0274 - Astrano - Herr der Geister
Hypnotisierter weiß nicht, daß er hypnotisiert wurde«, widersprach Gryf ruhig.
»Und wer sollte der Hypnotiseur sein? Es klingt ein wenig unglaubwürdig«, sagte Fischer.
»Der, welcher wirklich die Käfige öffnete«, sagte Gryf. »Der den Verdacht auf mich lenken will, aus ganz bestimmten Gründen, die ihm selbst und mir bekannt sind.«
»Welche Gründe? Wer ist der Verdächtige?«
Gryf atmete tief durch. »Ich kann im Gegensatz zu dem Hypnotisierten niemanden beschuldigen, solange ich keinen Beweis in der Hand halte. Aber ich bin ihm auf der Spur, und deshalb stellte er mich kalt.«
Fischer schüttelte den Kopf.
»Hören Sie, das klingt alles sehr, sehr unglaubwürdig. Ich denke, wir werden der -Sache näher auf den Grund gehen müssen, aber nicht hier und nicht jetzt. Sie bleiben vorläufig in unserem Gewahrsam. Bitte, geben Sie einem meiner Beamten den Wohnwagen an, in dem Sie nächtigten, damit er die nötigen Utensilien bringen kann…«
»Sie wollen mich einsperren?«
»U-Haft«, sagte Fischer. »Verstehen Sie, mir bleibt keine andere Wahl. Hier liegt ein Haftbefehl gegen Sie vor. Das ist keine Festnahme, sondern eine Verhaftung, das sollten Sie inzwischen begriffen haben.«
»Freilassung gegen Kaution«, verlangte Gryf.
»Das muß der Richter entscheiden. Ich denke, ich besorge Ihnen erst einmal einen Anwalt, über den Sie alles Nähere regeln können.«
»Lassen Sie ihn bloß nicht frei«, warnte Antonio. »Er ist imstande und bringt mich um!«
Gryf grinste wölfisch. »Dann bestände die Mordanklage wenigstens zu Recht, nicht wahr? - Aber sei unbesorgt, Antonio. Ich tue dir nichts. Die größere Gefahr für dich dürfte von deinem Auftraggeber kommen - in dem Moment, wo du nicht mehr benötigt wirst…«
»Was soll das heißen?« fragte Fischer scharf.
»Lassen Sie Herrn Sylpera überwachen und schützen«, sagte Gryf. »Sobald er aus der Hypnose erwacht, schwebt er in Lebensgefahr…«
Dann kamen die Männer, die Gryf fortbrachten.
In sicheren Gewahrsam…
***
Zamorra pfiff durch die Zähne. Er trat leicht zur Seite, damit auch der Wolf an ihm vorbei eintreten konnte. Unvermittelt stand er in einer fantastischen, fremdartigen Welt.
Die Wände und die Decke - sie waren bemalt. Auf den ersten Blick war es eine perfekte Täuschung. Es war alles lebensecht. Eine Dschungellichtung. Ringsum dampfende Pflanzenwelt. Zamorra glaubte fast, Tierstimmen zu hören. Weiter hinten waren Hütten zu sehen. Vor den Fenstern hingen echte Pflanzen. Die Beleuchtungskörper waren verdeckt und verstrahlten ein weiches Streulicht.
Erst beim näheren Hinsehen erkannte Zamorra unter der Bemalung und den zahlreichen echten Pflanzen auch die Einrichtung des Wohnwagens.
Aus dem Schein-Dschungel hervor trat ein hagerer, großer Mann mit einem blassen Gesicht.
»Monsieur Zamorra…«
»Woher kennen Sie mich?« fragte Zamorra verblüfft.
»Ich bin Astrano.« Damit glaubte der Mann mit der heiseren Stimme, alles gesagt zu haben.
Fenrir wollte sich gegen einen der Dschungelbäume lehnen. Aber der war nicht echt, und Fenrir stolperte. Er gab ein unwilliges Knurren von sich.
»Ruhig, Wolf«, sagte Zamorra wie zu einem normalen Wolfshund, und Fenrir spielte mit. Er knurrte noch einmal und schmiegte sich dann an Zamorras Beine.
Hinter ihnen trat Nicole ein.
Astrano lächelte sie an. »Bitte, nehmen Sie doch Platz«, forderte er die beiden Besucher auf.
»Und wo?« staunte Nicole.
Scheinbar aus dem Nichts zauberte Astrano Sessel hervor. Zamorra fragte sich, wie er das gemacht hatte. Im Grunde hatte es ein Mann wie Astrano gar nicht nötig, auch außerhalb der Manege oder Bühne eine Show abzuziehen. Was also bezweckte er damit?
Zamorra lauschte in sich hinein. Das seltsame Unbehagen war immer noch da, hatte sich aber nicht weiter verstärkt. Das Amulett verhielt sich passiv. Offenbar gab es keine neuerlichen schwarzmagischen Bedrohungen.
Zamorra entschied, daß das Hervorzaubern der Stühle ein vorbereiteter Trick war. Sonst hätte er die Magie fühlen müssen. Offenbar bekam Astrano des Öfteren Besuch, den er beeindrucken wollte.
Aber woher wußte er von Zamorras Ankunft? Woher kannte er den Namen? War es sein geistiger Radarstrahl gewesen, in den der Parapsychologe auf der Autobahn hineinfuhr?
Astrano nickte, als hätte er Zamorras Gedanken gelesen, obgleich das nicht möglich war. Nicht einmal Satan selbst hätte das gekonnt. »Ja«, sagte er. »Vor ein paar Stunden schon spürte ich Ihre Anwesenheit.
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