03 - Feuer der Liebe
konnte.
»Ich hatte nicht damit gerechnet,
jemanden im Garten anzutreffen«, erklärte Gabby fröhlich. Sie war an Menschen
gewöhnt, die in gereizter Stimmung erwachten. »Und ich hätte Sie mit Sicherheit
nicht gestört, wenn ich gewusst hätte, dass Sie schlafen. Sie waren doch wohl
nicht die ganze Nacht hier draußen, oder?«
Quill starrte sie an, als wäre sie
ein Geist. Gabby spürte einen Anflug von Unmut. Sie hatte bereits
herausgefunden, dass er das Sprechen für unter seiner Würde hielt.
Plötzlich grinste sie ihn an. Sie
mochte ihren großen, wortkargen Schwager. »Sie könnten sagen: >Guten
Morgen, Gabby, wie haben Sie in Ihrer ersten Nacht in England geschlafen?<
Ich weiß ja vielleicht nicht viel über die englischen Gepflogenheiten, aber ich
bin mir sicher, dass es üblich ist, ein zukünftiges Familienmitglied zu
begrüßen.«
Seine Erwiderung fiel wenig
freundlich aus. »Was zum Teufel!«
Gabbys Lächeln wurde ein wenig
schwächer. »Ich hoffe doch, dass dies nicht Ihr Garten ist? Niemand hat
mir gesagt, dass ich den Garten nicht betreten darf. Ich entschuldige mich,
dass ich Sie im Schlaf gestört habe, aber ich war so froh, hier draußen
jemanden anzutreffen, denn ich würde Sie wirklich gerne fragen ...«
»Gabby«, unterbrach Quill sie.
»Ja?«
»Gabby, Sie sind unbekleidet.«
Das erschien ihr nicht ganz
zutreffend. »Ich bin überhaupt nicht unbekleidet«, erklärte sie. »Ich trage
einen Morgenmantel und meine Stiefel, wie Sie sehen.« Sie streckte ihren
schmalen Stiefel unter dem Saum des Mantels vor und beide starrten ihn einen
Augenblick lang an.
»Sie müssen sich keine Sorgen wegen
der Schicklichkeit machen«, fuhr Gabby fröhlich fort. »Schließlich sind nur
wir beide hier draußen. Die Dienerschaft ist noch nicht auf und wir werden es
niemandem sagen.« Mit niemand meinte sie natürlich Peter. Es war ihr
bereits nach weniger als vierundzwanzig Stunden klar, dass Peter es mit der
Schicklichkeit furchtbar genau nahm.
Sie zwinkerte Quill zu, der immer
noch schwieg und sie missbilligend ansah. Doch während der Gedanke an Peters
Missbilligung sie atemlos und ängstlich machte, bereitete ihr die Vorstellung,
Quill zu verärgern, sogar ein wenig Spaß. Das ist wohl der Unterschied zwischen
einem Geliebten und einem Bruder, dachte sie angesichts dieser unerwarteten
Erkenntnis erfreut.
Sie rutschte näher an ihn heran und
schob ihren Arm unter seinen. »Nun, Sir, falls Sie kein Schweigegelübde
abgelegt haben, könnten Sie mir doch die Namen dieser Pflanzen nennen?«
Quill starrte sie völlig regungslos
an. Er begriff das Ganze immer noch nicht. Er hatte wegen der Schmerzen in
seinem Bein nicht schlafen können und war nach draußen in den Garten gekommen.
Er war zwischen den mausgrauen Bäumen herumgewandert, die im Morgennebel
bedrohlich über dem Gras aufragten, bis sich die Verspannung in seinem Bein
lockerte. Dann hatte er sich hingesetzt und einen sehr merkwürdigen Traum
gehabt.
Er hatte, Gott mochte es ihm
verzeihen, von Gabby geträumt. Er weigerte sich, an die Bilder, die seine
verräterische Fantasie ihm vorgegaukelt hatte, auch nur zu denken. Und als er
erwachte, saß sie neben ihm und sah mit ihrem wallenden Haar, das sich aus
seinem Band gelöst hatte, aus, als sei sie geradewegs seinem Traum entstiegen.
»Gabby«, sagte er rau und versuchte
vergebens, seine Vorstellungskraft zu zügeln. »Sie sollten nicht in Ihrem
Nachtgewand hier im Garten herumlaufen. Sie sollten sich niemals, wirklich niemals unbekleidet außerhalb Ihres Zimmers sehen lassen.«
Gabby ignorierte ihn und sprang auf
die Füße. Dabei zog sie ihn ebenfalls nach oben. »Ich denke, wir sind noch fünf
Minuten in Sicherheit, Quill. Nur fünf Minuten — und dann laufe ich zurück ins
Haus.«
Er war ihr nicht gewachsen, wenn sie
ihren Willen durchsetzen wollte, und das wusste er. Vor allem nicht, wenn ihre
Lippen tiefrot und vom Schlaf geschwollen waren, und ihre Augen ihn so ... so
einladend ansahen. Ihre Haut schimmerte rosig und ihr Anblick jagte ihm das
Blut heiß durch die Adern. Es juckte ihn regelrecht in den Fingern, sie zu berühren,
den dicken Morgenmantel beiseite zu schieben und — oh Gott, auf die Knie zu
gehen und sein Gesicht in ihrer weichen Haut zu vergraben ...
Er stapfte mit einem erstickten
Fluch den Gartenpfad entlang und zerrte Gabby hinter sich her. »Das hier ist
eine Goldregenkassie.« Er wies mit dem Kopf auf einen kleinen Baum. »Da neben
dem Sommerhaus wachsen Birnen.
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