03 - Feuer der Liebe
diesen Gedanken und schlenderte zum Fenster
hinüber, um hinunter in seinen Garten zu blicken.
»Peter wollte nicht so kritisch
sein«, sagte er plötzlich. »Er hat eine hohe Meinung von sich, aber er ist
dennoch ein guter Kerl.«
Gabby ging nicht darauf ein.
»Besteht die Gefahr, dass Ihr Vater Codswallop tatsächlich entlässt?«
Quill drehte sich um und beim
Anblick von Gabby, die Phoebe in den Armen hielt, spürte er ein seltsames
Ziehen in der Brust. »Sie fühlen sich wohl schuldig, was?« Er grinste sie an.
Gabby war die Angelegenheit zu
peinlich, um auf seine Neckereien einzugehen. »Ich weiß wirklich nicht, warum
ich gelogen habe, Quill«, sagte sie ernsthaft. »Peter sah so entsetzt aus ...«
»Ich denke, in dieser Situation war
es eine sinnvolle Lüge«, argumentierte Quill.
»Er hat Recht, Miss Gabby«, meldete
sich Phoebe zu Wort. »Wissen Sie nicht mehr, wie Sie mir gesagt haben, eine
Lüge ist erlaubt, wenn sich dadurch jemand besser fühlt? Und Mr Dewland fühlte
sich viel besser, als er glaubte, dass der Butler Ihr Kleid ruiniert hat.«
»Kindermund tut Wahrheit kund«,
murmelte Quill.
Gabby warf ihm einen scharfen Blick
zu. »Sie haben gut lachen«, wies sie ihn zurecht. »Ich habe eine schreckliche
Lüge über Codswallop verbreitet und seine Verletzungen sind meine Schuld!»
Sie sah so niedergeschlagen aus,
dass Quill einen Anflug von Mitgefühl spürte. »Machen Sie sich wegen Codswallop
keine Sorgen. Mein Vater würde sich eher die rechte Hand abhacken, als den
Burschen zu entlassen — er ist schon seit Jahren bei uns. Ich gehe nun nach
unten und teile ihm mit, dass es Ihnen aufrichtig Leid tut. Wie wäre das?«
»Ich werde es selber tun«, sagte
Gabby entschlossen.
»Das werden Sie ganz sicher nicht!«,
erwiderte Quill. »Damen begeben sich nicht ungestraft in den Dienstbotentrakt!«
»Wenn es um die eigene Schuld geht,
sollte man die Schicklichkeit außer Acht lassen«, widersprach Gabby. »Ich bin
sicher, Papa wäre der gleichen Meinung.«
»Ihr Vater scheint ein sehr
eigenwilliger Mann zu sein. Aber wie auch immer, Phoebe hat Recht. Peter ist
sehr zufrieden mit der ganzen Situation. Es wäre nicht fair, wenn Sie eine
weitere Unziemlichkeit begingen, wo er noch nicht einmal verwunden hat, einen
Blick auf Ihre Knöchel erhascht zu haben.«
Gabby errötete und blickte an sich
hinunter. Der abgerissene Saum ihres Kleides entblößte oberhalb der Halbstiefel
ihre Knöchel. Sie begegnete seinem Blick, als Quill ebenfalls von ihrem Saum
aufschaute. Etwas in diesem Blick entfachte ein heißes Prickeln in ihrem Leib.
Sie blickte erneut nach unten. Sie hatte ganz gewöhnliche Knöchel, sittsam in
weiße Baumwolle gehüllt. Und sie glaubte nicht einen Moment lang, dass dieser
Anblick Peter aus der Fassung gebracht hatte.
Quill kam es in den Sinn, dass sein
überaus korrekter Bruder womöglich Recht gehabt hatte, als er ihm untersagte,
Gabby in ihr Schlafzimmer zu begleiten. Vielleicht war es die Intimität
des Bettes in diesem Zimmer, die seinen Puls beschleunigte. Der Anblick von
Gabbys schlanken Fesseln hatte ihm eine Vision beschert, die ihm nun zu
Kopfe stieg: Wie sahen wohl ihre Beine unter diesem schrecklichen — und
unzüchtigen — Kleid aus?
»Ich verbiete Ihnen, den
Dienstbotentrakt aufzusuchen«, sagte er schroff. »Es besteht kein Grund,
meinem Bruder noch mehr Aufregung zuzumuten, als er in Zukunft durchzustehen
haben wird.«
Gabbys Augen wurden schmal. »Was
meinen Sie mit der zweideutigen Formulierung als er in Zukunft
durchzustehen haben wird? Wollen Sie etwa andeuten, dass mein Verlobter unter
der Eheschließung mit mir leiden wird? Dass er leiden wird, weil ... weil ich
eine so schlechte Wahl bin?«
»Er wird nicht mehr leiden als jeder
andere Mann, der sich vermählt«, erwiderte Quill. »Sie wissen schon, der
Verlust der Freiheit und all das. Deshalb spricht man ja auch von den Fesseln
der Ehe.«
Aber für Gabby war die Sache noch
lange nicht erledigt. »Sie verbieten es mir? Welches Recht haben Sie, mir
irgendetwas zu verbieten?«
Um seine Mundwinkel zuckte es.
»Wissen Sie, in Abwesenheit meines Vaters bin ich Oberhaupt in diesem Haus.«
Gabby runzelte die Stirn. Wenn sie
es sich recht überlegte, war es offensichtlich, dass Quill erheblich älter war
als Peter.
»Aber ich dachte ...« Sie brach ab.
Sie konnte später noch nachfragen, warum ihr Vater annahm, dass sie den Erben
des Viscounts heiratete, obwohl sie mit dem jüngeren Sohn verlobt
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