029 - Hexenjäger aus dem Gestern
liebte das monotone Rauschen des Windes. Es würde sie sanft in den Schlaf geleiten.
Als Selma – vom Fenster abgewandt – im Bett lag und die Decke bis ans Kinn gezogen hatte, glitt die erste schattenlose Gestalt zum offenen Fenster herein.
Das Mädchen merkte nichts davon.
Eine zweite schlanke dunkle Gestalt folgte. Die Vampire bewegten sich so lautlos, daß Selma nichts hören konnte.
Selma atmete tief und regelmäßig. Es dauerte nicht lange, da dämmerte sie allmählich hinüber, während sich die Vampire ihrem Bett näherten. Unheimlich waren die geschmeidigen Gestalten anzusehen.
Das Mädchen hatte nicht die geringste Chance. Auch ihr Vater konnte ihr nicht helfen. Zum einen wußte er nicht, in welcher Gefahr sich seine Tochter befand, außerdem hätten ihn die Blutsauger grausam getötet, wenn er versucht hätte, sie daran zu hindern, das Mädchen mitzunehmen.
Das junge Glück, eben erst aufgeblüht, würde wie dünnes Glas zerbrechen. Gordon würde Selma nicht wiedersehen. Nie mehr, denn das Mädchen war dem Tod geweiht.
Pacar, der Vampir, lechzte nach ihrem Blut!
Mit kalten Händen griffen die Untoten gleichzeitig zu. Selma riß entsetzt die Augen auf und erblickte bleiche schmale Gesichter über sich. Sie sah blutleere Lippen und spitze Vampirzähne, und sie wollte gellend um Hilfe schreien, doch das ließen die Blutsauger nicht zu.
Eine Hand lag hart auf Selmas Mund und verhinderte den Schrei.
Und als sich eine andere Hand auf Selmas Kehle legte, verlor das Mädchen die Besinnung. Sie wußte nicht, was weiter mit ihr geschah.
Die Vampire verschleppten sie aus ihrem Elternhaus. Vater und Mutter würden sie lange, aber vergebens suchen. Selma würde nie wieder zum Vorschein kommen.
Die Blutsauger trugen das Mädchen zum Fenster, schoben den schlaffen Körper hinaus. Draußen griffen andere Vampire zu. Selma ging von Hand zu Hand. Auch Pacar faßte mit an, und er konnte seine Gier nach dem Blut dieses Mädchen kaum unterdrücken.
Aber er wollte dem unschuldigen Mädchen nicht schon hier seine langen, dolchartigen Zähne in den Hals schlagen, sondern erst dort, wo er zu Hause war. Im tiefen, finsteren Wald, in der Vampirhöhle.
Auf sein Zeichen entfernten sie sich von dem Haus, aus dem sie Selma geholt hatten. Seinen sechs Vampir-Dienern war die Gier nach Selmas Blut deutlich ins bleiche Gesicht geschrieben, aber sie hätten es niemals gewagt, dem Obervampir diese Beute streitig zu machen.
Pacar war der älteste und der stärkste Vampir, deshalb hatte er alle Vorrechte, und er bestrafte denjenigen mit unbeschreiblicher Grausamkeit, der ihm diese Vorrechte streitig zu machen versuchte.
Man sah Pacar sein Alter nicht an. Er sah aus wie dreißig, wirkte kräftig und hatte stählerne Muskeln. Da er die Zeiten unversehrt überdauert hatte, obwohl immer wieder Männer versucht hatten, ihn zu vernichten, hielt er sich schon beinahe für unverwundbar.
Aber er hatte – wie alle Vampire – seine Grenzen.
Er mußte sich vor den tödlichen Strahlen der Sonne schützen und wäre in fließendem Wasser umgekommen. Und es gab noch einige Dinge mehr, die er nicht vertragen konnte.
Doch bis jetzt waren alle Vampirjäger, die versucht hatten, Pacar zu vernichten, selbst auf der Strecke geblieben. Und das bestärkte ihn in seiner Einbildung, daß ihm kein Mensch gewachsen war.
Seit undenklichen Zeiten hauste er mit seinen Dienern in der Waldhöhle. Neuerdings gefiel ihm das nicht mehr. Er entwickelte Machtgelüste, wollte den Wald verlassen und über das Volk herrschen.
Er hatte auch schon einen Plan, wie er dieses Ziel erreichen konnte, und er war davon überzeugt, daß der Name Pacar bald in aller Munde sein würde. Voller Ehrfurcht, Angst und Grauen würden ihn die Menschen aussprechen.
Der Tag – oder besser: die Nacht, in der Pacar die Macht an sich reißen würde, war nicht mehr allzu fern. Dennoch war das Zukunft, und Pacar wollte sich auf die Gegenwart konzentrieren, denn ihr Name war Selma!
Die sieben Vampire erreichten die Höhle. Sie tauchten ein in die schwarze Öffnung und lösten sich förmlich in der Dunkelheit auf.
Da sie Schattenwesen waren, Gestalten der Nacht, fanden sie sich auch ohne Licht zurecht.
Der Schlund der Vampirhöhle verbreiterte sich.
Pacar blieb stehen. »Macht Feuer!« befahl er seinen Vampir-Dienern.
Sie legten Selma auf einen großen kalten Stein. Ihre Arme hingen links und rechts herab. Pacar leckte sich die dünnen Lippen. Das Blut dieses jungen schönen
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