0280 - Turm der weißen Vampire
Blut trinken würden, konnte aber nichts beweisen, sosehr man auch forschte. Schließlich schlossen sich die anderen Clans zusammen. In einer finsteren Nacht überfielen sie die Fairbanks’, fesselten sie und schafften sie auf diese damals noch kaum bewohnte Insel. Die alte Burg existierte bereits. Dort fanden die Fairbanks ihren Platz.«
»War es nicht ein Fehler von diesen Clanführern, so zu handeln?« erkundigte ich mich.
»Ja, natürlich, denn auch hier lebten Menschen. Aber die hatten Glück, denn Pater Robanus, eine Art Missionar, kam auf die Insel. Mit ihm zusammen andere Siedler, die schon bald unter dem Terror der Fairbanks’ litten. Natürlich entstanden Gerüchte, und der Pater ging diesen Gerüchten nach. Er traute sich allein auf das Schloß, und er vernichtete den alten Fairbanks. Wie er das schaffte, darüber hat er nie etwas gesagt. Es blieben nur Gerüchte, und er hat auch auf Fragen nie geantwortet.«
»Das stimmt«, bestätigte Father Ignatius. »Wenn er im Kloster St. Patrick war, ließ er sich nie aus.«
»Nun zu den Söhnen«, berichtete Ruth weiter. »Wir müssen davon ausgehen, daß sie zu Vampiren geworden waren, und der Pater stellte sich auch ihnen zum Kampf. In einer dunklen Nacht lockte er sie in den Leuchtturm. Die sieben Vampire sahen sich schon als Sieger, doch der fromme Mann hatte Vorbereitungen getroffen. Heimlich hatte er Licht in den Turm gelegt, und als die Vampire eintrafen, sahen sie sich nicht nur dem blendenden Licht gegenüber, sondern auch zahlreichen Kreuzen, die der Pater in den Nischen, die es damals noch gab, aufgestellt hatte. Damit bannte er die Vampire. Und dann trat etwas ein, womit er nicht gerechnet hatte. Die Vampire starben nicht. Sie waren wohl noch nicht zu völligen Blutsaugern mißraten. Aber die Kreuze bannten sie in den Nischen fest. Es muß unheimlich gewesen sein. Ihre Schreie sollten über die ganze Insel gehallt sein. Männer kamen an. Sie mauerten die Nischen zu, und als es soweit war, geschah etwas Grauenhaftes. Aus den Fugen der Steine sickerte Blut. Das Blut der Vampire, das sie noch in ihren Körpern trugen. Sie bluteten aus. Deshalb veränderten sie sich auch und waren aus diesem Grunde auch nicht normal, sondern eben weiß, weil nur die Haut noch zurückblieb. So habe ich die Geschichte in Erinnerung.« Jetzt leerte sie ihr Glas.
Wir sahen Ruth Thompson an, daß sie noch etwas sagen wollte, und nickten auffordernd.
»Pater Robanus hatte alles unter Kontrolle, wie man so schön sagt. Er wußte, daß sein Bann nicht ewig hielt, und er mußte ihn jedes Jahr erneuern.«
»Wie hat er das gemacht?« wollte Father Ignatius wissen.
Da hob sie die Schultern. »Er hat mit keinem von der Insel darüber gesprochen. Auch nicht mit meinem Vater, obwohl die beiden sich gut verstanden. Ich ahnte, daß mein Vater das Erbe des Paters übernehmen wollte. Er hat sich zuviel vorgenommen…« Sie senkte den Kopf und begann wieder zu weinen.
Wir schwiegen.
Ich schaute aus dem Fenster. Es war ein trüber Tag geworden.
Der Himmel hatte sich bezogen. Graue Wolkenbänke schoben sich aus nordwestlicher Richtung heran.
Father Ignatius unterbrach das Schweigen. »Wir müßten eben das Geheimnis von Pater Robanus finden.« Er nahm auch noch einen kleinen Schluck. »Was könnte dies sein?« sprach er mehr zu sich selbst. »Vielleicht ein Kreuz oder Knoblauch, ein Pfahl eventuell?«
Niemand gab ihm eine Antwort, denn wir wußten es selbst nicht.
»Wo hat er denn gelebt?« fragte Suko.
»Neben der Kirche.«
»Dann schauen wir dort nach. Vielleicht finden wir etwas in seiner Hinterlassenschaft.«
Damit waren wir alle einverstanden, standen auf und verließen die Gastwirtschaft.
Automatisch wandten sich unsere Blicke nach rechts, denn dort lag, für jeden sichtbar, die Burg.
Da hatten die Vampire gehaust, da würden sie nach ihrer Rückkehr wieder hausen.
Ich holte tief Luft. Bevor ich die Worte noch aussprechen konnte, redete Suko. »Die nehmen wir uns auch noch vor«, erklärte er.
»Wenn’s geht, bei Tageslicht, dann schlafen sie vielleicht.« Ich wandte mich an Ruth. »Waren Sie schon einmal in der Burg?«
»Ja und nein.« Sie räusperte sich. »Mein Vater und auch Pater Robanus wollten keinesfalls, daß jemand die Burg betrat. Ich bin trotzdem hingegangen, kam aber nicht in das Innere, denn irgend etwas hielt mich davon ab. Ich hatte Angst. Aus früherer Zeit besaß die Burg noch einen schlechten Ruf. In den Folterkammern müssen sich grauenhafte
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