0278 - Amoklauf des Messerstechers
aus.
Meine Gedanken wurden von den Worten des Mädchens unterbrochen.
Susanne redete von einer Hand und einem Arm. »Aus dem Wasser kam er. Er hatte das Messer, stieß zu, immer wieder…«
»Wo?« fragte Suko.
»In der kleinen Bucht…«
Der Chinese fuhr zu José Bexiga herum. »Kennen Sie die Bucht, junger Mann?«
»Ja, sie liegt versteckt unterhalb dieser Straße. Ein schmaler Weg führt hinunter.«
»John!« Suko nickte mir zu, und ich war einverstanden. Bevor wir losgingen, baten wir die beiden jungen Männer, bei den Mädchen zu bleiben, dann zischten wir ab.
Es war nicht einfach, sich in diesem Gelände zurechtzufinden. Wir hielten uns immer dicht am Straßenrand und suchten den Pfad, der in die Tiefe und zwischen die Felsen führte.
Suko besaß die bessere Spürnase. Er fand ihn auch, winkte mir kurz zu und war schon im nächsten Augenblick verschwunden.
Ich folgte meinem Partner. Sehen konnten wir kaum etwas. Das besserte sich allerdings, als der Pfad breiter wurde und wir in eine kleine Bucht hineinschauen konnten, die sehr malerisch lag.
Unsere Füße versanken in dem hellen, sehr feinkörnigen Sand, und wir sahen die schaumigen Wellen an den Strand rollen, während über uns ein dunkler Himmel lag, auf dem die zahlreichen Sterne wie glitzernde Tautropfen lagen.
Romantisch, malerisch und düster zur gleichen Zeit, denn aus dem Wasser schob sich ein Felsen, der die Form eines vorsintflutlichen Ungeheuers aufwies.
Er stand dort wie eine finstere Drohung, ein Signal der Warnung, und ich spürte, daß von diesem Felsen eine irgendwie nicht greifbare Gefahr ausging.
Genaueres konnte ich nicht sagen. Ich wußte auch keinen Grund, ich nahm es halt einfach hin.
Suko war vorgegangen. Nach einigen Schritten blieb er stehen und deutete nach vorn. Gleichzeitig drehte er seinen Kopf und sagte mit seltsam gepreßt klingender Stimme nur ein Wort.
»John!« Auch ohne es gesehen zu haben, wußte ich, daß Suko einen grausamen Fund gemacht hatte.
Ich ging zu ihm, und wir sahen den im hellen Sand liegenden Körper eines im bekleideten Mädchens. Daneben blieben wir stehen, schauten hinunter und schluckten beide.
Über eine Beschreibung der Leiche möchte ich hinwegsehen, für uns stand nur fest, daß hier jemand grausam gewütet haben mußte. Es kostete uns Überwindung, neben der Leiche knien zu bleiben und sie genauer anzuschauen.
Das waren Messerstiche!
Aber nicht nur einer, sondern zahlreiche. Es gab kein Pardon. Jemand hatte brutal gewütet.
El Diablo!
Ich hatte diesen Dämon oder Satansdiener noch nie in meinem Leben gesehen und war dennoch davon überzeugt, daß nur er und kein anderer sich dafür verantwortlich zeigte. Ein grausames Wesen, ein schlimmer Killer, vom Geist der Hölle getrieben, und er würde seine Macht ausbreiten wollen, dessen waren wir uns sicher.
Gemeinsam drückten wir uns wieder in die Höhe. Sprechen konnten wir nicht. Erst nach einer Weile fragte Suko: »Was meinst du, John?« Seine Stimme kratzte.
»Er hat ein Messer genommen.«
Mein Freund nickte. »Dann muß dieser verdammte Fluch gestoppt worden sein.« Der Chinese deutete auf das Meer. »Aber wo befindet er sich jetzt? Unter Wasser? Oder ist er schon längst an Land geklettert, um neue Greueltaten zu vollbringen?«
Ich hob die Schultern. »Wenn wir das wüßten, wäre es mir wohler. Aber ich liebe das Gefühl, daß er sich hier noch herumtreibt.«
»Wieso?«
»Vielleicht ist das seine Bucht.« Meine Hand beschrieb einen Halbkreis.
»Wäre doch möglich. Irgendwie erinnert mich dieser Flecken hier an eine alte Piratenbucht. Ich habe in den Abenteuerbüchern darüber immer viel gelesen, und gerade Piraten-Romane habe ich verschlungen. Dieser Halbkreis kommt mir so vor.«
»Meinst du, daß er sich noch unter..«
»Nicht, nicht mehr!« zischte ich Suko zu, denn am Felsen, um den Wasser hell schäumte, war mir eine Bewegung aufgefallen. Eine Gestalt erkannte ich.
El Diablo?
Die Gestalt stieg aus dem Wasser. Mit sehr eckigen, dennoch geschickten Bewegungen begann sie, den Felsen zu erklettern.
Wir standen da und schauten zu. Das Bild war gespenstisch, denn wir vernahmen keinen Laut. In völliger Ruhe lief die Szene vor unseren Augen ab, und dem Wesen gelang es, sich Schritt für Schritt immer höher auf den Felsbuckel zu schieben. Er benutzte nicht nur die Beine, sondern stützte sich auch mit den Händen ab, sein Schattenriß wirkte wesentlich dunkler als der Felsen. Dabei kam mir der Vergleich mit einem
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