028 - Die Kapuzenmaenner
nicht?“
„Ich wußte nur, daß es seit Urzeiten in der Familie ist und als Waffe gegen das Böse angesehen wird.“
„Nimm es weg, Eric. Es saugt meine Stärke auf.“
Campion steckte es in die Tasche zurück. „Du hast mir immer noch nicht gesagt, was ich tun soll.“
„Für Einzelheiten ist es zu früh. Du wirst mich nach Widderburn begleiten und bei mir sein, falls ich dich brauche.“
„Und Kate?“
„Sie muß hierbleiben. Wir werden zuviel zu tun haben, um auf sie aufzupassen. Sie kann sich um Paul kümmern.“
„Was wird mit Valerie?“
„Belial hat den ganzen Abend damit zugebracht, zu versuchen, sie zu sich hinzuziehen. Wie hast du sie vom Gehen abgehalten?“
„Sie ist in der Dachkammer eingesperrt. Paul sagte, dort reiche Belials Macht nicht hin.“
„Sie wird vor Wut schäumen“, sagte Henri vergnügt. Plötzlich war er wieder der alte Henri Dillon, wie ihn Campion seit Jahren kannte. Außer der Kutte war jede Spur des Hexenmeisters verschwunden. „Ich hätte gute Lust, sie die Nacht dort verbringen zu lassen. Gib mir deinen Arm und hilf mir die Treppe hinauf. Ich werde einen Zauber um sie legen, der sie für eine Weile zu Hause hält.“
„Was will Belial mit Valerie?“
„Sie soll meine Bücher und mein Wissen für ihn stehlen.“
Campion bot Henri seinen Arm. Der alte Mann stützte sich schwer darauf.
Valerie saß auf dem Boden der Dachkammer unter dem kleinen Fenster, die Knie angezogen, die Arme darum herumgewinkelt. Ihre Augen funkelten wütend, als sie Campion sah. Die Kerze, die ihr Paul gegeben hatte, war zur Hälfte heruntergebrannt. Dutzende von Zigarettenkippen waren auf dem Boden rund um sie ausgedrückt. In den langen Stunden, in denen sie eingesperrt war, hatte sich ihr Ärger keineswegs verflüchtigt.
Ihre Augen bekamen einen Ausdruck der Vorsicht, als ihr Großvater vor ihr stand. Sie versuchte, auf die Füße zu kommen. Der alte Mann sagte etwas auf französisch zu ihr, und sie fiel bewußtlos auf den Boden. Henri seufzte. „Ich wäre dir dankbar, wenn du sie in ihr Zimmer tragen und ins Bett legen würdest.“ Er zeigte auf die Zigarettenreste. „Ich werde hier aufräumen.“
Campion bückte sich und hob sie hoch. „Brauchst du meine Hilfe nicht mehr?“
„Nein, danke, ich bin in Ordnung.“
Campion trug Valerie die Stufen hinunter. Kate öffnete die Tür. „Ich hörte dich und Henri nach oben kommen, aber ihr seid vorbeigegangen. Wie geht es ihr?“
„Sie ist verdammt wütend. Du kannst sie ausziehen und ins Bett bringen.“
„Was ist los mit ihr?“
„Henri hat sie in Schlaf versetzt.“ Campion legte sie sanft aufs Bett.
„Liebst du sie eigentlich immer noch?“ fragte Kate.
„Nein, Kate. Die Menschen ändern sich in fünf Jahren. Ich sorge mich um sie. Und es tut mir leid, sie so unglücklich zu sehen.“
„Wenn wir wüßten, warum sie so ist, könnten wir ihr vielleicht helfen.“
„Ich weiß es nicht. Wir können die ganze Dillon-Familie nicht verstehen. Sie haben ihre wahren Naturen so viele Generationen lang verborgen, daß es fast unmöglich ist, die Wahrheit aus ihnen herauszubekommen. Ich kann nur mit Henri mitspielen und sehen, was passiert.“
„Wie lange müssen wir noch hierbleiben?“
„Morgen, oder vielmehr heute ist St. Nimmerleinstag. Dann sollte sich alles aufgelöst haben. Es tut mir leid, daß ich dich mitgenommen habe, Kate.“
„Mir nicht. Ich hätte mich halb zu Tode geängstigt. Denk an unsere Regel, daß keiner einen Auftrag allein übernimmt.“
Campion drückte sie kurz an sich und verließ das Zimmer. In der Halle sah er Henri auf sich zukommen. „Kate kümmert sich um Valerie. Kann ich sonst noch etwas für dich tun?“
„Wir wollen jetzt besser schlafen und uns für heute nacht ausruhen.“
„Und du willst mir nichts Genaueres sagen?“
„Ich kann es nicht, weil ich es selbst nicht weiß.“
Henri schloß die Tür seines Zimmers, um aus dem Blickfeld des jungen Mannes zu kommen. Er taumelte zum Bett, fiel drauf und weinte bitterlich.
Campion erwachte kurz vor Mittag, weil ein schwacher Sonnenstrahl über sein Gesicht huschte. Zum erstenmal seit seiner Ankunft sah er die Sonne. Er stand auf und ging zum Fenster.
Da sah er Valerie, die verloren und verlassen an Charlemagnes Grab stand. Er hatte Mitleid mit ihr. Ihr natürlicher Charme hatte sie verlassen.
Sie war gespannt und nervös. Was sollte aus ihr und Paul werden, wenn Paul die Wahrheit gesagt hatte? Wenn Henri starb –
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