0296 - Manege der Geister
gibt’s nicht«, keuchte Cal Byrkin. Er griff nach einem Besen, mit dem er normalerweise den Container auszufegen pflegte. Vorsichtig schob er den Stiel zwischen den Gitterstäben hindurch und tastete nach dem Leoparden. Der ignorierte den Besenstiel völlig. Auch als er ihn berührte - und durch ihn hindurchglitt!
Wie Byrkins Hand durch Tom Belloni…
Diesmal gab es keinen Schock, keinen Niederschlag. Trotzdem zog Byrkin den Besen zurück und warf ihn irgendwohin. Hier stimmte etwas nicht mehr. Er verließ den Container und klopfte im zweiten Auflieger bei Leoparden-Jenny an.
Jenny O’Tyrell machte große Augen. »Durchsichtig? Wieviel hast du getrunken, Cal?«
»Schau’s dir selbst an…«
Das tat sie und war bestürzt, wie unruhig die Tiere waren. Wenn sie sich nicht bald beruhigten, wurde aus der Abendvorstellung nichts, trotz allem Vertrauen zwischen Mensch und Raubtier. Die Augen der Leopardenbändigerin wurden schmal. Ihre Hand krallte sich in Byrkins Schulter, und sie deutete auf den durchsichtigen Leoparden.
»Schau mal… Wie kommt das Blut an Tatzen und Schnauze…?«
Aber das war noch nicht alles!
In einer Käfigecke lagen Stoffetzen - von einem hellgrauen Anzug…
Jennys Leopard war zum Menschenkiller geworden!
Aber - wie war der Mensch in den Käfig gekommen? Und noch schlimmer: Wo war jetzt die Leiche?
Jenny alarmierte den Zirkusboß.
***
Zamorra ließ sich mit dem Stuhl nach hinten kippen. Die Besteckteile flogen haarscharf über ihn hinweg. Er rollte sich zur Seite und sprang sofort wieder auf, um einem erneuten Angriff ausweichen zu können. Aber es geschah nichts mehr.
»Wo steckt er?« schrie Uschi auf. »Ich kann ihn nicht mehr erfassen!«
Ihre Schwester schüttelte nur hilflos den Kopf und drehte sich einmal um sich selbst, als könne sie den Unsichtbaren irgendwo sehen. Aber da war nichts mehr…
»Eben war er noch hier!« behauptete Uschi fest.
»Konntest du sehen, was er dachte?« fragte Tendyke.
»Nein… Nur seine Anwesenheit spüren! Meine Güte, so etwas Bösartiges habe ich bisher nur einmal im Leben gespürt - bei Leonardo de Montagne!«
»Aber das wai nicht Leonardo«, ergänzte Monica. »Es war ein anderes Gedankenmuster. Aber trotzdem so furchtbar bösartig… So haßerfüllt… Gegen dich, Zamorra!«
»Versucht euch zu erinnern«, drängte der Parapsychologe. »Ist euch vielleicht irgendwann einmal jemand über den Weg gelaufen, der ein ähnliches Gedankenmuster hat? Es gibt viele Schwarzmagier oder dämonische Wesen, die allen Grund haben, mich zu hassen.«
»Keine Erinnerung… Nichts!«
»Also, wenn ihr mich fragt - mir ist das Essen gründlich vergangen«, sagte Nicole. »Wenn sich schon das Besteck selbständig macht… Da hungere ich lieber, bis wir diesem Spuk das Handwerk gelegt haben. Irgendwie erinnert es mich an einen Poltergeist.«
»Aber hier gibt es keinen Katalysator, der einen Poltergeist zu seinen Phänomenen anregen könnte«, sagte Tendyke. »Das Haus steht nicht auf verfluchtem Boden, es hat hier nie okkulte Ereignisse gegeben, und es gibt auch kein Mädchen, das diese Erscheinungen durch seine Pubertätsphase bewirkt, wie das ja öfters geschieht. Ihr zwei seid ja aus dem Alter längst heraus«, und er grinste die Zwillinge an.
»Was zum Teufel kann es dann sein? Ein Unsichtbarer… Kein Dämon, denn dann würde ich ihn doch einigermaßen über das Amulett erfassen können«, sagte Zamorra. »Ein Geist… Einer, der sich an mir rächen will? Und der dabei kommt und geht, wie es ihm gefällt! Als ob ein Druide zeitlos springtl«
»So ähnlich ist doch auch dieser Tom Belloni umgebracht worden. Aus dem Nichts heraus«, sagte Tendyke nachdenklich. »Es gibt also Zusammenhänge. Zamorra, du erzähltest von diesem Astrano aus dem Zirkus in Germany. Bist du sicher, daß er tot ist?«
»Mausetot! Ich war dabei, als er starb!«
»Und wenn er es trotzdem ist? Wenn sein Geist auf Wanderschaft gegangen ist? Denk an das Foto, das Belloni bei sich trug. Vielleicht wirkt es wie ein Magnet und zieht Astrano an… Zamorra, du solltest damit rechnen, daß du es mit seinem Geist zu tun hast!«
Zamorra nickte.
»Dann aber wäre der beste Angriffspunkt für uns - der Zirkus!«
Er sah Tendyke und die Mädchen an. »Wer mitkommen will, sollte sich hurtig umziehen - Rob, der Wagen ist noch startklar?«
Eine Viertelstunde später glitt der Buick Elektra auf den Highway hinaus. Scarth, der Butler, räumte in stoischer Ruhe das unberührte Essen wieder
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