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03 Die Auserwählten - In der Todeszone

03 Die Auserwählten - In der Todeszone

Titel: 03 Die Auserwählten - In der Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dashner
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musste sofort daran denken, wie er und Newt das damals bei Alby genauso gemacht hatten, als der nach der Verwandlung auf der Lichtung aufgewacht war.
    Metallisches Klappern war zu hören, als Hans eine Schublade durchwühlte, dann war er wieder da.
    »Haltet ihn so ruhig wie möglich!«
    Thomas bäumte sich mit einer letzten Anstrengung auf, um sich zu befreien, und schrie aus Leibeskräften. Ein Arm entglitt Brendas Griff und traf Jorge mit einem Faustschlag ins Gesicht.
    »Hör doch auf!«, schrie Brenda und griff nach dem Arm.    
    Thomas bockte mit seinem Rumpf wieder nach oben. »Ich lasse das … nicht zu!« Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er sich so machtlos gefühlt.
    »Haltet ihn ruhig, verdammt noch mal!«, befahl Hans.
    Irgendwie bekam Brenda seinen Arm wieder zu fassen und lehnte sich mit dem Oberkörper darauf.
    Thomas verspürte einen Stich im Bein. Es war so unbegreiflich: Er bekämpfte das, was er unbedingt wollte, mit Zähnen und Klauen.
    Doch als die Dunkelheit ihn umfing und sein Körper endlich zur Ruhe kam, gewann er wieder die Oberhand. In der allerletzten Sekunde sagte er: »Ich hasse diese Neppdeppen.« Und dann war er weg.

Im dunklen Rausch der Medikamente träumte Thomas.
    Er ist fünfzehn Jahre alt und sitzt auf der Bettkante. Abgesehen vom dottergelben Schein der Nachttischlampe ist es dunkel. Teresa ist da – sie hat einen Stuhl herangezogen und sitzt ihm direkt gegenüber. Ihr Gesicht ist starr wie eine Trauermaske.
    »Wir mussten es tun«, sagt sie leise.
    Thomas ist da, aber zugleich nicht da. Die Einzelheiten von dem, was passiert ist, weiß er nicht mehr, aber er weiß, dass er sich innerlich schmutzig und verrottet fühlt. Teresa und er haben etwas Fürchterliches getan, aber sein träumendes Ich bekommt nicht zu fassen, was das war. Etwas Unfassbares, das auch dadurch nicht besser wird, dass die Menschen, denen sie es angetan haben, es selbst angeordnet haben.
    »Wir mussten es tun«, wiederholt sie.
    »Ich weiß«, erwidert Thomas mit einer gespenstisch toten Stimme.
    Zwei Worte kommen ihm in den Sinn: Die Säuberung . Die Mauer, die seine Erinnerungen blockiert, wird einen Moment lang fast durchsichtig, und dahinter erscheint eine grauenhafte Tatsache.
    Teresa sagt wieder etwas. »Sie wollten, dass es so endet, Tom. Lieber sterben, als nach und nach immer verrückter zu werden. Über Jahre. Jetzt sind sie erlöst. Wir hatten keine andere Wahl. Es war am besten so. Es ist geschehen, und damit Schluss. Jetzt müssen wir uns auf die Ausbildung der neuen Leute und auf die Weiterführung der Experimente konzentrieren. Wir sind schon zu weit gekommen. Wir dürfen jetzt nicht alles in die Brüche gehen lassen.«
    Einen Augenblick lang empfindet Thomas Hass auf sie, aber das Gefühl vergeht schnell wieder. Er weiß, dass sie nur versucht stark zu bleiben. »Das heißt nicht, dass ich es gutheißen muss.« Es missfällt ihm sogar sehr. Er hat sich noch nie mit solcher Inbrunst selbst verabscheut.
    Teresa nickt, sagt aber nichts.
    Der träumende Thomas versucht, in den Kopf seines jüngeren Ichs einzudringen und Zugang zu seinen Erinnerungen zu bekommen: die ursprünglichen Schöpfer, am Brand erkrankt, der Säuberung zum Opfer gefallen, tot. Unzählige Freiwillige, die ihre Plätze übernehmen wollen. Die beiden Labyrinth-Experimente, die seit über einem Jahr erfolgreich laufen und jeden Tag neue Ergebnisse liefern. Der langsam, aber sicher entstehende Masterplan. Die Ausbildung der neuen Schöpfer.
    Alles ist noch da, er kann es abrufen. Kann sich erinnern. Aber dann ändert er seine Meinung und wendet all dem den Rücken zu. Die Vergangenheit ist vorbei. Jetzt zählt nur noch die Zukunft.
    Er versinkt in Dunkelheit und Vergessen.
    Als Thomas aufwachte, fühlte er sich benommen, hinter seinen Augen wüteten Kopfschmerzen. Dumpf pochte der Traum noch in seinem Schädel, auch wenn die Einzelheiten schon wieder verschwammen. Er wusste genug über die Säuberung: dass es der große Wechsel von den Schöpfern zu ihren Nachfolgern gewesen war. Teresa und er waren damals gezwungen, alle ursprünglichen Mitarbeiter nach einem Ausbruch der Krankheit zu vernichten – sie hatten keine andere Wahl, sie waren die einzigen Immunen, die noch lebten.
    Minho saß schnarchend auf einem Sessel in der Nähe, der Kopf fiel ihm in seinem unruhigen Schlaf immer wieder nach vorn.
    »Minho«, flüsterte Thomas. »Hey, Minho. Wach auf.«
    »Hä?« Minhos Augen gingen langsam auf, er hustete.

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