0278 - Amoklauf des Messerstechers
Bogen beschrieb und kopflos der Wasseroberfläche zuglitt. Zuerst tauchte das Messer ein, dann verschwand auch El Diablo, und wir standen wie die Ölgötzen am Ufer, ohne irgend etwas unternommen zu haben. El Diablo hatte uns reingelegt und seine Macht demonstriert.
»Das ist seine Bucht«, erklärte Suko und nickte heftig. »Wenn wir ihn packen können, dann nur hier.« Noch während er sprach, trennte er sich von seiner Hose. Auch das Hemd zog er aus. Die leichte Jacke lag längst am Boden, aber der Chinese war noch bewaffnet, als er auf das Wasser zulief. Bevor die Wellen seine Füße umspülten, schaute er sich fragend zu mir um. »Willst du nicht auch kommen?«
Ich zögerte keinen Augenblick mehr. »Und wie«, sagte ich…
***
In Windeseile hatte auch ich mich ausgekleidet. Meine Klamotten flogen im hohen Bogen davon. Ich stürmte auf die anrollenden Wellen zu, in denen Suko bereits verschwunden war und ich nur noch seine Schultern erkennen konnte.
Das Wasser war herrlich. Für einen winzigen Moment hatte ich das Gefühl von Urlaub, von Freiheit, von einem herrlichen nächtlichen Bad unter einem sternenklaren Himmel, dann dachte ich wieder an den verdammten Zombie mit dem Köpfermesser, und ein kalter Schauer rann über meinen Rücken, als ich im Bogen nach vorn hechtete, wobei ich mit ausgestreckten Armen und kopfüber in die Flut eintauchte.
Sofort bewegte ich mich mit kräftigen Schwimmstößen voran, nachdem der Grund unter meinen Füßen verschwunden war. Das warme Wasser spülte meine Haare hoch, ich hatte die Augen nicht geschlossen und starrte in die dunkle, doch irgendwie gläsern wirkende Tiefe des Wassers hinein. Irgendwo in der Dunkelheit lauerte auch mein Gegner, dem ich ohne Beretta, aber mit Dolch und Silberkreuz entgegentreten wollte.
Dolch gegen Messer!
Wer war stärker?
Vier Augen sehen mehr als zwei, deshalb war ich heilfroh, daß mein Partner Suko in der Nähe schwamm. Als ich auftauchte, sah ich ihn etwa zehn Yards entfernt. Er schaute sich um und trat Wasser.
Ich prustete ein paarmal und spuckte auch. »Hast du was entdeckt?« rief ich ihm zu.
»Nein!«
»Wenn er angreift, dann aus der Tiefe!«
»Das befürchte ich auch.«
»Gut, dann gehe ich runter«, sagte Suko, spielte Ente und verschwand mit dem Kopf zuerst.
Ich blieb an der Oberfläche. Nicht sehr schnell schwamm ich auf den Felsen zu. Vielleicht hatte sich unser Gegner unter Wasser und im Schatten des Gesteins verborgen. Rechnen mußten wir mit allem.
Wahrscheinlich hatte auch er angenommen, daß wir nicht am Ufer stehenblieben und ihn verfolgen wollten.
Er wollte den Tod bringen, eine mordgierige Bestie war er, gnadenlos, und er setzte sein Messer ein, wie er es auch als Pirat getan hatte. Suko blieb ziemlich lange unter Wasser. Ich machte mir schon Sorgen, als er schräg links vor mir auftauchte. Die Distanz zwischen uns war größer geworden.
»Zu dunkel da unten, John!« Er schaute sich um. »Wir hätten eine Lampe nehmen müssen.«
»Willst du zum Felsen?« fragte ich ihn, weil er genau in die Richtung schaute.
»Ja.«
Ich hatte nichts dagegen. Während ich auf der Stelle blieb und Wasser trat, kraulte Suko mit weit ausladenden Bewegungen auf den großen dunklen Klotz zu.
Wohl war mir nicht bei der Dunkelheit. Wir hatten leider keine Röntgenaugen und konnten unter Wasser deshalb nichts sehen. Dabei mußten wir mit einem Angriff rechnen, und unserem Gegner würde es auch gelingen, sich lautlos heranzuschleichen.
Suko erreichte den Felsen, drehte sich dort und winkte mir beruhigend zu, bevor er damit begann, auf den hohen Stein zu klettern. Von dort oben besaß er einen besseren Überblick.
Ich blieb zwar auf der Stelle, aber ich schaute mich auch um, denn unser Gegner sollte mich auf keinen Fall überraschen.
Suko kletterte noch. Ich hörte sogar sein Schimpfen, weil das Gestein glatt war, und dann passierte das, womit ich im Traum nicht gerechnet hatte.
Vielleicht zwei Körperlängen entfernt, sah ich einen Gegenstand dicht unter der Oberfläche des Wassers treiben. Der Gegenstand besaß eine runde Form und schien leichter als das Wasser zu sein, denn sonst wäre er versunken.
Er schwamm nicht nur gerade, sondern drehte sich dabei immer wieder um die eigene Achse, so daß ich des öfteren in sein Gesicht schauen konnte. Schon beim ersten Blick hatte ich es erkannt.
Es war die Fratze des Piraten El Diablo!
***
Vor Schreck vergaß ich, weiterhin Wasser zu treten. Ich sackte unvorbereitet in die
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