0279 - Der Herr der Unterwelt
komme.«
»Du scheinst völlig über geschnappt zu sein«, schnauzte ich sie an. »Mardo würde sich die Hände reiben, wenn du dort auftauchst. Glaubst du, er hätte nicht mindestens einen Mann zur Beobachtung dort postiert?«
»Ich muß hin«, beharrte sie. »Ich verliere meinen Job, wenn ich einfach wegbleibe, und ich muß den Job behalten. Von James Breadcock habe ich doch nichts mehr zu erwarten.«
»Schön, daß du es endlich einsiehst! Schreib die Chance ab und sag mir endlich, wo Breadcock sich aufhält.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nein, ich sag’s dir nicht.«
Plötzlich sagte sie: »Lad, geh zu Radson und sage ihm, er soll mich nicht aus dem Ranger Club werfen, wenn ich ein paar Tage lang nicht hinkommen kann.« Ich schob sie von mir weg.
»Das ist alles Blödsinn, Süße! Als die Cops dich fast acht Tage lang festhielten, konntest du dir auch keine Sorgen um deinen Job machen. — Wo ist Breadcock?«
Ihre Augen funkelten mich an. Sie schien nicht annähernd so betrunken zu sein, wie ich geglaubt hatte.
»Was hast du zu bieten, Calligan?« fragte sie höhnisch. »Dreitausend Belohnungsdollar? Zuwenig für mich! Mach ein anderes Angebot.«
Ich knirschte ein bißchen mit den Zähnen, aber es machte anscheinend wenig Eindruck auf sie.
Ich hatte genug von ihr. Ich zog den Schlüssel ab, der von innen im Schloß stak, und sagte: »Irgendwann wirst du weich werden. Ich kann warten. Jedenfalls werde ich dich nicht mehr aus den Augen lassen.«
Ich zog die Tür zu und schloß von außen ab. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn Kitty Welson Krach geschlagen und das ganze Haus zusammengeschrien hätte, aber sie verhielt sich still. Ich wartete ein paar Minuten vor der Tür. Als sie sich nicht rührte, ging ich hinunter in mein frisch gemietetes Apartment.
Ich legte mich auf die Couch, um nachzudenken, und ich hätte besser daran getan, darauf liegenzubleiben, aber meine Gedanken jagten sich im Kreise.
Der Gedanke an die Frau trieb mich schließlich von der Couch. Die Frau war nach ihrer Verhaftung mindestens eine, wenn nicht zwei Nächte im Ranger Club gewesen. Vielleicht hatte sich Breadcock dort zum erstenmal wieder mit ihr in Verbindung gesetzt. Vielleicht hatte er sie angerufen. Kurz und gut, vielleicht gab es in diesem Klub irgend jemand, der irgend etwas beobachtet hatte.
Ich zog die Jacke wieder an, ging hinunter, stieg in den Chevrolet und fuhr zum Ranger Club. Bei Licht besehen, war das keine sehr glänzende Idee, und es sollte sich bald herausstellen, daß es eine ausgesprochen miserable Idee war.
***
Selbstverständlich rechnete ich damit, daß Pash Mardo den Nachtklub im Auge behielt. Es sah so aus, als hätten Arrago und Kelly, bevor sie Chicago verließen, ihre Leibgardisten angewiesen, alle umzubringen, die ihnen gefährlich werden konnten: Breadcock, mich und am Ende auch Kitty Welson. Bei der Nachricht von Burrys Tod mußte der ganz große Schrecken die beiden Bosse gepackt haben. Sie sahen sich, und sicherlich nicht ohne Grund, als die nächsten Opfer Breadcocks, und der unheimliche Ruf, den das Monster in der Unterwelt genoß, genügte, um sie aus der Stadt zu scheuchen. Für mich stand fest, daß sie nicht früher zurückkommen würden, bis Mardo, Williams und Corner die Gefahr für ihre Chefs beseitigt hatten.
Ich parkte den Chevrolet in einer Seitenstraße, ein gutes Stück vom Klub entfernt, aber ich verzichtete darauf, einen Seiteneingang, den es bestimmt gab, zu benutzen.
Der Ranger Club hatte nur wenige Gäste, als ich kam. Für den großen Betrieb war es noch zu früh. Nur wenige Gäste saßen an den Tischen, und die Damen des Hauses langweilten sich an der Bar und verbesserten träge ihr Makeup.
Radson, der Inhaber des Unternehmens, stand vor der Tür, die zu seinem Büro führte, und sprach mit einem Kellner.
Ich steuerte ihn an. Er hob den Kopf, sah mich an, und es schien mir, als zucke er zusammen, aber vielleicht irrte ich auch, denn im nächsten Augenblick setzte er sein Berufslächeln auf.
»Hallo!« sagte er. Er war ein kleiner, fetter 'Mann, und seine Stimme klang so fettig wie ein Schmalzeimer.
»Du kennst mich?«
»Ich kenne alle meine Gäste«, versicherte er. »Sie waren schon einmal hier. Ich glaube, Sie suchten sich damals Kitty zur Gesellschaft aus. Schade, sie ist heute nicht hier.«
Ich ging noch ein wenig näher an ihn heran. Das gefiel ihm offensichtlich wenig, aber er bewahrte Haltung.
»Okay, Radson, wenn du alle deine Gäste kennst, dann
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