0296 - Manege der Geister
geschehen. Zamorra ist nicht bei uns, sondern in Polizeigewahrsam.«
»Aber dann ist er da jetzt ungeschützt.«
»Vielleicht hat unser Super-Geist das erreicht, was er wollte: Zamorra aus dem Verkehr zu ziehen. Ich bin mir da ziemlich sicher.«
»Eines verstehe ich nicht«, sagte Nicole. »Wenn dieser Geist Zamorra kaltstellen will - warum dann vorher der Mord an Belloni? Das paßt nicht zusammen! Und selbst der schlaueste Geist konnte nicht vorhersehen, daß du diesen Lieutenant Candal, der den Fall bearbeitet, kennst und uns zufällig in Brasilien triffst, um uns herzubringen… Bellonis Tod als Lockvogel für uns scheint mir doch ein wenig zu weit hergeholt.«
»Das sind zwei Dinge«, sagte Tendyke. »Der Geist wollte Belloni umbringen, und als ihr hinzukamt, hat er Zamorra erkannt und attackiert ihn nun zusätzlich. So sehe ich den Fall.«
»Auch ’ne Perspektive…«
Der Buick stoppte vor dem großen Haus.
»Pause«, ordnete Tendyke an. »Vielleicht hat Mamma Maria die Steaks warmgehalten! Nicole… Laß euch von Scarth ein neues Zimmer geben, mit heiler Scheibe.«
»Wie viele Zimmer hat das Haus eigentlich?« fragte Monica neugierig. »Du wirfst hier mit Gästezimmern um dich wie der Maharadscha von Whisky-pur!«
»Eschnapur hieß das Dorf, und er warf nicht mit Zimmern, sondern mit Tigern«, murmelte Tendyke wenig überzeugt. »Ich müßte nachzählen… So zwanzig Tiger… Quatsch, Zimmer werden’s wohl sein… Schließlich will ich doch wenigstens halbwegs menschenwürdig wohnen.«
»Den Größenwahn hast du wohl nicht zufällig für dich gepachtet?« wollte Monica noch wissen.
»Ich folge da nur berühmten Vorbildern«, brummte Tendyke. »Vorwärts, die Steaks warten.«
***
Der Geist war unzufrieden. Er hatte sich auf zu viele verschiedene Dinge konzentrieren müssen. Was ihm zutiefst mißfiel, war, daß die beeinflußten Polizisten Zamorra nicht erschossen, sondern nur festgenommen hatten. So ganz hatte er sie also doch nicht unter Kontrolle. Das war bedauerlich, aber nicht zu ändern. Denn er konnte nicht über sich hinauswachsen. Er mußte seine Kraft zu sehr verteilen.
Alle, die ihm auf die Spur kamen, mußten auf irgendeine Weise aus dem Verkehr gezogen werden, sterben. Und den Zirkus - den jagte er in den Abgrund.
Aber Zamorra mußte sterben, um jeden Preis.
Der Geist war auf den Zirkus fixiert, konnte sich nicht zu sehr von ihm lösen, nachdem er erst einmal festen Halt gefunden hatte. Deshalb beschränkte sich auch sein Einflußbereich auf den unmittelbaren Zirkusbereich.
Aber jetzt bot sich eine andere Lösung an.
Die Festgenommenen…
Rodney Williams junior gehörte dazu. Noch war er nicht wieder freigelassen worden. Und in ihm, dem Chef des Zirkus, lebte das, was man den Geist des Zirkus im übertragenen Sinne nannte - die Atmosphäre, die Stimmung, die Hingabe. Williams war der Zirkus.
Und so wechselte der Geist kurz den Schauplatz. Er konnte sich in Williams manifestieren. Konzentriert drang er in ihn ein. Williams war jetzt besessen.
Und der Geist lauerte auf eine Chance, mit Zamorra abzurechnen.
***
»Tja«, machte Captain Perkins und sah die vier Festgenommenen der Reihe nach an. Rodney Williams, Jenny O’Tyrell, Cal Byrkin und Professor Zamorra. Vor allem dieser Zamorra lag ihm schwer im Magen. Für seine Verhaftung gab es absolut keine Handhabe. Hinzu kam, daß er Franzose war. Das konnte Schwierigkeiten auf dem internationalen diplomatischen Parkett geben und sich negativ auf Perkins’ Karriere auswirken.
Hier, im Police Headquarter, war Perkins’ Denken unbeeinträchtigt von der fremden Beeinflussung, die wie eine unsichtbare, drohende Wolke über dem gesamten Zirkusbereich lag. Perkins wußte, daß er überzogen reagiert hatte und daß er keinen der Festgenommenen hierbehalten konnte. Bei den anderen ließ es sich noch mit Verhören begründen, vor allem bei dieser O’Tyrell und diesem Byrkin. Aber bei dem Franzosen…
Perkins zitierte die Beamten herbei, die Zamorra festgenommen hatten. »Warum haben Sie diesen Mann hier verhaftet? Wer hat Ihnen die Anweisung dazu gegeben?«
»Der Mann gehört zu dem Entführer des Trucks, Sir«, rechtfertigte sich der Wortführer der vier Uniformierten. »Sie arbeiten zusammen. Aber das wird aus unserem Bericht hervorgehen…«
Perkins erhob sich. »Und woher wissen Sie das? Beobachtungen, eigene Aussagen?«
Unsicher sahen sich die Polizisten um. Wer ihnen den Befehl gegeben hatte, konnten sie auch nicht sagen. Daß
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