieder unbeweglich. Aber aus ihren Augenwinkeln rannen blutrote Tränen. Der Marmor-Clarke stand so, wie er den Capo losgelassen hatte.
    Langsam senkte Dano die Waffe. Er murmelte eine Verwünschung. Die blutigen Tränen irritierten ihn. Was bedeuteten sie?
    Da verschwand das Blut wieder.
    Plötzlich begann die Figur zu schwanken. Langsam, ganz langsam kippte sie!
    »Nein!« schrie Dano auf. Er schob die Waffe ins Holster zurück und sprang vor. Der schwere Marmor stürzte um! Und wenn er auf dem Boden zersprang - dann war auch für Peter Clarke endgültig alles vorbei!
    Dano packte zu. Mit beiden Fäusten. Er stemmte sich dem Gewicht der kippenden Statue entgegen. Ihr Umstürzen konnte er nicht verhindern, dazu reichte seine Kraft allein nicht mehr aus, zumal Clarke sich bereits in Bewegung befand, aber er konnte den Aufprall abdämpfen und Clarke langsam niedergleiten lassen, so daß es keine Beschädigungen gab.
    Er starrte die Figur an. Fast begann er an sich selbst zu zweifeln. Hatte die Statue ihn wirklich ins Büro zurückgerissen? Wie konnte das möglich sein? Stein ist hart, massiv. Er kann sich nicht bewegen. Und wenn Clarke es vermochte — warum hatte er seinen Sturz nicht selbst abgefangen?
    Rätsel über Rätsel!
    Dano beschloß, daß die Figur aus seinem Büro verschwinden mußte, so oder so. Es wurde ihm zu gefährlich. Daß sie sich so schnell bewegen konnte, glaubte ihm ja doch keiner, nicht einmal, wenn er fotografierte. Sollten sich andere damit herumschlagen. Dano stürmte aus dem Büro, über den Gang und zur Bereitschaft. Als er die dortige Tür aufstieß, merkte er, daß er zitterte. Gewaltsam zwang er sich zur Ruhe und sprach vier der Bereitschaftsdienstler an, die sich über Politik oder Frauen oder Fußball unterhielten, weil diese Nacht ausnahmsweise mal relativ ruhig war.
    Es war, als halte die Unterwelt Neapels angesichts der Gorgonen-Drohung die Luft an.
    Aber das Verbrechertum konnte ja nichts von der Gefahr ahnen.
    »Bringen Sie die Marmorstatue, die in meinem Büro steht, hinüber zum gerichtsmedizinischen Institut, Abteilung Dottore Viagli«, ordnete Dano an. »Aber ganz vorsichtig. Es darf nicht die geringste Beschädigung geben, nicht einmal einen Kratzer. Ich helfe mit«
    Die Männer erhoben sich und folgten dem Capo. Den flog plötzlich ein seltsames Ahnen an. Vor seiner Bürotür zögerte er, dann stieß er sie mit einem heftigen Ruck auf.
    Er stieß einen schrillen Pfiff aus.
    Das Büro war leer.
    Die Marmorstatue - war verschwunden…
    ***
    Da war etwas.
    Träge flossen die Gedanken. Sie brauchten lange, lange Zeit, bis sie sich zu verständlichen Begriffen formten.
    Etwas ist mit mir geschehen. Ich habe mich verändert. Das andere ist in mir.
    Aber dann erkannte ich, daß dem nicht so war.
    Ich befinde mich in dem anderen.
    Nur ein geringer Teil von mir ist in mir selbst zurückgeblieben. Zu gering, um etwas zu bewirken. Zu gering, um schnell zu denken. Warum sehe ich nichts? Bin ich erblindet?
    Die Gedanken brauchten viele und lange Minuten, bis sie sich in dieser Form bildeten, aber kaum fragte er sich, ob er erblindet sei, als er sehen konnte.
    Er sah einen mächtigen, verlassenen Tempel irgendwo auf einer Insel. Dschungel überwucherte diese Insel. Große, häßliche Insekten huschten hin und her. Scheußliche Kreaturen, Mischwesen aus verschiedenen Tieren zusammengesetzt, lauerten und knurrten.
    Grau war das Gemäuer des Tempels mit seinen Vorhallen, Treppen und Säulen. Da gab es Wehrmauern, die sich ringsum zogen. Und da gab es ein wahres Labyrinth von Gängen und Korridoren im Innern des Bauwerks.
    Er flog sehend hinein wie ein Raubvogel.
    Da waren Menschen.
    Doch nein, keine Menschen. Steinerne Standbilder. Und auch das nicht. Sie lebten auf geheimnisvolle Weise. Sie vermochten sich in begrenztem Umfang zu bewegen, aber nur, wenn sie den Auftrag dazu erhielten. Sie mußten dienen.
    Warum kann ich mich nicht bewegen, wenn jene es können; fragte er sich unendlich langsam.
    Weil ich nich t diene, erkannte er. Ich bin dazu geformt, vernichtet zu bleiben auf alle Zeiten. Und meine Kraft ist in ihr, der Herrin.
    Er sah sie, sah sie in all ihrer Pracht, und ihr

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