0285 - Die dritte Waffe
fühlte, daß der Whisky eine wohlige Wärme in seinem Magen verbreitete, die sich rasch auf den übrigen Körper ausdehnte. Natürlich hatte er zu schnell getrunken, und er war durch die Abstinenz der vergangenen Tage schon fast entwöhnt.
Willy fiel ihm ein. Ob das Quallenwesen sich noch in der Wohnung aufhielt oder bereits zur Solar Hall unterwegs war? Mit unsicheren Beinen erhob sich Aboyer und wankte auf die Tür des Arbeitszimmers zu. Unwillkürlich fiel sein Blick auf die Uhr. Es war halb neun.
Als Aboyer sein Arbeitszimmer verlassen wollte, um in den anderen Räumen nach Willy zu suchen, ertönte der Summer des Visiphons. Hastig schob Aboyer die Flasche aus dem Sichtbereich des Bildfunkgerätes, bevor er einschaltete. Mit beiden Händen rieb er sich über das Gesicht. Seine Augenlider kamen ihm ungemein schwer vor. Er zog einen Sessel zu sich heran. Als der Bildschirm hell wurde, hatte er bereits Platz genommen.
Es war Sintra. Sie sah übernächtigt aus, aber ihr Anblick weckte in Aboyer wehmütige Gedanken. Der Einfluß des Alkohols tat ein übriges, um seinen alten Groll wieder aufleben zu lassen.
„Sintra!" knurrte er. „Wollen Sie mir beim Frühstück zusehen?"
„Al", rief sie bestürzt hervor. „Al, Sie sind ja betrunken!"
„Haben Sie eine Nachricht für mich?" erkundigte er sich und gab sich Mühe, seine Stimme unter Kontrolle zu bringen. Er wünschte, sie hätte Verachtung für ihn gezeigt, aber er spürte sehr deutlich, daß sie nur Mitleid für ihn hatte. Er mußte sich mit beiden Händen an den Lehnen des Sessels festklammern damit er nicht die Beherrschung verlor.
„Hat es überhaupt noch einen Sinn, Al?" fragte sie. „In einer halben Stunde beginnt die Konferenz. Was wollen Sie jetzt noch unternehmen?"
„Ich kann schneller trinken", sagte Aboyer wütend. „Dann merke ich nichts, wenn die Stadt in die Luft fliegt."
„Die Positronik erwähnte in ihrer Auswertung die zehn Fernsehsatelliten", berichtete die Mathelogikerin. „Ich habe vergeblich darüber nachgedacht, was die Stationen mit der Konferenz zu tun haben könnten."
Aboyer sprang so plötzlich auf, daß die Sektionschefin zurückfuhr, obwohl sie 384.000 Kilometer von dem Agenten entfernt war.
„Was wollen Sie tun, Al?"
Der strich sich durch die Haare grinste sie an und schaltete das Gerät aus. Dann stürmte er ins Badezimmer hinüber und hielt seinen Kopf eine Minute unter den Strahl des eiskalten Wassers.
„Willy!" brüllte er.
Ein Tentakel tastete sich behutsam aus dem Flaschenzimmer in den Korridor.
„Al!" kam Matten-Willys klägliche Stimme. „Wie geht es Ihnen, Al?
Ich müßte eigentlich längst zur Solar Hall unterwegs sein, doch ich befürchtete, Sie könnten krank werden und meine Hilfe benötigen."
„Die benötige ich dringend", erklärte Aboyer. „Gehen Sie hinaus und beschaffen Sie uns einen Gleiter. Ich werde das Steuer übernehmen, wenn ich hinauskomme."
„Aber, Al ... „, begann Willy.
„Keine Fragen!" unterbrach ihn Aboyer. „Ich muß noch einige Gespräche führen, bevor ich hinauskomme."
Willy schien zu fühlen, daß er sich beeilen mußte und hastete aus dem Haus. Aboyer kehrte ins Arbeitszimmer zurück und stellte eine Verbindung zu den Studios von Terra-Television her. Ein freundliches Mädchengesicht erschien und lächelte ihm zu.
„Während der Dauer der Konferenz können wir keine Anrufe entgegennehmen", informierte sie Aboyer.
Aboyer hieb mit der Faust auf den Tisch, daß es krachte. „Mein liebes Kind!" schrie er. „Ich spreche im Auftrag von Allan D.
Mercant vom HQ der Solaren Abwehr aus. Ich empfehle Ihnen dringend, mir die Reparaturabteilung zu geben." Er hoffte, daß seine Lügen ihre Wirkung nicht verfehlten.
Das Bild des Mädchens verblaßte. An ihrer Stelle erschien das Gesicht eines älteren Mannes, der Aboyer gelangweilt ansah.
„Überprüfen Sie ständig alle zehn TV-Satelliten?" erkundigte sich Aboyer.
„Was glauben Sie, wozu wir da sind?" spottete der Techniker.
„Ist in den letzten Stunden irgend etwas passiert?" fuhr Aboyer hartnäckig fort.
„Natürlich nicht", kam die Antwort. „Was wollen Sie überhaupt von uns? Ihr Burschen von der Abwehr verleidet uns noch den Spaß an der Arbeit."
„Gibt es irgendwelche Meldungen die von den Satelliten kommen und nicht von Ihnen kontrolliert werden?" Aboyer fühlte seine Hoffnungen dahinschwinden.
„Sämtliche Routineberichte werden gespeichert", gab ihm der TV-Fachmann Auskunft. „Doch es dürfte Sie
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