0283 - Kampf um den Macht-Kristall
des Wagenrennens!« grollte seine Stimme. »Ich, Ajax, Sohn des Telamon und Fürst von Salamis. Denn die Regel besagt, daß der Sieger ist, der als erster mit dem Streitwagen ins Lager zurück gefahren kommt. Nun, ich war der einzigste, der fuhr. Wie Sklaven haben die anderen Männer die Pferde geführt!«
Professor Zamorra war wie vom Donner gerührt. Odysseus fiel Diomedes in den Arm, der einem Krieger das kurze Schwert aus der Scheide riß und sich mit einem Wutschrei auf Ajax stürzen wollte.
»Den besten Krieger macht nicht nur die Kraft und die Geschicklichkeit, sondern auch die List aus!« erklärte Ajax. »Selbst der Listenreiche«, er verbeugte sich höhnisch in Richtung des Odysseus, »hat den Trug nicht bemerkt!«
»Den nächsten Trug werde ich bemerken!« stieß der Fürst von Ithaka leise hervor. »Warte nur, Ajax. Dieser Triumph wird dir vergolten!«
»Nach den Regeln erkläre ich Ajax zum Sieger!« erklärte Agamemnon widerstrebend. »Nun kommt der Kampf der Fäuste und der Arme.«
»Wagt es jemand, gegen Ajax anzutreten!« grollte es aus der mächtigen Brust des Telamoniers. Den Schädel wie den eines Stieres leicht gesenkt, in den Augen ein wildes Flackern und den Körper noch von der überstandenen Tortur des Schleifens gezeichnet, wirkte der massige Körper des Ajax noch furchterregender, als er schon war.
»Mit den Fäusten wollte ich ihm schon beikommen!« zischte Professor Zamorra den Odysseus zu. »Doch im Ringkampf ist er für mich nicht zu schlagen.«
»Ich stehe diesem Bullen eher im geschmeidigen Kampf der Arme und Gelenke!« sagte Odysseus. »Ich bin rasch und flink während er selbst nicht zu den schnellsten Männern gehört. Im Ringen habe ich eine Chance gegen ihn, zu gewinnen!«
»Wir wollen sehen, wie die Götter die Lose werfen!« rief da Agamemnon. Schon schwenkte er seinen Helm, in die er den Namen Zamorras und des Odysseus auf zwei flache Steine eingeritzt hatte.
»Zeus. Verkündiger ewiger Wahrheiten!« betete der Heerführer der Griechen. »Sage uns, wem du den Kampf gegen Ajax mit den Fäusten gewährst.« Wie von einem Geschoß getrieben sauste einer der Steine aus dem Helm. Mehrere Krieger rannten herbei und besahen erstaunt die Schriftzeichen auf dem Stein. Kopfschüttelnd brachten sie das Relikt zu Agamemnon.
»Dich traf das Los, Sohn des Laertes!« rief er zu Odysseus hinüber, »gegen den gewaltigen Ajax mit den Fäusten anzugehen. Zamorra wird sich im Ringkampf mit ihm messen.«
»Mögen die Götter dem Besseren den Sieg schenken!«
Doch Professor Zamorra glaubte in diesem Augenblick nicht mehr daran, daß er der Bessere war…
***
»Weißt du, was heute für ein Tag ist, blonder Junge!« hörte Michael Ullich eine Stimme durch die Dunkelheit seines Kerkers. Eine Stimme, die er nur zu genau kannte.
Der Mann, dem sie gehörte, war auch sein Henker. Jeden Morgen um diese Zeit kam er in den Raum, in den man den ungefähr fünfundzwanzigjährigen Jungen mit schweren Ketten an der Wand festgeschmiedet hatte, um ihm bis ins kleinste Detail zu berichten, auf welche Art er den Tod finden würde.
Jeden Morgen, wenn Michael Ullich die Stimme wieder hörte, wurde es ihm mulmiger zumute. Denn jeder Tag brachte ihn dem unausweichlichen Ende näher. Heute war der Tag gekommen, wo er auf dem Altar irgendwelcher Blutgötzen sein Leben aushauchen sollte.
»Du hast meinem Weibe sehr viel Freude bereitet, Junge!« hechelte die Stimme aus der Dunkelheit. »Helena wird mit im Tempel heute nacht sein, wenn ich langsam die Klinge des Opferdolches in deine Brust senke. Hat sie in den vergangenen Tagen unter deiner Liebe gestöhnt, wird sie nun über deinen Tod weinen. Sei gewiß, ich werde dich das Ende so lange wie möglich auskosten lassen. Wimmernd wirst du mich anflehen, deinen Todeskampf abzukürzen!«
»Kürze lieber deine Worte ab, Prinz Paris!« gab Michael Ullich grob zurück. Er brauchte seine ganze Selbstbeherrschung, um so mutig aufzutreten, denn innerlich zitterte er bereits vor dem Moment, wo er diesem weibischen Prinzen wehrlos auf dem Altar ausgeliefert sein würde.
Paris, der die schöne Helena von Sparta geraubt hatte, war alles andere als ein richtiger Mann. Helena hatte sich damals vom weltmännischen Auftreten und der schönen Gestalt des Prinzen blenden lassen. Denn Menelaos, ihr Gatte, zog den übermäßigen Genuß des Weines dem Verlangen seines Weibes vor.
Erst durch Michael Ullich hatte die schöne Helena gespürt, was wirkliche Leidenschaft
Weitere Kostenlose Bücher