0281 - Shimadas Mordaugen
den Rückmarsch hoffentlich ebenfalls aushalten.
Ich drehte mich, betrat die Leiter, hielt mich an den Rändern fest und kletterte nach unten. Dabei schwankte und knirschte die Treppe. Zwei Plattformen mußte ich überwinden, um das Fenster zu erreichen, durch das ich auch ausgestiegen war.
Ich warf einen Blick in den Raum und sah die Gestalt meines Freundes.
Suko stand aufrecht, aber hielt sich die linke Schulter und schien verletzt zu sein.
Rasch tauchte ich in das Zimmer. Suko grinste. »Hast du ihn erwischt?« fragte er.
»Ja. Und du?«
»Wir haben uns beide erwischt.« Suko schüttelte den Kopf. »War eine verflucht harte Sache. Wie hast du es geschafft?«
»Durch Strom!«
»Was?«
Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen, während Suko stehenblieb, die Hand von der Schulter nahm und sich seine Wunde betrachtete. Es war zum Glück nur ein fingerbreiter roter Streifen gewesen, mehr nicht. Er würde daran schon nicht sterben.
Dann berichtete er. »Wir haben fast die gesamte Bude zertrümmert.« Er schüttelte den Kopf. »So etwas habe ich auch noch nicht erlebt oder wenigstens sehr selten, ehrlich, John.«
»Und wie ist er umgekommen?«
»Komm mit!«
Ich stand auf und folgte meinem Freund, der das Zimmer verließ. Er wandte sich dem zweiten Raum zu. Es war ein Schlafzimmer. Dort herrschte in der Tat das Chaos. Nichts stand mehr auf seinem Platz.
Bücher waren von einem Regal gefallen, zerbrochene Töpfe, ein von Schwerthieben zerfetzter Holzschrank, zerrissene Kleidung, all das bekam ich zu sehen und noch mehr.
Der Ninja lag auf dem Rücken. In seiner Kehle steckte das schmale Schwert. Wahrscheinlich war die Spitze bis in den Boden gedrungen, hatte sich dort festgeklemmt, und der Waffengriff zitterte ein wenig nach.
»Du?« fragte ich Suko. »Oder er selbst?«
»Nein, ich. Es gelang mir, ihm die Waffe zu entreißen.«
Aus großen Augen schaute ich meinen Freund an. »Wie hast du das denn fertiggebracht?«
»Kann ich dir im nachhinein auch nicht sagen. Jedenfalls bin ich froh, daß es mich nicht erwischt hat.«
»Da sagst du etwas.« Während dieser Worte untersuchte ich die Leiche näher und fand die gleichen Anzeichen wie bei meinem Gegner auf dem Dach.
Sein völlig trockener Körper knisterte wie Blätterteig zusammen, als ich Druck ausübte.
»Was kann das sein?« fragte ich im Hochkommen.
»Ein Ninja.«
»Ist mir inzwischen auch klar geworden. Nur, was wissen wir eigentlich über Ninjas?«
Die Frage galt meinem Freund Suko, und er fühlte sich auch verpflichtet, eine Antwort zu geben. »Das alles genau zu erklären, würde zu lange dauern. Ich will hier nicht großartig auf die Traditionen eingehen. Nur soviel sei gesagt. Die Ninjas waren, wie auch die Samurais, nicht schlecht, sondern standen auf der Seite des Rechts, auch wenn es einige dunkle Schafe unter ihnen gab. Die schwarzen Ninjas, die sich im Gegensatz zu den normalen, nicht weiß, sondern schwarz kleideten. Die Ninjas tragen ihre Schwerter normalerweise auf dem Rücken. Jacken fallen darüber, Tücher bedecken die Gesichter, so daß nur die Augen freigelassen werden. So in Japan. Auf den Philippinen ist es anders. Da sind die Ninjas mit Pfeil und Bogen ausgerüstet, aber hier, John, haben wir es mit japanischen Ninjas zu tun.«
»Gibt's die eigentlich noch?« Suko wiegte den Kopf, bevor er die Antwort gab. »Man munkelt so etwas. Offiziell existieren sie nicht mehr. Sie sind ausgestorben, aber wie es in Japan so üblich ist, kann man die Traditionen nicht so leicht abschaffen. Das kenne ich auch aus meiner Heimat. Auch heute soll es noch Ninja-Kämpfer geben. Man muß auch Killer sagen, denn sie arbeiten manchmal als Privat-Mörder für Konzerne oder mächtige Familien. Normalerweise gehen sie guten Berufen nach. Sie sind Ärzte, Lehrer, fast alle Akademiker, denn sie müssen auch den Background des Ninja-Kampfes begreifen, der ja eigentlich friedlich ist.« Suko räusperte sich. »Reicht das, Herr Schüler?«
»Für den Anfang.«
»Eins steht fest«, fuhr Suko fort. »Wenn wir es mit Ninja-Kämpfern zu tun kriegen, können wir uns warm anziehen.«
»Und das bei der Hitze«, stöhnte ich.
»Wobei sich die Frage stellt, wie wir diesen Shimada unterbringen«, sagte Suko.
»Vielleicht ist er so eine Art Oberninja.«
»Möglich.«
Ich schielte auf Sukos Wunde. Er hatte sie inzwischen mit einem Taschentuch notdürftig verbunden. Auf dem hellen Stoff zeichneten sich dicke, rote Flecken ab. »Jetzt möchte ich mir nur noch den
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