0290 - Verhext, verflucht, getötet
glaube, er ist inzwischen gestorben. Zumindest hat in den letzten Stunden niemand mehr eine gegenteilige Meldung überbracht.«
»Und was ist mit dir?«
»Ein paar Prellungen, Blutergüsse und Schrammen. Verdacht auf Gehirnerschütterung. Die«, fügte er erheblich leiser hinzu, »hatte ich auch. Aber Magie macht vieles möglich… Ich habe sie jetzt nicht mehr. Der Kristall hat da so einiges repariert.«
»Ich bin sicher, daß Eysenbeiß von deinem Überleben weiß«, warnte Zamorra. »Er wird weiter Jagd auf dich machen. Tut mir leid, daß ich dich in diese Sache so stark hineingezogen habe. Wir hätten uns schon am Flughafen trennen sollen…«
»Mich interessiert's doch jetzt auch«, widersprach Ted. »Ich will am Ball bleiben. Mach dir keine Vorwürfe. Bloß… Ganz so schnell lassen die mich hier nicht heraus. Von wegen meiner Gehirnerschütterung. Ich überlege noch, ob ich nicht einfach so verschwinden sollte. Ich fühle mich hier nicht sicher.«
Zamorra nickte. »Kerrs Wohnung dürfte relativ sicher sein. Eh - wo genau hat Eysenbeiß sein Hauptquartier? Hast du dir den Straßennamen oder so was gemerkt?«
Ted lächelte. Er zog einen Kugelschreiber aus der Hemdtasche und notierte eine Adresse auf einem Fetzen Papier. »Hier. Aber sei verdammt vorsichtig. Er muß entschieden mächtiger sein, als du ihn mir geschildert hast. Wenn er sogar meinem Kristall zu trotzen in der Lage war…«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Das ist seine Schutzmacht. Wir müssen versuchen, sie irgendwie auszutricksen, ihn in einem Moment zu überraschen, wo er nicht beobachtet wird.«
Ted zuckte mit den Schultern und grinste. »Paß auf«, sagte er. »Ich diskutiere gleich noch mal mit dem Chefarzt. Der muß mich rauslassen. Und dann nehmen wir uns dieses Haus gemeinsam vor. Und sollte der Vogel ausgeflogen sein, verwandeln wir die Hütte in eine Falle für ihn. Gestern nacht konnte ich das ja leider nicht, weil mir der Kristall fehlte. Aber jetzt, mit zwei Dhyarras… Da müßte es mit dem Teufel zugehen, wenn wir ihn nicht voll erwischen.«
»Dein Wort in Merlins Ohr«, murmelte Nicole. Sie war gar nicht so optimistisch.
***
Inspektor Kerr trug das Hemd, an welches Babs am späten Abend den bewußten Knopf angenäht hatte. Keiner von beiden dachte sich etwas dabei. Die kleine Figur war vernichtet, die Gefahr gebannt. Was konnte jetzt noch geschehen?
Nichts mehr!
Kerr machte Aktennotizen und schrieb einen Kurzbericht über den Mordanschlag auf ihn selbst, soweit er die wenigen Fakten aktenkundig machen konnte. Er blätterte die anderen Akten noch einmal durch und versuchte, Vergleiche anzustellen.
Nur er allein paßte in die Mordserie, weil er als einziger mit allen Opfern Kontakt hatte - nach ihrem Tod. Als bearbeitender Beamter. Zu Lebzeiten hatte er keinen einzigen von ihnen gekannt. Es war wie zuvor. Es gab keinerlei Querverbindungen.
Aber wie war ihm diese Hexe, die Zamorra beobachtet hatte, auf die Spur gekommen? Und warum tötete sie?
Das war etwas, das Kerr nicht begriff.
Er wartete darauf, daß Zamorra und Nicole kamen. Gemeinsam konnten sie versuchen, doch noch etwas zu erreichen. Kerr war unruhig geworden, ohne zu wissen, weshalb. Sein kriminalistisch geschultes Gehirn begann, Querverbindungen zu suchen, wo es keine geben durfte. War es Zufall, daß sich hier zwei Fälle überkreuzten? Oder steckte mehr dahinter? Kerr war geneigt, es anzunehmen. Schon oft waren erstaunliche Dinge geschehen, die in ursächlichem Zusammenhang miteinander standen, obgleich es zunächst nicht den Anschein hatte. Was aber konnte dann die Mordhexe mit Eysenbeiß zu tun haben?
Kerr lehnte sich zurück. Seine Finger trommelten einen schnellen Rhythmus auf die Schreibtischplatte. »Babs… Ich gehe mal zu unserer Künstlerabteilung. Die sollen ein Phantombild vorbereiten. Die grundsätzlichen Angaben kann ich nach Zamorras Beschreibung machen, er gibt den Feinschliff, wenn er eintrifft.«
»Du willst Eysenbeiß suchen lassen?«
Kerr nickte. »Ich lasse eine Fahndung ausschreiben. Immerhin wird er sich nicht immer nur in Kutte und Maske zeigen, sondern auch als Zivilperson irgendwo herumlaufen. Er muß leben, und dazu muß er essen und trinken. Aber nicht in seinem Karnevalskostüm.«
Babs nickte. »All right. Ich halte hier die Stellung.«
Kerr erhob sich und verließ das Büro.
Irgendwer hatte auf der obersten Treppenstufe ein Papierblatt verloren und es nicht bemerkt. Kerr, der ausnahmsweise nicht den Lift, sondern die
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