0295 - Der Schädel des Zauberers
sie waren auch beide nicht in der Lage, das Erspürte in konkrete Worte zu fassen.
Sheriff MacDonnel stand vor einem unlösbaren Rätsel. Der Polizeiarzt auch, der sich nicht erklären konnte, wieso ein lebender Mensch mit einem faustgroßen Schrumpfkopf herumlaufen konnte. Und gelebt hatte er, denn zwei Zeugen hatten ihn lebend und äußerst beweglich über das Balkongeländer springen gesehen.
Jetzt war er tot. Er hatte es nicht ertragen können, so entsetzlich verunstaltet weiterleben zu müssen. Lieber hatte er seinem Leben ein schnelles Ende gesetzt.
Monica, die sich wieder angekleidet hatte, und ihre Schwester mischten sich unter das schaulustige Publikum. Sie wußten beide, daß sie zur Klärung dieses Phänomens nichts beitragen konnten. Die Wahrheit nahm ihnen niemand ab. Man würde sie höchstens auf ihren Geisteszustand hin untersuchen.
Aber daß die Veränderung Larkins auf den Einfluß Schwarzer Magie zurückzuführen war, würde ihnen niemand abnehmen. Schon eher, daß irgend jemand auf Frankensteins Spuren wandelte…
Die beiden Schwestern versuchten, den Urheber der unheimlichen Aktion mit ihren telepathischen Kräften ausfindig zu machen. Aber er war nicht zu fassen. Aus dem Nichts hatte die Kraft zugeschlagen, um im Nichts auch wieder zu verschwinden. Es gab keine Spuren, die sich verfolgen ließen. Zumindest nicht mit den Fähigkeiten der beiden Mädchen.
Sie sahen sich an. Uschi sprach aus, was beide dachten.
»Das kann keine Zufallsaktion sein. Ich bin sicher, daß diese Kraft nicht eigentlich gegen Larkin selbst gerichtet war. Es hätte jeden anderen treffen können, der zufällig in unserer Nähe war. Man wollte, daß wir aufmerksam werden.«
»Aber warum?«
»Jemand weiß, daß wir weitläufig zur Zamorra-Crew gehören! Jemand wollte uns treffen, Moni. Uns, nicht James.«
»Aber warum laufen dann nicht wir mit Schrumpfköpfen herum, sondern mußte James sterben?«
»Vielleicht sollten wir nur auf etwas aufmerksam gemacht werden… Diese Schrumpfung war vielleicht nur ein Köder…«
»Und wir beißen an?«
»Wir? Auch, Moni… Wir rufen Zamorra an. Er muß uns helfen. Vielleicht sieht er mehr als wir!«
Eine halbe Stunde später stand die Telefonverbindung quer über den Atlantik zum Château Montagne.
***
»Künstlerpech«, stellte Nicole Duval trocken fest, als sie aus dem Arbeitszimmer zurückkehrte.
»Wieso? Gibt es keine Flugzeuge mehr?«
»Doch. Bloß klingelte das Telefon von selbst, gerade, als ich Tickets buchen wollte. Nun ja, und dein Einverständnis vorausgesetzt, habe ich dann gebucht - nach Houston.«
»Aha«, machte Zamorra. »Von da fliegen wir mit einem Spatzenschüttler oder Space Shuttle oder wie das Ding heißt, in den Weltraum? Nee, Nici, da ist es mir aber zu kalt, und wegen der Gewichtsersparnis kann man nicht mal Hut und Mantel mitnehmen…«
»Du irrst entsetzlich«, machte Nicole ihn aufmerksam.
»Oh, man kann doch? Trotzdem… Ich mag’s nicht, mich so dick anziehen zu müssen, und Atembeschweren soll man angeblich in dieser Weltraumkälte auch bekommen… Mach den Trip rückgängig, ja, und laß uns zum Amazonas oder sonstwohin fliegen…«
»Houston«, beharrte Nicole. »Von da riefen die Peters-Zwillinge an. Es gab da einen äußerst würdigen, um nicht zu sagen merkwürdigen Vorfall.«
Zamorra seufzte. Er begriff, daß es ernst wurde. Wenn die telepathischen Zwillinge anriefen, wenn sie von einem merkwürdigen Vorfall sprachen, dann wurde aus dem Vorfall garantiert ein Fall. Zamorra wunderte sich überhaupt schon, daß er von den beiden Mädchen so lange kein Lebenszeichen mehr erhalten hatte. Seit der Rückeroberung von Château Montagne hatten sie sich zurückgezogen und nichts mehr von sich hören lassen. Nun ja, nach allem, was sie in der Knechtschaft des Leonardo de Montagne erlebt hatten, war das kein Wunder, daß sie eine Zeitlang ihre Ruhe haben und von übersinnlichen Phänomenen absolut nichts mehr wissen wollten…
Nicole berichtete, was sie gehört hatte. »Und da habe ich kurzerhand einen Flug nach Houston bestellt«, sagte sie. »In drei Stunden könne wir von Lyon aus abfliegen. Es wird Zeit, die Koffer zu packen, mein Lieber.«
»Für mich doch noch nie ein Problem gewesen… Bloß für dich mit deinem riesigen Gepäckaufwand… Soll ich dir beim Aussuchen der Kleider helfen?«
Nicole schüttelte den Kopf. »Mitnichten, chéri. Ich habe beschlossen, ab sofort zu sparen und nur noch mit geringem Handgepäck zu reisen. Von
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