0284 - Gehirn-Gespenster
wiederum für Wirbel und Aufsehen sorgte. Daran hatte er sich fast schon gewöhnt. Professor Zamorra, die Attraktion des IMPERIAL CROWN, dachte er ironisch. Im nächsten Moment geschah, was kommen mußte: Der Fensterakrobat konnte sich nicht mehr halten, mußte das Geländer loslassen und stürzte herab.
Aber die wenigen Sekunden Verzögerung hatten Zamorra gereicht. Er fing den Sturz des Mannes ab, indem er ihn mit federnden Knien abbremste und kraftvoll zur Seite schleuderte. Der Mann überschlug sich mehrmals auf dem Kiesboden vor der Hotelfassade und blieb stöhnend liegen. Zamorra, der in die Knie gebrochen war, bewegte sich zu ihm. Da sah er, daß er diesen Blake vor sich hatte, der ihm das Amulett geklaut hatte.
Aber Blake trug es nicht bei sich!
Zamorra sah nach oben und versuchte, sich zu erinnern, von welchem Balkon Blake ursprünglich abgestürzt war. Aber das war unmöglich. Niemand zeigte sich irgendwo, und Licht brannte in vielen Zimmern. Inzwischen tauchten auch Nicole und eine Menge Neugierige auf. Plötzlich war der Araber da. »Abgestürzt?« fragte er trocken.
Zamorra nickte.
»Das verstehe ich nicht. Er müßte tot sein. Aus der Höhe hätte selbst Herkules ihn nicht auffangen können. Aber hier geschehen ohnehin sehr viele unverständliche Dinge.« Er machte eine herrische Geste. Ein paar Hotelangestellte, die in seinem Kielwasser gefolgt waren, begannen mit höflicher Bestimmtheit, die Schaulustigen zu zerstreuen. Der Araber zog ein kleines Sprechgerät aus der Tasche. »Ambulanz zum Eingang C, Hauptgebäude«, verlangte er.
»Nicht… nötig«, ächzte Roger Blake und richtete sich mit Zamorras Hilfe langsam auf. »Ich bin nicht… verletzt…«
»Das wird ein Arzt feststellen, Sir«, erklärte Mehek Ebrahim. »Sie hätten liegenbleiben sollen. Mit solchen Stürzen ist nicht zu spaßen, Mister Blake.«
»Sie kennen mich?«
»Ihr Name wurde erwähnt, und ich habe ein gutes Personengedächtnis«, sagte der Araber höflich.
Zamorra sah Blake durchdringend an. »Haben Sie mir nichts zu sagen, Blake?« stieß er hervor.
»Was?«
»Das Amulett«, sagte Zamorra. »Wo haben Sie es gelassen?«
Blake schüttelte leicht den Kopf. »Lassen Sie mich in Ruhe. Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Von der Silberscheibe, die Sie mir vorhin drüben am Tisch entwendet haben«, erklärte Zamorra. »Wo haben Sie sie versteckt? Warum haben Sie sie gestohlen?«
Blake sah ihn zornig an. »Ich sagte, Sie sollen mich in Ruhe lassen!«
Zamorra wandte sich um und sah Ebrahim an. Er hatte weder Zeit noch Lust, sich mit diesem seltsamen Mann in der Kürze der ihm zu Verfügung stehenden Zeit zu befassen. Der ließ sich anders weichkochen. »Mister Ebrahim, dieser Mann hat mich bestohlen. Er entwendete mir einen kostbaren Gegenstand und floh damit in sein Zimmer, bevor er dort vom Balkon stürzte.« Zamorra beschrieb das Amulett. Der Araber lächelte und hob die Brauen. Er erinnerte sich an Merlins Stern.
»Die Blakes scheinen eine seltsame Familie zu sein, die anderen nur Ärger bereitet«, sagte er. »Mister Blake, wie stehen Sie zu der Angelegenheit?«
»Ich weiß von nichts und will nur meine Ruhe«, zürnte der Schriftsteller. Er sah einen Arzt und zwei Pfleger heranstürmen, von der Hotelverwaltung alarmiert und in Rekordzeit auf dem Plan erschienen, und streckte abwehrend die Hände aus. »Pfeifen Sie die Weißkittel zurück! Ich bin in Ordnung, verdammt!«
Ebrahim zeigte Blake seine Ausweismarke. »Wenn Sie also gesund und unverletzt sind, sehe ich mich genötigt, Sie zunächst festzunehmen. Wir werden der Anschuldigung dieses Herrn nachgehen und Ihr Zimmer einer Untersuchung unterziehen.«
»Sie sind ja verrückt!« tobte Blake los. Er wollte einen Sprung zur Seite machen, stolperte aber über Nicoles blitzschnell vorgeschobenes Bein. Noch ehe er stürzen konnte, hatte Nicole ihn festgehalten, wirbelte ihn am verdrehten Arm herum und schob ihn dem Araber förmlich in die Arme. »Da haben Sie Ihr Paket«, sagte sie. »Aber wir sollten doch wirklich nicht so ein Aufsehen machen, Mister Blake. Besser wäre es, wir könnten das alles unter uns regeln.«
Ebrahim machte kurzen Prozeß mit Blake und schob ihn vor sich her durch den gläsernen Eingang. Blake protestierte lautstark weiter. »Sie haben sich heute schon an meiner Schwester vergriffen«, zeterte er. »Ich werde mich bei der Hotelleitung über Sie beschweren, Sie Kaffer! Ich werde Anklage wegen Körperverletzung, Belästigung, Amtsanmaßung
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