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0298 - Im Haus der schlimmen Träume

0298 - Im Haus der schlimmen Träume

Titel: 0298 - Im Haus der schlimmen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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Teufelsgerät hinaus auf die Terrasse. Die lange Leitung machte es möglich.
    »Zamorra«, meldete sich der Mann, dem auf den ersten Blick keiner den Professor abkaufte. Dazu sah er nicht im klassischen Sinn akademisch genug aus.
    »Gilbert Atkins«, sagte eine Reibeisenstimme am anderen Ende der Strippe. »Ich hoffe, ich störe nicht, Monsieur Zamorra.« Der Dialekt des Mannes war unverkennbar irischer Abstammung. Nur mit Mühe wurde Zamorra aus dem Genuscheie schlau. »Wir kennen uns. Wir haben uns bei einem Ihrer Vorträge in Dublin mal über parapsychische Phänomene unterhalten. Damals hatte ich gerade eine regelmäßige Sparte über Spuk und Geisterglauben in unserem Lokalblatt…«
    Bei allen Heiligen, dachte Zamorra und erinnerte sich an eine rotbärtige Bohnenstange mit einem riesigen Notizblock und Bleistift in der Hand, die ihn derart mit unsinnigen Fragen gelöchert hatte, daß er um ein Haar die Abendmaschine nach Hause verpaßt hätte. Dieser Gilbert Atkins war am Telefon!
    »Ich - äh… Ich erinnere mich.«
    »Ja? Nun, es war auch ein außergewöhnlich interessantes Interview, das ich mit Ihnen geführt habe. Hoffentlich haben Sie das Belegexemplar der TT auch bekommen!? Wir kennen ja die unergründlichen Wege der Post…« Ein unnatürlich sparsames Lachen tönte aus der Muschel.
    Zamorra versuchte, über den Scherz zu schmunzeln, aber es ging nicht.
    »Um was geht es, Mister Atkins?« versuchte er, das Gespräch in Bahnen zu lenken, die ein Ende der Unterhaltung wahrscheinlicher werden ließen.
    »Spuk«, krächzte Atkins. »Gottverdammter Höllenspuk!« Und dann informierte er Zamorra in erstaunlich kurzer, schnörkelloser Fassung über die Ereignisse der zurückliegenden Nacht. »Sie müssen uns helfen, Monsieur Zamorra, unbedingt! Bitte! Im Dorf hält man uns alle durch die Bank für übergeschnappt. Und von einem Erdbeben, wie wir es erlebt haben, hat man im ganzen Ort nicht einmal die leiseste Erschütterung gemerkt… Wie gesagt: Höllenspuk!«
    Zamorra warf einen letzten entsagenden Blick auf seine Frühstücksreste und gab Raffael ein Zeichen abzuräumen. Nicole sah ihn verwundert an, schwieg aber, während sich in ihre hübsche Stirn erste Unmutsfalten gruben. Sie kannte diesen Gesichtsausdruck, der sich bei dem Professor jetzt einstellte, zur Genüge und wußte ihn zu deuten. Spätestens jetzt war klar, daß die Tage der Ruhe der Vergangenheit angehörten. Der Ernst eines Dämonenjägerlebens stand wieder auf dem Programm.
    Das befürchtete auch Zamorra. Die Worte des Lokalredakteurs von Tuthbantry hatten ihm schlagartig sein Erlebnis der vergangenen Nacht in Erinnerung gerufen. Die Erscheinung der Zigeunerin. Die Botschaft der Hexe, die, wie er erfahren hatte, im Niemandsland zwischen Gut und Böse herumirrte und zwei widerstreitende Geister in sich beherbergte.
    Etwas Schreckliches hat sich im Schutz der Nacht in dieses Universum eingeschlichen. Etwas Fremdes, Kaltes, Böses…
    Hatte diese Warnung etwas mit Gilbert Atkins’ Anruf zu tun?
    »Ein Tor hat sich geöffnet«, murmelte Zamorra gedankenverloren.
    Wo? In Irland? In Tuthbantry?
    Zamorra verstand sich selbst nicht so recht, aber er räusperte sich kurz und versprach dann dem dürren Unikum am irischen Ende der Telefonleitung, daß er sich um das Phänomen kümmern würde. Das nächste Flugzeug zur Insel sollte das seine sein.
    Und ein Blick zu Nicole bescheinigte ihm, daß er nicht allein fliegen würde…
    ***
    Das Rattern des Traktors sägte an seinem Nervenkostüm.
    Rod Dorsay trat kurz entschlossen auf das Bremspedal. Die Bremsen reagierten zögernd, brachten das protestierende Vehikel aber nach etlichen Metern zum Stehen. Dorsay drehte den Zündschlüssel um, ließ ihn jedoch stecken, weil kaum zu befürchten war, daß jemand das Gefährt entführen würde. Mit jugendlichem Elan schwang er seinen schlanken Körper aus dem schlecht gefederten Metallsitz und sprang vom Traktor.
    Das Plätzchen vor ihm lud förmlich zum Pausieren ein. Ein großer Baum mit ausladender Krone, die kühlenden Schatten bei dieser brütenden Mittagssonne verhieß, wuchs auf einem etwas erhöhten Erdhügel inmitten der Ackerfläche. Das dichte, hohe Gras rings um den Baum war nicht das schlechteste Polster, befand der dreiundzwanzig jährige Jungbauer, der sich Schöneres vorstellen konnte, als stundenlang einen Pflug über das Land zu lenken. Seit fünf Uhr in der Frühe war er schon auf den Beinen, hatte erst das Vieh im Stall versorgt, dann das

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