0296 - Manege der Geister
sie unter hypnotischem Einfluß gstanden hatten, war ihnen unklar.
Perkins sah Zamorra an. »Was sagen Sie dazu?«
Zamorra hatte sich auf einem der beiden Besucherstühle in Perkins’ Büro niedergelassen; auf dem anderen saß Jenny O’Tyrell. Der Professor sah Perkins an. Ihm selbst war klar, weshalb er verhaftet worden war - auf Veranlassung des Geist-Gegners hin. Aber was sollte er nun zu Perkins’ Frage sagen? Wenn er Tendyke verleugnete, konnte sich das als Bumerang erweisen.
»Ich kenne den Mann«, gestand er. »Aber von der Truck-Entführung weiß ich nichts. Mein Bekannter rannte einfach los und war verschwunden.«
»Sein Name?«
»Ich glaube nicht, daß ich Ihnen diese Frage beantworten muß«, sagte Zamorra. »Zunächst möchte ich wissen, ob ich mich immer noch als festgenommen betrachten muß. Wenn ja, verlange ich, sofort mit einem Anwalt zu telefonieren.«
»Mal langsam«, winkte Perkins ab. »Was wollten Sie überhaupt bei dem Zirkus?«
»Was Menschen da so wollen - ihn uns ansehen. Wie ist es nun mit der Rechtslage?«
Perkins wandte sich wieder den Polizisten zu. »Haben Sie gesehen, daß dieser Mann an der Truck-Entführung beteiligt war?«
»Zum Zeitpunkt der Entführung waren wir noch gar nicht so nahe dran«, murmelte Zamorra.
Die Beamten schüttelten unsicher die Köpfe.
Perkins nickte. »In Anbetracht der besonderen Umstände dieses Falls werde ich die Angelegenheit nicht weiterverfolgen, meine Herren… Abtreten!« Er drehte sich wieder Zamorra zu. »Sie sind nicht verhaftet, Monsieur. Aber wenn Sie mir trotzdem meine Fragen beantworten möchten…«
»Ich möchte nicht«, gab Zamorra zurück. »Nicht unter diesen Umständen.« Er sah sich in der wieder recht klein gewordenen Runde um.
»Wie Sie wünschen. Sie können draußen warten. Danach bitte ich Sie wieder zum Gespräch«, sagte Perkins.
»Abgelehnt«, erwiderte Zamorra. Plötzlich spürte er die Anwesenheit eines fremden Geistes. Von einem Moment zum anderen war er da. Aber Zamorra konnte nicht erkennen, wo genau sich dieser Geist befand und was er beabsichtigte.
Ihm war allerdings klar, daß es sich nur um seinen Gegner vom Zirkus handeln konnte. Sah der seine Felle davonschwimmen und griff jetzt selbst ein?
Unwillkürlich tastete Zamorra nach dem Amulett unter dem Stoff seines Hemdes. Er machte sich auf einen Kampf hier im Büro gefaßt. Warum, zum Teufel, reagierte das Amulett überhaupt nicht? Mit seinen schwachen Para-Kräften konnte er die Anwesenheit des Geistes feststellen, aber Merlins Stern ignorierte ihn völlig!
Somit konnte er das Amulett auch nicht als Waffe einsetzen. Oder doch? Er erinnerte sich an den Dolchstoß, der von Merlins Stern abgewehrt worden war. Aber auch dabei hatte das Amulett selbst keine Reaktion gezeigt!
Noch während er grübelte, kam der Angriff. Rodney Williams wirbelte herum zum Kleiderständer. Dort hatte Perkins nicht nur Hut und Jacke, sondern auch das Schulterholster aufgehängt, das ihm hier im Büro ziemlich lästig war. Innerhalb von Sekundenbruchteilen zog er die Dienstwaffe heraus, entsicherte sie und richtete die Mündung auf Zamorra.
Jenny O’Tyrell schrie gellend auf.
Perkins war wie gelähmt, konnte nicht fassen, was er sah.
Der einzige, der sofort handelte, war Zamorra. Aber das schaffte er auch nur, weil er seit ein paar Sekunden mit einem Angriff rechnete, kippte sich mit seinem Stuhl einfach seitwärts aus der Schußbahn, rollte sich herum und wollte aufspringen.
Aber Williams hatte noch nicht gefeuert. Er verfolgte mit der Waffe Zamorras Bewegungen, und erst als er genug Zeit hatte, weil Zamorra sich hochschnellte und dabei keinen Standortwechsel machen konnte, drückte er ab. Sekundenbruchteile, bevor ihn Captain Perkins erreichte.
Der Schuß schleuderte Zamorra gegen einen Halbschrank und ließ ihn mit dem Hinterkopf gegen die Wand prallen. Williams schoß ein zweites Mal, diesmal beidhändig gezielt. Dann war Perkins heran und schlug ihm die Waffe aus der Hand. Ein Handkantenschlag betäubte den Zirkusdirektor.
Jennys entsetzter Schrei war zu ersticktem Schluchzen geworden. Müde drehte Perkins sich zu Zamorra um, der reglos vor dem Schrank auf dem Boden lag.
***
Nicole hatte nur wenig gegessen, geduscht und sich umgezogen. Sie ließ sich von Butler Scarth zu Tendykes Arbeitszimmer führen in der Hoffnung, der Abenteurer hinge bereits am Telefon. Aber das Zimmer war leer.
Eine Wand war von Karten übersät. Weltkarten, und keine glich der anderen.
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