028 - Tod in der Gespenster-Villa
Untersuchen Sie Glendale und beobachten Sie sie
ein paar Tage! Seien Sie in dieser Zeit unser Gast. Unser Chefkoch wird Sie mit
internationalen Spezialitäten verwöhnen. Tauchen Sie scheinbar zufällig
hier auf. Sie haben eine Reise gemacht und sich an uns erinnert. Das wird auch
Glendale überzeugen, daß ich sie nicht bevormunde. Sagen Sie nicht nein und
nicht vielleicht, Doc. Sagen Sie ja . Wenn Glendale in einer Krise
steckt, muß etwas geschehen. Ich darf hoffen…? Wunderbar, Doc! Sie kommen noch
heute abend? Ich bin Ihnen von Herzen dankbar. Solange wird es mir gelingen,
Glendale mit einer Ausrede hinzuhalten. Sie ist von der fixen Idee besessen,
uns allen würde etwas Schreckliches passieren, wenn wir nicht umgehend das Haus
verlassen. Ich werde ihr das Gefühl geben, daß alles geschieht, wie sie es wünscht,
daß wir die Botschaft ernst nehmen, ja… Die Tragweite dessen, was sie da jedoch
von mir verlangt hat, scheint sie überhaupt nicht begriffen zu haben. Für sie
scheint es keine Probleme damit zu geben, Haus und Hotel zu schließen und
Gästen abzusagen… das alles sind in ihren Augen Kleinigkeiten. Ich bin froh,
daß Sie zu uns kommen und sich um Glendale kümmern… Auf Wiedersehen in diesem
Haus, Doktor Landing!«
Noch ehe die letzten Worte
verklungen waren, drückte Glendale of Shannon leise die Tür ins Schloß und
stand sekundenlang draußen davor, während ihr das Herz bis zum Hals schlug.
Ihr Vater hielt sie für
geistesgestört! Er glaubte nicht an den Traum, nicht an die Botschaft, die sie
überbringen mußte, die sie alle betraf, und die sie selbst nicht verstand. Sie
folgte einfach ihrem Gefühl und ahnte, daß es richtig war…
Sie begann zu rennen, ihr Zimmer
lag am anderen Ende des Korridors des Privattrakts, zu dem Hausgäste nur auf
ausdrückliche Einladung des Herrn der Shannon-Villa Zutritt erlangten.
Glendale schluckte und kämpfte mit
den Tränen. Einen Moment spielte sie mit dem Gedanken umzukehren und ihrem
Vater zu gestehen, daß sie alles gehört hatte. Aber sie erkannte auch sofort
die Folgen, die ihr daraus erwuchsen.
Aufgrund des Vorfalls und der Anforderung
von Dr. Landing würde er alles daransetzen, sie hier festzuhalten.
Und dem mußte sie zuvorkommen.
Sie würde das Haus verlassen.
Aber wenn etwas dran war an der
nächtlichen und doch so auffälligen Warnung, konnte sie es dann verantworten,
die anderen hier zurückzulassen? Sie war überfordert, dies in dieser Sekunde zu
entscheiden. Sie mußte von außerhalb ihren ganzen Einfluß geltend machen,
vielleicht geschah auch etwas, das die anderen rechtzeitig warnte.
Rechts an der Wand hingen die
Gemälde der Ahnen und düstere Landschaftsbilder dieser und der Gegend des
Shannon in Irland, woher die Vorfahren gekommen waren.
Links befanden sich die schmalen
hohen Fenster mit Blick zu Park und See.
Einige Hausgäste hatten bereits
das Frühstückszimmer verlassen und spazierten in der Morgensonne durch die
gepflegten Anlagen zum See hinunter. Viele fotografierten und bannten letzte
Eindrücke des großen Hauses auf Zelluloid.
Ferne Stimmen und leises,
fröhliches Lachen klang an ihr Ohr.
Glendale of Shannon hatte das Gefühl,
verfolgt zu werden.
Sie riß die Tür ihrer Wohnung auf.
Diese bestand aus einem großen
Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, einer kleinen Kochnische und einem luxuriös
ausgestatteten Bad. Sie hatte sich entschieden. Weg von hier!
So schnell wie möglich packen und
heimlich verschwinden. Sie zerrte den größten Lederkoffer vom Schrank und
begann in aller Hast mit ihren Vorbereitungen. Sie nahm nur das Nötigste mit.
Scheckbuch und Bargeld aus dem Wandtresor durfte sie nicht vergessen. Sie war
so sehr ins Packen vertieft, daß sie erst den Besucher bemerkte, als er schon
mitten im Zimmer stand.
»Es hat keinen Sinn, vor sich
selbst davonzulaufen, Glendale«, vernahm sie die traurige Stimme ihres Vaters.
Er war heimlich eingetreten und hatte sie bei den übereilten Reisevorbereitungen
überrascht.
»Was du vorhast, ist nicht gut,
Glendale…«
»Es ist gut! Ich rette unter
Umständen mein Leben!« erwiderte sie trotzig und knallte den Kofferdeckel zu.
»Du bist unvernünftig. Du tust so,
als gäbe es außer dem, was heute Nacht geschehen ist, keine Alternative… Wer
gibt dir die Gewißheit, daß wirklich alles so ist, wie du es auffaßt?«
»Ich habe die Gewißheit einfach,
Vater. Ich kann es dir nicht erklären… Ich… bin verzweifelt… du hast mit Dr.
Landing gesprochen. Ja,
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