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0294 - Die Nacht der bestellten Morde

0294 - Die Nacht der bestellten Morde

Titel: 0294 - Die Nacht der bestellten Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der bestellten Morde
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eingerichtet wie ein Mittelding zwischen Küche, Büro, Wohn- und Schlafzimmer.
    In einem giftgrünen Klubsessel, der vor vier Jahrzehnten im Pfandhaus sicherlich noch einen guten Preis erzielt hätte, saß eine Frau, rauchte aus einer langen silbernen Zigarettenspitze und hielt einen Stapel Zeitungen auf den Knien. Neben dem Sessel stand ein Rauchtisch und darauf ein Flakon mit einer braunen Flüssigkeit, die ich für Whisky hielt.
    Die Frau war mindestens 60 Jahre alt. Und das schien ihr Kummer zu bereiten. Sie hatte sich noch nicht mit ihrem Alter abgefunden, sondern tat alles, um wie ein Teenager auszusehen. Die kupferrot gefärbten Haare waren zu einer komplizierten Frisur aufgetürmt. Die zahlreichen Falten des breiten Gesichts hatte die Alte mit rosigfarbenem Make-up ausbetoniert. Um den ausgemergelten, geäderten Hals schlang sich etwa ein halbes Kilo Modeschmuck. An den Handgelenken klirrten Armbänder und Kettchen. Das Schlimmste aber waren die grünen Lidschatten, die sich verwischt hatten, so daß auch die dicken Tränensäcke grüne Tupfer trugen.
    »Miß Flint?« fragte ich, nachdem ich den eisten Schrecken überwunden hatte.
    »Ja, ich bin Miß Flint. Sie wollen sicher ein Zimmer bei mir mieten, junger Mann. Meine Zimmer sind ausgezeichnet. Ich werde Ihnen mein bestes zeigen. Es ist gerade noch frei.«
    Sie legte die Zeitungen auf den Rauchtisch und erhob sich. Für eine Frau war sie enorm groß. Sie reichte mir bis an die Nasenwurzel.
    »Ich komme aus einem anderen Grund, Miß Flint«, sagte ich höflich und trat einen Schritt näher. »Ich hätte gern eine Auskunft über einen Ihrer Gäste.« Während dieser Worte zückte ich meinen FBI-Ausweis und streckte ihn der Alten entgegen.
    Sie griff zu und hielt ihn so dicht vor die Augen, als wolle sie daran riechen. Dann wandte sie sich ab, wühlte unter den Zeitungen herum und förderte eine dicke Hornbrille zutage. Während sie meinen Ausweis prüfte, drehte sie mir den Rücken zu.
    »Also ein G-man sind Sie. Was wollen Sie denn von mir wissen?«
    Ich nahm meinen Ausweis zurück und steckte ihn wieder ein. »Gestern morgen, Miß Flint, erhielten Sie einen neuen Gast. Ein Mr. Bondoza.«
    »Ja — ein unheimlicher Mensch ist das. Er ist übrigens gestern nachmittag weggegangen und seitdem nicht zurückgekehrt. Ist irgend etwas vorgefallen?«
    »Bondoza wurde ermordet.«
    Die Alte starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an. Die Hand mit der Zigarettenspitze begann zu zittern. Nach einigen Sekunden nahm Claudia Flint ein Glas, goß sich aus dem Flakon ein, kippte die Flüssigkeit in einem Zuge hinter ihre künstlichen Zähne, schüttelte sich und sagte: »Wie schrecklich!«
    Mir war nicht klar, ob sie damit Bondozas Ermordung oder den Whisky meinte.
    Die Alte nahm wieder Platz und bot auch mir einen Stuhl an.
    »Also, ganz von vorn«, sagte ich. »Wann kam Bondoza hier an?«
    »Vielleicht so gegen zehn.« Die Linke mit den krallenartigen rotlackierten Fingernägeln vollführte eine unbestimmte Geste.
    »Ich möchte nachher sein Zimmer sehen. Aber jetzt erzählen Sie mir bitte erst mal, was Bondoza tat!«
    »Er bezahlte also seine Miete im voraus. Bei mir ist das so üblich. Denn Sie glauben ja gar nicht, wie oft ich schon geprellt worden…«
    »Er bezahlte also seine Miete und ging auf sein Zimmer. Was dann? Erhielt er Besuch?«
    »Ja, er bekam Besuch. Dreimal sogar. Aber das war später. Zunächst läutete hier bei mir das Telefon. Eine Männerstimme wollte Bondoza sprechen.«
    »Auf den Zimmern ist kein Telefon?«
    »Nein, Mr. Cotton. Meine Preise sind nicht so hoch, daß ich…«
    »Der Anrufer verlangte also Mr. Bondoza. Ich nehme an, Sie holten ihn ans Telefon. Blieben Sie im Zimmer, während er sprach?«
    »Ja.«
    »Na und? Was sagte Bondoza?«
    »Nicht viel. Er lauschte nur in den Hörer, preßte die Lippen zusammen, sagte einige Male ,okay‘ und legte dann auf. Er… Nein, er sagte noch etwas anderes. Ich glaube, es war der Name eines Lokals. Als er ihn aussprach, klang es so, als wiederhole er den Namen, um ihn sich einzuprägen.«
    »Bitte, Miß Flint«, ich lächelte von einem Ohr zum anderen. »Wie war der Name des Lokals? Sie entsinnen sich doch bestimmt, nicht wahr?«
    Die Alte ließ mich zappeln. Mit gefurchter Stirn und nachdenklichem Blick starrte sie minutenlang in ihr Whiskyglas. Dabei erhellte oder verdüsterte sich ihr Gesicht alle paar Sekunden. Aus großen Augen sah sie mich hilflos an, nahm eine neue Zigarette, zu der ich ihr

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