0273 - Unter den Gletschern von Nevada
weiter", sagte Papageorgiu. „Wir wissen nicht, wo diese Kraftstation liegt."
Wieder begann er den Lemurer zu schütteln.
„Hören Sie auf, ihn zu quälen", sagte ich scharf. „Sehen Sie nicht, daß er jeden Augenblick sterben wird."
Zum erstenmal sah ich ihn wütend werden.
„Was wollen Sie eigentlich?" fauchte er mich an. „Wir sind fünfzigtausend Jahre von jener Zeit entfernt, in der wir zu leben gewohnt sind. Wenn wir Verbrecher wie diesen Mann in Watte packen, werden wir niemals heimkehren. Außerdem", fügte er resignierend hinzu, „ist der Bursche jetzt tot."
Er stand auf und ging zur Wand hinüber, wo einige Behälter hingen. Er fühlte sie mit Synthogrütze und befestigte sie an seinem Gürtel.
„Das wird genügen", sagte er.
„Aber nur für ein paar Tage" wandte ich ein.
„Länger werden wir hier unten sowieso nicht in Freiheit bleiben können", sagte er.
Ich bezweifelte, daß ich in der Lage war, von der synthetischen Nahrung zu mir zu nehmen, nachdem ich die Zwischenfälle innerhalb dieses Raumes beobachtet hatte.
Ein Geräusch ließ mich herumfahren. Ich brauchte einige Sekunden bis ich begriff, daß der Deckel, den wir aufgeklappt hatten, um in diesen Raum zu gelangen, zugefallen war.
Irgend jemand hatte uns den Rückweg versperrt.
Zwischenspiel .
Zeitagent Rovza betrat den Transmitterraum zusammen mit den vier anderen Überlebenden der Zeitstation auf der Erde. Rovza war sich darüber im klaren, daß sie nicht auf Grund kämpferischer Leistungen oder geschickter Strategie überlebt hatten, sondern ganz einfach deshalb, weil sie sich nicht im Transmitterraum aufgehalten hatten, als die vier Ungeheuer zusammen mit den sechs Raumfahrern aus dem Transmitter gekommen waren.
Die Roboter hatten die vier Monstren vernichtet und verfolgten jetzt die sechs Fremden, denen es gelungen war, aus der Station auszubrechen und an die Oberfläche zu gelangen. Rovza glaubte nicht, daß diese sechs Männer inmitten der Gletscher lange leben würden.
„Bringt die Leichen in den Transmitter!" befahl Rovza seinen Begleitern.
Der Zeitagent war ein großer Mann. Sein Gesicht wurde von ungewöhnlich großen Augen beherrscht, die ihm etwas Dämonisches verliehen. Rovza bewegte sich im allgemeinen ruckartig. Seine Art des Gehens verlieh ihm eine gewisse Würde, obwohl er oft genug unbeholfen wirkte.
Geduldig wartete Rovza, bis seine Helfer die zehn toten Tefroder in den Transmitterraum getragen hatten.
Rovza selbst arbeitete nicht. Er war ein Auserwählter, ein Mann, der hoch über diesen Duplos stand.
Manchmal ertappte sich Rovza bei dem Gedanken, daß er es vorgezogen hätte, ein bedeutungsloses Mitglied der Armee der Duplos zu sein, ein namenloses Nichts, das stumpfsinnige Befehle auf ebenso stumpfsinnige Weise ausführte. Er bezweifelte jedoch, daß ihn ein solches Dasein von all den drängenden Fragen befreit hätte, die ihn beschäftigten.
Einmal war Rovza in einem Spezialanzug hinauf an die Oberfläche gegangen und stundenlang durch Schnee und Eis gewandert. Ab und zu war die Sonne schwach durch die Wolken gekommen. Während dieser Wanderung hatte Rovza über sich nachgedacht, über sich und seine Arbeit. Mit einer fast morbiden Befriedigung hatte er erkannt, daß er lebte, um den Gegnern seiner Befehlshaber den Tod zu bringen. Später war diese Erkenntnis für Rovza zu einem festen Bestandteil seines Bewußtseins geworden. Oft genug hemmte sie ihn bei seiner Arbeit.
Trotzdem, so sagte sich der Zeitagent, mußte er bei seinen Befehlsgebern als zuverlässig gelten.
Er fragte sich, ob der Tod von zehn Duplos und die Flucht von sechs Gegnern eine Änderung in den Beziehungen zwischen den MdI und ihm hervorrufen würde. Plötzlich erkannte er, daß er trotz seiner nahezu unvergleichlichen Macht eines nicht wußte: wann man ihn töten würde! Und dieser Tod war ihm sicher, denn die MdI waren sehr ungeduldige Herrscher.
Rovza hatte sich daran gewöhnt, seinen irgendwann bevorstehenden Tod als etwas Unvermeidliches hinzunehmen, es war ein Ereignis, das weit in der Zukunft lag.
Als die zehn Toten im Transmitter lagen, kehrten Rovzas Gedanken in die Wirklichkeit zurück.
„Wir gehen nach der üblichen Zeremonie vor", sagte er. „Belloph, verlesen Sie die Todeszeile."
Ein hagerer Mann trat vor und sprach drei Sätze.
„Wer schaltet den Transmitter?" fragte Rovza.
Im Chor antworteten die vier anderen Männer: „Rovza, der Zeitagent!"
Rovza trat auf das Schaltpult zu. Er umschloß die Hebel,
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