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0278 - Tupilak, das Schneemonster

0278 - Tupilak, das Schneemonster

Titel: 0278 - Tupilak, das Schneemonster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Schneehütte war es zwar nicht sonderlich geräumig, aber relativ warm. Ein kleines Feuer brannte, dessen Rauch durch eine Öffnung um mehrere Windungen herum abzog – gewunden, um Wind und Kälte fernzuhalten. Immerhin reichte das Feuer andererseits nicht aus, die Iglu-Wände zum Schmelzen zu bringen. Auf dem Boden lagen Rentierfelle, auf denen man sich betten oder in diesem Fall hinsetzen konnte. Naugor ließ eine Flasche mit hochprozentigem Inhalt rundgehen, der mit Sicherheit selbstgebrannt und unversteuert war. Zamorra nippte hin und wieder vorsichtig daran; Nicole hatte nach dem ersten Schluck schon das Handtuch geworfen. Scharfe Getränke dieser Art waren nicht ihr Fall; sie bevorzugte Wein, Liköre oder auch mal ein gepflegtes Bierchen.
    Naugor zeigte sich seinerseits gar nicht zimperlich, wurde aber auch nicht betrunken. Er war wohl gut im Training.
    Er sah das Amulett vor Zamorras Brust hängen, offen über dem Hemd.
    Die handtellergroße Silberscheibe mit den seltsamen Zeichen faszinierte ihn. Einige dieser Symbole behauptete er zu kennen, war aber nicht in der Lage auszudrücken, welche Bedeutung sie hatten. Zamorra sah sich wieder einmal um eine Hoffnung ärmer. Seit Bestehen des Amuletts rätselten Experten herum, welcher Schrift die Hieroglyphen auf dem umlaufenden Silberband entsprangen und wie sie zu übersetzen waren. Aber es gab auf der ganzen Erde und in der ganzen Jahrmillionen währenden Weltgeschichte keine vergleichbare Schrift. Es war, als seien diese Zeichen auf einem anderen Stern geschrieben worden. Merlin, der Schöpfer des Amuletts, hüllte sich in Schweigen.
    Fest stand nur, daß mit Hilfe dieser manchmal verschiebbaren Zeichen magische Funktionen ausgelöst werden konnten. Aber das klappte nicht immer. Seit Leonardo de Montagne Merlins Stern vorübergehend in Besitz hatte, mußte Zamorra sich jede neue Dienstbarkeit des Amuletts förmlich erkämpfen.
    Immerhin faßte Naugor Vertrauen zu Zamorra und Nicole. Er berichtete alle Einzelheiten. Und so erfuhren Zamorra und Nicole nebenbei auch, daß Shinan der Schamane war, daß der Häuptling tot war und Naugor zum neuen Häuptling gewählt werden sollte.
    »Ich bin sicher«, fuhr Naugor fort, »daß der alte Häuptling vom Tupilak zerrissen wurde, weil er etwas über ihn wußte. Denn es war das einzige Mal, daß der Tupilak ins Dorf hinein kam. Alle anderen Opfer holt er sich draußen im Eis.«
    »Dann wärt ihr also hier im Dorf in Sicherheit«, überlegte Nicole.
    »Wenn ihr es nicht verlaßt…«
    »Kommt er vielleicht doch erneut herein«, wehrte Naugor ab. Er sprach ein leidlich gutes Englisch, weil er einst in der Sommerschule gut aufgepaßt hatte. Grönland gehört zu Dänemark, gesprochen wird dänisch sowie die diversen Eskimo-Dialekte. Aber mit all diesen nordischen Sprachen taten sich sowohl Zamorra als auch seine sprachbegabte Gefährtin schwer. So waren sie beide froh, sich mit Naugor so gut verständigen zu können.
    »Der Tupilak wartet auf etwas«, fuhr Naugor fort. Er sprach leise, als könne ihn jemand hören. »Wenn es eine normale Stammesfehde wäre, würde er das Dorf verwüsten. Er wartet aber nur draußen. Er lauert im Schnee und im Eis. Und immer wieder schlägt er seine Opfer.«
    »Trotzdem«, überlegte Zamorra. »Wenn ihr…«
    »Wir müssen immer wieder hinaus«, unterbrach ihn Naugor. »Wir sind Nomaden. In der wärmeren Zeit wie dieser sind wir hier, senden unsere Kinder in die Sommerschule und legen Vorräte an für die Kältezeit. Für den Winter, der sehr hart ist. Das heißt, daß wir uns jetzt um die Rentiere kümmern müssen. Wir fangen sie ein und zähmen sie, wir jagen und schlachten. All das, was im Winter schwer wird. Wir trocknen das Fleisch, gerben die Häute. Und wir können nicht alles hier im Bereich unseres Dorfes machen. Wir müssen hinaus. Auch für den Fischfang. Wenn der Winter kommt, brechen wir die Holzhütten ab, lassen die Schnee-Iglus verfallen und ziehen mit unseren Schlitten weiter südwärts. Es gibt Stämme, die noch weiter im Norden leben, aber auch sie kommen in die wärmeren Gefilde. Dort bauen wir uns neue Hütten und Zelte, bis es wieder an der Zeit ist, uns auszubreiten über das Land.«
    »Hm«, machte Zamorra.
    »Ich gäbe viel darum, wenn ich wüßte, was Andar, der Häuptling, gewußt haben muß«, nahm Naugor das ursprüngliche Thema wieder auf.
    »Shinan, der Schamane, will angeblich in anderen Dörfern nachfragen, ob dort jemand einen Grund hat, uns den Tupilak zu

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