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029 - Die neue Macht

029 - Die neue Macht

Titel: 029 - Die neue Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Er musste dem Impuls einfach nachgeben.
    Es war ruhig im Zellentrakt. Durch die Gitterstäbe der anderen Zellen sah Malcolm eine einsame Gestalt in der mittleren Zelle. Davor stand ein Wärter, der ein Gewehr in der Hand hielt.
    »Dr. Malcolm Calhoun«, stellte sich der Arzt vor.
    »Das Präsidentenbüro schickt mich, um den Gefangenen zu untersuchen.«
    Der. Wärter nickte. »Man hat mich informiert. Machen Sie mit ihm, was Sie wollen, aber verlangen Sie nicht von mir, dass ich die Zellentür aufschließe.«
    »Das wird auch nicht nötig sein«, sagte Malcolm und drehte sich um. Er zögerte den Moment des Triumphs so lange wie möglich hinaus, betrachtete zuerst die Schaumstofffetzen am Boden der Zelle, bevor er den Blick auf den Gefangenen richtete.
    Explosionsartig brach das Kichern aus ihm hervor, aber er versteckte es unter einem vorgetäuschten Niesen.
    »Gesundheit«, sagte Matthew Drax. Er saß auf einer notdürftig bezogenen Pritsche, erschöpft, unrasiert und mit einem Flackern in den Augen, das Malcolm bis vor kurzem jeden Morgen im Spiegel gesehen hatte. Er hatte Angst vor sich selbst.
    Du wirst für meinen Mord bezahlen, dachte Malcolm und wagte aus Furcht vor einem neuen Kichern kaum zu atmen, aber das weißt du ja nicht.
    Drax zeigte mit dem Kopf auf Malcolm, und der hatte für einen Moment den irrationalen Glauben, erkannt worden zu sein. Stattdessen sagte der Gefangene nur: »Siehst du ihn auch?«
    »Ja«, antwortete der Wärter. »Ich sehe ihn.«
    »Gut.«
    Erst jetzt stand Drax auf und wandte sich an Malcolm. »Tut mir Leid, aber in den letzten Stunden habe ich gelernt, nicht allem zu vertrauen, was ich sehe.« Er schlug einen Bogen um etwas, das wohl nur er sehen konnte, und trat an die Gitterstäbe. »Sie würden nicht glauben, womit ich mir gerade die Zelle teile«, fuhr er mit einem Blick auf den Boden fort.
    Seine Stimme klang resigniert, aber Malcolm hörte zwischen den Worten eine Stärke heraus, die ihn irritierte.
    »Man hat mich geschickt, um Sie auf Ihre Zurechnungsfähigkeit zu untersuchen«, sagte er.
    Drax lächelte bitter. »Ich hätte nicht gedacht, dass man die noch untersuchen muss.«
    »Wir sind sehr gründlich, wenn es um solche Dinge geht.«
    Malcolm stellte die Tasche ab und nahm den Hirnwellenscanner heraus. Zum Glück verfügte die Krankenstation über insgesamt drei dieser Geräte, sodass er seine modifizierte Version ungestört im Büro lagern konnte.
    »Was ist das?«, fragte Drax mit deutlichem Misstrauen.
    »Nur ein Gerät, das Ihre Gehirnwellen aufzeichnet. Wenn es dort Anomalien gibt, können wir sie finden und Ihnen vielleicht sogar helfen.« Er reichte dem Gefangenen die Elektroden durch das Gitter.
    »Befestigen Sie die an Ihren Schläfen. Der Vorgang ist vollkommen schmerzlos.«
    Drax drehte die weißen Scheiben unschlüssig zwischen den Fingern. Plötzlich hatte Malcolm das Gefühl, es sei vielleicht keine so gute Idee gewesen, selbst hierher zu kommen. Was, wenn der Scanner nicht fehlerfrei gearbeitet hatte und sich Drax doch noch an einen Teil des Verbrechens erinnerte?
    Malcolm brach der Schweiß aus. Die Luft erschien ihm stickig und schwer.
    »Gehts Ihnen nicht gut?«, fragte der Wärter, dem die Veränderung aufgefallen war.
    »Nur schlecht geschlafen«, wiegelte Malcolm ab. Er sah zurück zu Drax und hätte vor Erleichterung beinahe geschrien, als der die Elektroden umständlich mit seinen gefesselten Händen befestigte. Seine Sorge war umsonst gewesen. Anscheinend war Drax' Hoffnung auf Hilfe größer als sein Misstrauen vor der fremden Technik.
    Trotzdem wartete Malcolm ungeduldig auf das Ende des Scans. Der grüne Balken an der Seite des Geräts bewegte sich quälend langsam von links nach rechts. Die wellenartige Darstellung der Hirnströme war auf einem kleinen Fenster zu erkennen. Mehrmals sah der Arzt auf, weil er glaubte, Drax mustere ihn, aber dessen Blicke wanderten scheinbar ziellos durch den Raum.
    Endlich hatte der Balken sein Ziel erreicht. Malcolm ließ sich die Elektroden zurückgeben und legte den Scanner in die Tasche.
    »Ich dachte, Sie würden das Ergebnis direkt hier sehen«, sagte Drax.
    »Nein«, log Malcolm. »Das Gerät zeichnet nur auf. Die Analyse muss ich in der Krankenstation durchführen. Ich melde mich dann bei Ihnen.«
    Der Gefangene nickte, aber die Enttäuschung war ihm deutlich anzumerken. Er trat von den Gitterstäben zurück und setzte sich auf seine Pritsche.
    Malcolm wandte sich ab und verließ mit erzwungener Ruhe

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