0276 - Irrweg durch die Zeit
waren. Dann brachte er ihn durch einen langen, mit Laufbändern ausgelegten Verbindungsgang zur Kommandokugel hinüber und zeigte ihm einen kleinen Raum, der mit einer verwirrenden Fülle von Instrumenten ausgestattet war und unmittelbar an den Befehlsstand anschloß.
„Das ist dein Reich, Rog", sagte Gerry schmunzelnd. „Wenigstens für den ersten Teil der Reise. Du hast hier zweieinhalbtausend Geräte, damit du genau weißt, in welchem Augenblick die Bomben losgelassen werden müssen. So gescheit, wie du bist, wird es dir keine Schwierigkeiten machen, alle Instrumente auf einmal abzulesen und die Bomben haargenau zum richtigen Zeitpunkt zu zünden."
Rog sah zu ihm auf. Sie hatten die Helme längst geöffnet und auf die Schultern zurückgeschoben.
Gerrys breitflächiges Gesicht strahlte Ruhe und Freundlichkeit aus. Er war wie ein Vater, der seinem Sohn einen interessanten Sonntagsspaziergang verspricht.
„Du hast keinen Funken Gefühl im Leib", knurrte Rog gereizt, „sonst wüßtest du, was sie mir da für eine Last aufgeladen haben."
Er setzte sich vor das große Schaltpult und rückte in dem bequemen Sessel hin und her, als wollte er ihn ausprobieren.
„Weil sie wissen, daß du der Mann bist, Rog", antwortete Gerry gutmütig.
„Ach, Quatsch", brummte Rog. „Die ganze Sache ist zu riskant. Wenn ich aus Versehen den falschen Knopf drücke, fliegt das Schiff in die Luft."
Er war nervös und gereizt. Seine Behauptung entsprach nicht der Wahrheit. Das Schaltpult war mit einem Computer gekuppelt. Das Risiko, daß eine der Bomben im falschen Augenblick zündete, war nur gering. Aber Rog hatte das Gefühl, er müßte etwas Häßliches sagen.
„Du spinnst", versicherte ihm Gerry voller Ruhe. „An deiner Stelle nähme ich vor dem Start noch ein paar Pillen. Du wirst einen kühlen Verstand brauchen, sobald wir über Vario eintreffen."
Er wandte sich dem offenen Schott zu.
„Übrigens - die Besatzung ist komplett an Bord", sagte er über die Schulter. „Die Eierköpfe kommen in knapp einer Stunde."
„Schon gu t, Gerry", meinte Rog. „Ich werde ihnen nicht in den Weg laufen. Ich bleibe hier drinnen."
Gerry ging hinaus und schloß das Schott. Rog lehnte sich in seinem weichen Sessel weit nach hinten und streckte die Beine von sich. Er ärgerte sich über sich selbst. Er versuchte, sich zur Ruhe zu zwingen, und begann, seinen Seelenzustand zu analysieren.
Das gelang ihm überraschend leicht und mit überzeugender Eindeutigkeit.
Er hatte Angst. Angst - wie noch nie zuvor im Leben.
Um sich abzulenken, schaltete er den großen Bildschirm ein, der die linke Seitenwand fast in ihrer ganzen Länge und Höhe bedeckte. Die Lichtpunkte der Sterne erschienen wie hingezaubert. Und wie eine betrunkene Lampe hing die Station schräg im Nichts. Rog sah auf die Uhr. 11:33 Stationszeit. Noch knapp zweieinhalb Stunden bis zum Start.
*
Die DINO-3 war anerkanntermaßen ein häßliches Schiff. Leute, die sie zum erstenmal sahen, hatten allen Ernstes daran gezweifelt, daß sie sich überhaupt von der Stelle bewegen könne. Dabei war sie nur nach den Richtlinien der Zweckmäßigkeit konstruiert und war personifizierter Beweis dafür, daß Zweckmäßigkeit und Schönheit nicht immer Hand in Hand gehen.
Das Schiff bestand zunächst aus einer zweitausend Meter durchmessenden kreisförmigen Plattform.
Die Dicke der Plattform betrug vierhundert Meter. In ihrem Innern drängte sich ein Laderaum an den ändern. Das Ladevolumen der DINO-3 überstieg das aller früheren Transportschiffstypen fast um eine Größenordnung. Von winzigen Meßinstrumenten bis zu ausgewachsenen Raumschiffen - die Schiffe der DINOSAURIER-Klasse beförderten alles.
An den Rand der Plattform angeklebt befand sich eine Kugel von 750 Metern Durchmesser. In dieser Kugel war die Besatzung untergebracht. Von ihr aus wurde das ganze Schiffsungetüm gesteuert und verteidigt. Die Kugel enthielt ebenso die Triebwerksgeneratoren und ein überdimensionales Kraftwerk, dessen Kapazität die Aufrechterhaltung überstarker Schirmfelder selbst unter höchster Beanspruchung ermöglichte.
Der Kommandant des im Andromedanebel vorerst einmaligen Schiffes war Major Gerald Snigert. Von Gerry behaupteten die, die ihm übelwollten, daß er nur deswegen so überlegen ruhig sei, weil wegen seiner hünenhaften Größe die vom Gehirn ausgesandten Nervenimpulse niemals rechtzeitig dorthin gelangten, wohin sie sollten.
Als Snigerts Erster Offizier fungierte Rog Fanther,
Weitere Kostenlose Bücher