0283 - Xorrons Totenheer
gefährlich. »John, laß es!«
»Nein, Suko, reiß dich zusammen! Dieser Mann kann nichts dafür. Er hat Shao nicht umgebracht! Es waren andere.«
»John, geh aus dem Weg!«
Ich bekam es mit der Angst zu tun. Mein Partner war unberechenbar.
Stoßweise ging mein Atem. Im Kampf war mir Suko überlegen, das mußte ich ehrlich zugeben, aber ich hatte vielleicht die Überraschung auf meiner Seite.
»John, weg da! Oder ich mache dich…«
»Was machst du?« unterbrach ich ihn.
»Er hat sie getötet!« Das Gesicht meines Freundes verzog sich auf angsteinflößende Art und Weise.
Da schlug ich zu.
Mein rechter Arm fegte von unten nach oben. Die Faust traf das Kinn, das Suko mir vorgestreckt hielt und vor allen Dingen völlig deckungslos war.
Den Treffer spürte ich bis in mein Schultergelenk. Es war wie ein harter Stromstoß.
Sein Gesicht verzerrte sich. Er schaute mich an und gleichzeitig auch hindurch. Unglaube stand in seinem Blick, dann schüttelte er sich, aber er ging nicht k.o., sondern hielt sich noch auf den Beinen, auch wenn er sich festhalten mußte und jetzt Tränen aus seinen Augen liefen.
»Suko!« flüsterte ich.
»Verdammt, John, ich…« Mein Freund holte tief Atem. Irgendwie schien er wieder zu sich zu kommen. Es glich einem Erwachen aus einem tiefen Traum. Er hob den Arm und faßte dorthin, wo ihn mein Treffer erwischt hatte.
Ich nickte. »Tut mir leid«, sagte ich gleichzeitig, »aber ich wußte nur keinen Rat.«
»Schon gut. Ich war wohl weggetreten.« Er wischte über seine Wangen und schaute Abe Griffith an, der noch neben uns stand und nichts mehr begriff.
Die Zuschauer interessierten mich nicht. Sollten sie ruhig Zeugen sein, hier ging es um mehr, um viel mehr.
Suko wechselte plötzlich das Thema. »Sie ist tot, nicht wahr, John?«
Ich schwieg.
»John, sag was!« Drei gequälte Worte drangen aus seinem Mund.
Fürchterliches mußte in Suko vorgehen, aber was sollte ich ihm antworten? In meinem Gehirn befand sich eine Sperre. Jedes Wort wäre in diesem Fall vielleicht zuviel gewesen.
»Er war es, oder?« Suko deutete bei dieser Frage auf den Fahrer Abe Griffith.
»Ja und nein«, erwiderte ich.
»Wieso?«
»Er hat Shao zwar überfahren, aber dafür konnte er nichts. Da gab es eine Kraft, die ihn gelenkt hat.«
»Dämonen?«
»Genau.«
Suko drehte sich. Er stoppte, damit er Abe Griffith anschauen konnte, und dieser erschrak heftig. »Wie ist es passiert?« fuhr Suko den Mann an »Los, rede!«
»Wirklich, Sir, ich konnte nichts dagegen machen. Ich habe die Frau gesehen, wollte das Steuerrad herumreißen, als mich etwas daran hinderte. Es blieb in der Richtung…«
Suko winkte ab. »Schon gut«, flüsterte er. »Entschuldigen Sie, aber es war meine Partnerin, die Sie da überfahren haben. Deshalb die heftige Reaktion.« Der Chinese hob die Schultern. Ich sah, daß es in seinem Gesicht zuckte. So völlig hatte er sich mit den Tatsachen noch nicht abgefunden, das lag auf der Hand.
Er traute sich kaum, auf Shao zuzugehen. Erst ich drängte ihn dazu, und gemeinsam knieten wir neben der Toten.
Diesmal untersuchte ich sie mit. Und ich war objektiver als Suko. Vor uns lag eine Tote. Aus ihrem Mund drang kein Atemzug, wir spürten auch keinen Herzschlag, aber Shaos Körper wies auch keinerlei Verletzungen auf. Ich suchte nach Schürfwunden, während Suko mehr ihr Gesicht streichelte und mit sachten Fingern die Haarsträhnen zurücklegte. Für die Realitäten hatte er keinen Blick und auch keinen Sinn.
Ich dafür um so mehr. Mir fiel nicht nur auf, daß Shaos Körper frei jeglicher Verletzungen war, sondern auch noch etwas anderes. Das Vorderrad des Lastwagens hatte sie überhaupt nicht berührt.
Und doch lag sie hier!
Das mußte etwas zu bedeuten haben. Ich wurde mit einemmal sehr mißtrauisch, schaute noch genauer hin und drückte sogar meinen Freund Suko zur Seite.
»Was ist denn?« beschwerte er sich.
»Nichts.« Ich antwortete bewußt unwahr, denn ich wollte Suko nicht aufregen. Eins allerdings stand jetzt bereits fest. Mit einem Leichenwagen und eingepackt in einen Sarg aus Zink oder Kunststoff wollte ich Shao nicht abtransportieren lassen. Es wurden zwar keine Toten mit einem Rettungswagen befördert, doch in diesem Fall sollte und mußte eine Ausnahme gemacht werden.
Dafür wollte ich Sorge tragen.
Meinen Freund Suko ließ ich allein und wandte mich an die zuständigen Beamten, die sich weiterhin in der Nähe aufhielten. »Lassen Sie einen Rettungswagen
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