0275 - Der Fluch des Ägyptergrabs
daran erinnerte, daß er sich als unsichtbares Wesen in die Residenz einschleichen wollte, war es bereits zu spät.
»Wenn du versuchst zu fliehen, trifft dich mein Pfeil, Mann aus Babylon!« schnarrte die Stimme eines ägyptischen Offiziers hinter ihm. »Wisse, daß der Pfeil des Userkaf noch nie sein Ziel verfehlt hat!«
Der Meister des Übersinnlichen wirbelte herum. Der Ägypter stand kaum zehn Doppelschritte hinter ihm und hatte den Bogen gespannt. Nubische Wachen wurden aufmerksam und eilten herbei.
Bevor sich Professor Zamorra versah, hatten sie ihn gepackt und ihm mit Bastschnüren die Hände auf den Rücken gebunden.
»Sieh an, der König von Babylon sendet seine Spione aus!« grinste Userkaf, der im Heer des Ramses eine Hundertschaft befehligte. »Nun, du wirst uns erzählen, was dein Herr und König plant.«
»Ich bin kein Spion!« erklärte Zamorra mit fester Stimme. »Ich bin ein Magier vom hohen Turm des Marduk, der auszog, um von den Priestern dieses Landes die Kunst des Einbalsamierens zu lernen!«
»So, so!« höhnte der Ägypter. »Das Einbalsamieren. Nun, da kommst du eben zur rechten Zeit. Denn die Priester sind gerade dabei, den besonderen Liebling des Pharao für die Ewigkeit vorzubereiten. Wenn der Pharao die Schatten seiner Gnade über dich fallen läßt, werden sie dir das Geheimnis ihrer Kunst offenbaren. Denn Metufer, der Heerführer des Pharao, ist tot … Tot, wie auch die Männer, die ihn begleiteten. Und nun harret das schon fast vollendete Grab, daß die Mumie hier den Schlaf der Ewigkeit schlafe!«
»Metufer!?« stieß Zamorra nur hervor, brach dann jedoch sofort ab. Wie konnte eine Leiche existieren? Denn Metufer und die Männer, die sie damals verfolgten, waren von Dämonen getrieben worden und hatten es gewagt, Zamorra und seinen Freunden durch das Dimensionstor zu folgen. Da sie jedoch im 20. Jahrhundert keine Daseinsberechtigung mehr hatten, wich das Fleisch beim Übergang in die andere Zeit von den Knochen der Krieger und der Pferde. Während Zamorras Amulett die Dämonen in den Kriegern vernichtete, zerfielen die Skelette zu Staub. Durch die schnelle Zeitüberschreitung war der Zerfallsprozeß innerhalb weniger Herzschläge erledigt.
Daher wußte Professor Zamorra ganz genau, daß es nicht der Leichnam von Metufer war, von dem hier die Rede war. Denn der Körper des Heerführers war zerfallen.
Wessen Körper wurde hier balsamiert? Welche Intrige wurde hier gesponnen?
»Ich sehe, du hast von Metufer bereits gehört, Fremder!« sagte Userkaf. »Darum verrate ich dir, daß du seine Leiche auf jeden Fall sehen wirst. Entweder bist du dabei, wenn der Körper balsamiert wird … Oder du wirst lebendig mit ihm in das Grab eingemauert. Denn der Tote benötigt Sklaven, wenn sein Kaa, sein Leben, in den Körper zurückkehrt. Was immer dein Schicksal sein wird – es hängt davon ab, ob du wirklich kein Spion bist. Denn wir werden dich sehr eindringlich befragen!«
»Leitet der Pharao das Verhör selbst?« fragte Professor Zamorra. Wenn Ramses ihn wiedererkannte, war alles verloren.
»Der Pharao hat andere Dinge zu tun, als sich mit dir zu befassen!« knurrte der Ägypter. »Für Verhöre dieser Art ist der Foltermeister zuständig …«
***
»Die Warterei ödet mich an!« knurrte Michael Ullich. »Wir hätten ein Skatblatt mitnehmen sollen!«
»Unnütz. Uns fehlt der dritte Mann!« erwiderte Carsten Möbius. »Und Schach spielst du ja schon lange nicht mehr mit mir, weil du immer verlierst.«
»Ich kann einfach nicht untätig herumsitzen!« fuhr der blonde Junge auf. »Zamorra stellt derzeit Theben auf den Kopf, und wir beide sitzen hier und drehen Däumchen. Die große Aktion läuft anderswo ab und … Halt, was ist das? Diese seltsamen Geräusche … Das ist Hundegebell!«
»Stimmt!« nickte Möbius. »Hunde, die jagen. Und Männerstimmen. Aber, was zum Teufel, wird hier gejagt?«
»Gleich weiß ich es!« erklärte Michael Ullich und wollte sich erheben.
»Runter«, versuchte ihn der Freund zurückzuhalten. »Eine bessere Deckung wie diese Geröllhalde finden wir nicht. Von hier können wir die ganze Gegend bis zum Hatschepsuth-Tempel überblicken und…!« Er konnte nicht vollenden. Wie aus der Unterwelt hervorgespien senkte sich ein Schatten über sie. Ein leiser Aufschrei, dann sprang eine dürre, ausgemergelte Gestalt zu ihnen herunter. Michael Ullich erkannte am gehetzten Blick des Mannes, daß ihm die Jagd galt.
Der Mann mit den europäischen
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