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0294 - Die Nacht der bestellten Morde

0294 - Die Nacht der bestellten Morde

Titel: 0294 - Die Nacht der bestellten Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der bestellten Morde
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vorzeitige Entlassung erwirkt. Auf Bewährung.«
    Wir näherten uns dem Hudson. Die Straßen und Häuser wurden düsterer. Das Schneetreiben aber ließ nach und hörte schließlich ganz auf.
    Fünf Minuten später erreichten wir das Ende der Beach Street, parkten den Jaguar vor einem erleuchteten Drugstore, stiegen aus und patschten den Rest des Weges durch knöcheltiefen Schneematsch. Der eisige Wind stach mir wie mit Nadeln ins Gesicht. Das Schneewasser drang durch die Nähte meiner Schuhe und verhalf mir zu einem unerquicklich kalten Fußbad.
    Fröstelnd überquerten wir den Miller Highway, der sich als einsames graues Band durch die Schwärze der Nacht zog. In der Ferne verschwanden die Rücklichter eines Wagens. Sonst waren in weitem Umkreis kein Fahrzeug und keine Menschenseele zu sehen:
    »Das da drüben muß es sein«, sagte Phil und wies mit behandschuhter Faust zum Hudson.
    Der vom Nachthimmel reflektierte Lichtschein der City reichte aus, um in dieser finsteren Gegend die Gebäude schemenhaft erkennen zu lassen.
    Vor uns breitete sich ein unbebautes Betonrechteck aus, das sich nach knapp 100 Metern zu einer Gasse verjüngte, die von zwei Reihen mehrstöckiger Lagerschuppen gebildet wurde. Kräne streckten ihre bizarren Stahlarme in die Winterluft. Breite Verladerampen liefen an den Vorderfronten der Lagerschuppen entlang. Der erste rechts war dreistöckig und größer als die anderen. Die uns zugewandte Schmalseite hob sich als graue Fläche deutlich aus der Finsternis. Im 2. Stock befand sich ein dunkleres Viereck, wahrscheinlich eine Ladeluke.
    »Bondoza behauptete, daß ihm die Verfolger dicht auf den Fersen seien«, knurrte ich und ließ meinen Blick in die Runde gehen, ohne jedoch etwas Verdächtiges zu entdecken. Kein Wagen, kein abgeblendetes Licht, keine Gestalt, keine Bewegung in der Dunkelheit — nichts.
    »Hoffentlich ist der Kerl…« Phil verstummte und wies mit der Hand nach vorn.
    Auch ich hatte im gleichen Augenblick die dunkle Gestalt bemerkt, die um die Ecke des großen Schuppens bog, langsam an der Schmalseite entlangbummelte und dann stehenblieb.
    Ich steckte zwei Finger in den Mund und stieß drei langgezogene Pfiffe aus. Der Mann am Schuppen antwortete auf die gleiche Weise. Ich zählte fünf Pfiffe. Es war Henry Bondoza.
    Obwohl uns von ihm noch eine reichliche Steinwurfweite trennte, sah ich deutlich das dreimalige Aufglimmen des roten Pünktchens, als Bondoza an seiner Zigarette sog. Gleich darauf beschrieb das Pünktchen eine kurze Kreisbahn durch die Luft, fiel zu Boden und verlöschte.
    Wir trabten zum Schuppen.
    Plötzlich geschah etwas, das uns veranlaßte, für einige Sekunden wie angewurzelt stehenzubleiben.
    Bondoza hatte beide Hände in den Manteltaschen vergraben, blickte uns entgegen und schnellte plötzlich wie eine Stahlfeder empor. Steil aufgerichtet stand der Mann auf den Zehenspitzen. Seine Arme fuhren mit einer ruckartigen Bewegung zum Hals. Dann schwankte die Gestalt, wurde nach links gerissen, geriet ins Stolpern, brach aber nicht in die Knie, sondern blieb in kerzengerader Haltung. Während sich ein Arm des Mannes am Hals zu verkrampfen schien, ruderte der andere haltsuchend in der Luft. Es sah aus wie der matte Flügelschlag eines sterbenden Vogels.
    Im gleichen Augenblick trug der Wind einen furchtbaren gurgelnden Laut zu uns herüber.
    Wir rasten los, daß der Matsch aufspritzte.
    Im Laufen sah ich, daß ein heftiger Ruck durch den Körper des Mannes lief. Ein Zittern, dann sanken beide Arme herab, und die dunkle Gestalt wurde schlaff. Der Kopf sank nach vorn. Der Hut fiel zu Boden.
    Aber noch immer stand die Gestalt aufrecht, schien plötzlich größer zu werden, schwebte, hob sich vom Boden, schlenkerte mit den Armen und Beinen, wurde emporgehievt, befand sich jetzt schon einen Meter über dem Boden, pendelte nach rechts und nach links, wurde mit einem gewaltigen Ruck höher gezogen, schwebte stetig empor und verschwand in dem dunklen Viereck der grauen Betonwand — in der Ladeluke.
    »Sie haben ihm von oben eine Schlinge über den Kopf geworfen«, keuchte Phil neben mir. »Vor unseren Augen erdrosselt…«
    Wir erreichten den Schuppen und spähten zu der Ladeluke empor. Aber dort war nichts zu sehen. Nur der Hut zu unseren Füßen und der zertrampelte Schneematsch bezeugten, daß kein Spuk uns genarrt hatte.
    »Wir müssen ihnen den Weg abschneiden, Phil. Du rechts, ich links.«
    Mein Freund preschte davon und verschwand Sekunden später hinter der

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