0279 - Der Herr der Unterwelt
von dem Apartmenthaus entfernt lag, in dem Kitty Welson und ich jetzt hausten. Ich hatte es aufgegeben, die Frau unter Verschluß zu halten. Sie war gestern abend fortgegangen, aber ich war ihr nicht gefolgt. Ich hatte nur aufgepaßt, wann sie zurückkam, und ich stellte sie auf dem Korridor.
»Warst du bei Breadcock?« fragte ich.
Sie nickte. »Ja«, antwortete sie heiser und schloß die Tür zu ihrem Apartment auf.
»Wird er bald wieder ein Zweihundert-Dollar-Ding starten?« fragte ich höhnisch.
Sie zuckte die Achseln in einer müden, fast verzweifelten Geste. Dann schlug die Tür ins Schloß.
Über die Schießerei im Ranger Club hatten die Zeitungen ausführlich berichtet. Die Cops waren nicht rechtzeitig alarmiert worden. Sie fanden nur noch Williams Leiche vor. Die Zeitungen schrieben, daß die Angestellten des Klubs samt und sonders erklärten, niemanden von den Gangstern zu kennen. Nur Radson verriet den Cops, daß der Gangster, der Williams erschoß, Lad Calligan heiße, mehrfach im Klub gewesen sei und aus New York stamme. Die eine Partei des Feuergefechtes, nämlich ich, war also der Polizei bekannt, und wäre ich ein echter Gangster gewesen, so hätte ich eine verdammt trübe Zukunft vor mir gehabt.
Der Keeper des Drugstores hatte mir an diesem Morgen das Frühstück hingestellt. Ich rührte trübselig in meiner Kaffeetasse herum, als zwei Männer in den Laden kamen. Sie blieben an der Tür stehen, und einer von ihnen machte eine leichte Kopfbewegung zu mir hin.
Sie schoben sich zwischen den Tischen durch auf mich zu. Ich drückte mich ein wenig vom Tisch ab, nahm die Hand von der Kaffeetasse und brachte sie in die Nähe des Jackenausschnittes.
Die Männer blieben vor meinem Tisch stehen.
»Das ist er«, sagte der jüngere von beiden und setzte leiser hinzu. »Hallo, Calligan! Anscheinend erinnerst du dich nicht an mich.«
»Nein«, antwortete ich und ließ die Jungs nicht aus den Augen.
»Wir sind uns in New York einmal begegnet, als du für Avell arbeitetest. Ich war damals für Thuck Digger unterwegs.«
»Dann war es bestimmt keine freundschaftliche Begegnung. Digger und Avell konnten sich nicht riechen.«
Der Mann grinste. »Schon möglich, aber ich denke, wir beide werden Diggers und Avells New Yorker Krieg nicht in Chicago fortsetzen. Dazu besteht kein Grund. Unsere alten Bosse sind längst von den Cops hochgenommen worden. Das ist mein neuer Boß!« Er wies mit dem Daumen auf den Mann neben sich.
Der Mann war groß, mit einem langen, häßlichen Gesicht. Er nahm den Hut ab und warf ihn auf einen Stuhl. Er hatte schütteres blondes Haar.
»Ich bin Hammond Lakes! Schon mal von mir gehört?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Er ist der kommende Mann in Chicago«, erklärte der andere eifrig.
»Können wir uns setzen?« fragte Lakes höflich.
»Ja«, antwortete ich, »aber laßt die Hände über der Tischplatte.« Lakes Begleiter lachte.
»Du bist mißtrauischer als ein Cop.«
»Du hast mir nicht einmal deinen Namen gesagt«, knurrte ich ihn an.
»Nenn mich Fred«, entgegnete er fröhlich. »Wir werden ohnedies zusammen arbeiten!«
Der magere Hammond Lakes stützte die Ellbogen auf die Tischplatte. »Fein, daß wir dich gefunden haben, Calligan«, sagte er.
»Freu dich nicht zu früh! Wenn du glaubst, du könntest für meinen Skalp von Arrago oder Kelly eine feiste Belohnung einheimsen, dann denke daran, daß ich dich vorher mit einer Kugel billig abspeisen werde.«
»Ich arbeite weder für Arrago noch für Kelly«, erklärte er heftig. »Ich habe meine eigene Gang aufgezogen!«
»Chicago gehört Burry, Arrago und Kelly, und da Burry tot ist, wird es in Zukunft Arrago und Kelly gehören. Jeden anderen zerquetschen sie, wenn er ihnen in die Quere kommt, zwischen den Fingern.«
»Ich sagte dir doch, Hammond ist der kommende Mann!« rief Fred dazwischen.
»Du hast dir den falschen Boß ausgesucht, Calligan«, sagte Lakes, »und du hast außerdem Krach mit ihnen angefangen. Du sitzt ganz schön in der Tinte, mein Freund. Die Cops wollen dich sprechen, aber Pash Mardo und Sid Corner sind noch verrückter darauf, dich endlich auf das Pflaster zu strecken. Sie haben Arragos und Kellys Organisationen hinter sich. Kein Mensch in Chicago wäre bereit, einen Finger für dich zu krümmen. Ich bin die einzige Ausnahme.«
»Willst du dir einen Orden verdienen?«
Seine dunklen Augen funkelten wütend auf.
»Laß den Quatsch!« knurrte er. »Ich helfe dir, weil ich James Breadcock
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