03 - Feuer der Liebe
von
Jerningham, war kürzlich gestorben und hatte den Titel seinem vierzehnjährigen
Sohn hinterlassen.
»Miss Jerningham ist heute
eingetroffen«, erwiderte Quill vorsichtig. Jeder Nerv seines Körpers war in
Alarmbereitschaft. Breksby war bestimmt nicht hergekommen, um einen Plausch zu
halten.
»Ich werde nicht lange um den heißen
Brei herumreden«, begann Breksby dann. »Wir brauchen die Hilfe Ihres Vaters,
Dewland. Oder vielleicht sollte ich besser sagen, wir brauchen die Hilfe von
Miss Jerningham.« Quill runzelte die Stirn.
»Ja, genau«, antwortete Breksby auf
seine unausgesprochene Frage. »Warum um alles in der Welt braucht die englische
Regierung die Hilfe einer jungen Dame? Aber die Sache ist die, dass der Vater
von Gabrielle Jerningham nicht mehr ganz bei Trost ist. Und ich fürchte, den
Leuten ist erst kürzlich klar geworden, wie verrückt er ist.« Breksbys Ton war
grimmig.
»Was hat er getan?«
»Es geht weniger um die Frage, was
er getan hat, sondern darum, welche Ansichten er vertritt. Er hat sich gegen
die Ostindische Handelskompanie gestellt, und zwar in Fragen der Innenpolitik
und bei Belangen eines indischen Fürstenhauses.«
Quill dachte einen Augenblick nach.
Er hatte eine Zeit lang zahlreiche Anteile an der Ostindienkompanie besessen,
und er hörte immer noch von den Disputen, in die sich die Gesellschaft mit
ihrer Armee verstrickte. Im vergangenen Jahr hatte die Armee das Fort von
Bharatpur angegriffen und etwa dreitausend Tote und Verwundete zurückgelassen —
und es war ihr natürlich nicht gelungen, Bharatpur einzunehmen.
»Hat das Problem etwas mit der
Holkar-Region zu tun?«
Breksby war von Quills Kenntnissen
der innenpolitischen Angelegenheiten Indiens nicht überrascht. »Genau. Holkar
liegt in Maharashtra — in Zentralindien, wie Sie wissen.«
»Maharashtra gehört nicht zum Besitz
oder Einzugsbereich der Handelsgesellschaft«, stellte Quill klar.
»Stimmt. Deshalb spreche ich auch
mit Ihnen und nicht mit jemandem aus dem India House oder mit dem
Repräsentanten des Generalgouverneurs. Einige Regierungsmitglieder sind der
Meinung, dass die Kontrollinstanz dem, ähm, kriegerischen Vorgehen der
Ostindienkompanie und ihrer Armee keinen ausreichenden Riegel vorschiebt. Wir
haben auf stille Art und Weise versucht, unsere Meinung publik zu machen.«
Quill verriet mit keiner Regung, was
er von besagten »stillen« Methoden hielt.
Aber Breksby war seine hohe Position
nicht einfach in den Schoß gefallen. »Ich weiß, ich weiß«, sagte er mit einem
Seufzen. »Unsere Bemühungen sind ohne Zweifel ungenügend. Aber wie auch immer,
Lord Richard hat die Angelegenheit offensichtlich selbst in die Hand genommen —
und zwar auf eine Art und Weise, die die gesamte Maharashtra-Region in Gefahr
bringt.«
»Wieso, was hat er getan?«
»Wussten Sie, dass der derzeitige
Herrscher von Holkar den Verstand verloren hat?«
»Tukoji Holkar? Mir sind ein paar
Gerüchte zu Ohren gekommen«, sagte Quill vorsichtig. Er wusste genau, dass
Holkar vom Kirschwasser abhängig war, das ihm die Leute von der Ostindienkompanie
gaben.
»Ja, er ist völlig verrückt«,
bestätigte Breksby. »Saß den ganzen Tag nur herum und süffelte Kirschwasser,
bis er den Verstand verlor. Offensichtlich haben ihn seine Verwandten
inzwischen gefesselt und geben ihm nur noch Milch zu trinken. Ich vermute, es
gibt einige illegitime Erben, die wie die Schakale im Hintergrund lauern. Aber
Tukoji hat einen rechtmäßigen Erben. Das Problem ist, dass Jerningham diesen
Erben heimlich fortgeschafft hat.«
Quill blinzelte überrascht. »Warum
sollte er das tun?»
»Angeblich ist dieser Erbe auch
nicht ganz klar im Kopf. Jerningham glaubt, dass ein debiler Herrscher auf dem
Thron der Holkar der Ostindienkompanie den Weg in die Maharashtra-Region ebnen
wird. Deshalb will er einen illegitimen Sohn auf den Thron setzen, um die
Gesellschaft aus der Region fern zu halten.«
»Und Sie glauben, dass Miss
Jerningham etwas über diese Angelegenheit weiß?«
»Möglich«, erwiderte Breksby prompt.
»Ein sehr seltsames Haus, das die Jerninghams da führen. Sie wissen, dass er
nach Indien gegangen ist, um dort als Missionar tätig zu sein?«
»Ich habe gehört, dass das
ursprünglich sein Plan war, den er später aber verworfen hat.«
»Das stimmt. Er hat sich dort als
großer Nabob niedergelassen, und zwar tief in der Maharashtra-Region — denn
dort glaubte er, Seelen retten zu können. Aber statt Seelen zu retten hat er
mit dem
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