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029 - Die neue Macht

029 - Die neue Macht

Titel: 029 - Die neue Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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ohne das Namensschild unter dem Lautsprecher hätte Hymes den Sprecher sofort erkannt.
    »General Crow«, sagte er zu seinem Stabschef. »Sie haben das Wort.«
    Crow war zwar kein Senator, aber bei Sitzungen, in denen es um die innere und äußere Sicherheit des Bunkers ging, durfte er teilnehmen, auch wenn er kein Stimmrecht besaß.
    »Danke, Sir«, antwortete Crow. »Ich habe eine Frage an Senator Bale. Erklären Sie mir, warum die Überprüfung von Matthew Drax immer noch aussteht.« Aus Bales Lautsprecher drang ein lautes Pfeifen. Hymes war sich nicht sicher, ob es sich um eine Rückkopplung oder um die Reaktion des Senators handelte.
    »Senator Bale?«, fragte er vorsichtshalber nach.
    »War das Ihre Antwort?« Einige lachten.
    »Natürlich nicht«, sagte Bale nach kurzer Pause.
    »Ich habe bereits mit den Sicherheitstechnikern gesprochen. Der Metabolismus des Fremden entspricht nicht dem normaler Menschen, was ich selbstverständlich vollkommen wertfrei meine. Die Anpassung der Scanner ist kompliziert. Ich bin jedoch sicher, dass die Probleme in den nächsten Stunden zu unserer vollsten Zufriedenheit gelöst werden.«
    »Ich will Ihnen nicht in den Drink schiffen, Senator«, gab Crow zurück. Im Gegensatz zu Hymes, der seine direkte Art erfrischend fand, fürchteten sich die meisten Senatoren vor der handfesten Ausdrucksweise des Generals, »aber wenn Ihre Leute rechtzeitig den Arsch hochgekriegt hätten, läge jetzt nicht ein Mann auf der Krankenstation und eine Frau in der Organverwertung. Wir hätten Drax von Anfang an unter Arrest stellen müssen, so wie ich es vorgeschlagen habe. Aber nein, Sie und die liberalen Weicheier, die Sie um sich scharen, wissen ja alles besser. Sie, Sir, tragen persönlich die Verantwortung für diese Eskalation!«
    »Richtig so.«
    »Ganz genau.«
    »Gib's ihnen, Arthur.«
    Hymes bemerkte ohne große Überraschung, dass die Zustimmung für Crows Bemerkungen nicht nur aus dem rechten, sondern auch aus dem linken Block kam.
    Die traditionell liberalen Senatoren auf der linken Seite, die sich für Forschung und Wissensaustausch einsetzten, hatten von jeher einen schweren Stand in der Bunkergesellschaft. Vielen hielten ihre Forderungen nach mehr Offenheit für zu gewagt und befürchteten Sicherheitsrisiken.
    In den letzten Jahren hatte die Bewegung jedoch wie eine Modeerscheinung um sich gegriffen, bis fast die Hälfte der Senatoren sich der Offenheit verschrieben. Aber mit dem Mord an Anna Peabody begann das Pendel zurück zu schwingen. Jetzt trennten sich die Mitläufer von den wirklichen Anhängern.
    »Es passt ins Bild, dass dieser Drax behauptet, aus dem 21. Jahrhundert zu kommen«, meldete sich Senator Gerner zurück. »Die Menschen damals waren doch nicht mehr als ein Haufen gefährlicher Irrer! Denken Sie doch nur an die Klon-Experimente. Mehr muss ich wohl nicht sagen. Dieser Barbar gehört erträ…«
    Hymes machte seine Drohung wahr und schaltete Gerners Lautsprecher ab.
    »Ich wiederhole ein letztes Mal meine Bitte um konstruktive Vorschläge«, betonte er. »Wenn Sie sich dazu nicht in der Lage sehen, muss ich die Sitzung vertagen.«
    »Sir«, knarrte General Crows Stimme durch den ruhiger werdenden Saal.
    »Matthew Drax behauptet, den Rang eines Commanders der US Air Force zu tragen. Da das Washingtoner Marines Corps, das mir untersteht, die Nachfolge der amerikanischen Streitkräfte angetreten hat, bin ich somit Commander Drax oberster Vorgesetzter. Aus diesem Grund verlange ich, dass sein Fall als interne Angelegenheit betrachtet und vor einem Militärgericht verhandelt wird.«
    »Ich glaube nicht…«, setzte Bale an, aber Crow ließ ihn nicht ausreden.
    »Senator Bale«, fuhr der General fort, »wird natürlich wieder irgendeinen Mist darüber erzählen, dass Drax der Botschafter einer fremden Nation ist. Auch darauf lasse ich mich ein, aber dann gilt sein Mord als Kriegserklärung und ich werde persönlich nach Europa reisen, um diesen zurückgebliebenen Euro-Bastarden den Arsch aufzureißen!«
    Der Jubel der konservativen Senatoren war so groß, dass der halbherzige Widerspruch einiger Liberale darin unterging.
    Du raffinierter alter Kriegstreiber, dachte Hymes mit einer gewissen Anerkennung. Ihm war klar, dass Crow seine Gegner schachmatt gesetzt hatte. Jetzt konnten sie nur noch zwischen zwei Alternativen wählen. Entweder sie unterstellten Drax dem Kommando des Generals oder sie stimmten für einen Krieg gegen Europa, den eigentlich niemand wollte.
    Hymes

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