0290 - Verhext, verflucht, getötet
Zwischenzeitlich erwachte Kerr wieder. Er war noch einmal davongekommen. Keine Verletzungen, keine Brüche, nur eine Menge Prellungen und blaue Flecken.
»Wie konnte das passieren?« wollte Babs aufgeregt wissen, während sie ihn auf seinem Weg zurück ins Büro stützte.
»Weiß der Teufel«, murmelte er, »Ich bin ausgerutscht, das ist alles. Wenn ich nicht wüßte, daß alle Symptome unserer Hexenopfer auf Vergiftung hinweisen, würde ich sagen, der Zauber gegen mich wirkt noch immer.«
»Hm«, machte Babs. »Die Figur ist doch zerstört worden.«
»Trotzdem habe ich plötzlich ein sehr ungutes Gefühl«, sagte Kerr. »Wenn Zamorra doch endlich einträte, damit wir etwas unternehmen können. Wir müssen herausfinden, wo sich die Hexe verbirgt!«
Zamorra, Nicole und Ted Ewigk tauchten kurz vor Mittag auf. So lange hatte es gedauert, den Chefarzt des Krankenhauses zu überreden, seinen Patienten freizugeben. Die rasende Genesung des Deutschen war dem Mediziner ein unlösbares Rätsel. Hätte Ted ihm die Wahrheit berichtet, der Doc hätte es nicht geglaubt…
»Wir wissen somit, wo wir Eysenbeiß finden können«, sagte Ted. »Die Hexe werden wir auch noch aufspüren. Und dann geht es rund. Wir rollen die Sache von hinten auf…«
Zamorra erbat sich absolute Ruhe, wurde in Kerrs Büro allein gelassen und begann, die verlorene Spur der Hexe mit Hilfe von Amulett und seinem Dhyarra-Kristall zu suchen, während die anderen in der Kantine die Lage besprachen. Der Name Zamorra war hier durchaus nicht unbekannt, und Nicole wurde von etlichen Beamten angesprochen, die zuweilen mit dem Sinclair-Team zusammenzuarbeiten hatten und daher auch den Professor und seine Gefährtin zumindest vom Hörensagen her kannten. Sir James ließ sich kurz sehen, und so wurde aus der Besprechung natürlich auch nicht viel.
Schließlich rief Zamorra kurz durch. »Ich habe es. Kommt ihr rauf?«
Sie kamen.
Der Professor trat an den Stadtplan, der einen Teil der Bürowand einnahm, und steckte ein Fähnchen in die Darstellung eines Hauses im vornehmen West End der Stadt. »Hier muß sie sein«, sagte er. »Ich bin absolut sicher.«
»Dann schauen wir uns die Sache einmal an«, beschloß Kerr. »Heben wir das Nest aus.«
Babs hob die Hand. »Kerr?«
Der Inspektor wandte sich ihr zu.
»Paß höllisch auf dich auf, Druide«, sagte sie. »Ich liebe dich nämlich, falls dir das unklar sein sollte. Und ich brauche dich. Denk an die verdammte Treppe.«
Kerr nickte. »Und ob ich auf mich aufpassen werde«, sagte er. »Ich liebe dich nämlich auch, tierisch sogar. Komm her.« Und er küßte sie. Zamorra und Nicole grinsten sich an. »Liebe im Büro«, lästerte Zamorra. »Kerr, laß die Finger davon. Mach deine Sekretärin zur Geliebten, und du bezahlst neben dem Gehalt auch noch Kleiderrechnungen.«
»Ich bin anspruchslos«, erwiderte Babs.
Kerr öffnete den Wandschrank, nahm das Schulterholster heraus und schnallte es sich unter die Jacke. Er überprüfte die Dienstwaffe und schob ein Magazin mit geweihten Silberkugeln hinein. »Vorsichtshalber«, murmelte er.
»Wir sollten noch an deiner Wohnung vorbeifahren. Da liegt Gwaiyur«, schlug Zamorra vor. »Sicher ist sicher.«
Kerr zuckte mit den Schultern. »In Ordnung.« Er meldete sich bei seinem Vorgesetzten ab, beantragte einen Dienstwagen, und dann rollten sie los. »Sehe gar nicht ein, daß ich meinen eigenen Wagen zu Schrott fahre. Das habe ich einmal gemacht, ganz zu Anfang meiner Polizeikarriere. Klar, der Wagen wurde mir ersetzt. Aber es war nicht mehr dasselbe Gefühl, wie wenn man in einem Auto sitzt, mit dem man die ersten ›schwarzen‹ Fahrstunden gemogelt hat. Und ich bekam außerdem nur den Zeitwert erstattet.«
Er quälte den Ford Cortina durch den Stadtverkehr. Und er überlegte, wie er vorgehen sollte. Es gab keine direkte Handhabe. Er konnte die Frau unter Mordverdacht festnehmen, aber was geschah, wenn sich keine Beweise finden ließen? Das Mittelalter war längst vorbei, eine Anklage wegen Hexerei war heutzutage lächerlich. Da mußten schon handfeste Dinge kommen.
Was geschah, wenn sie nicht fündig wurden? Er hatte nicht einmal einen Haussuchungsbefehl…
Das allerdings war andererseits Zamorras geringste Sorge… Er spürte, wie das Amulett sich in Kerrs Nähe ganz unmerklich anwärmte. Eine schwarzmagische Kraft wirkte hier. Aber er konnte sie nicht hundertprozentig lokalisieren…
***
Sie stoppten schließlich vor der etwas zurückliegenden Villa. Ein
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