03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen
ein Sinnbild deines Lebens, Choga.“
„Ich hatte doch so viel Respekt vor ihr. Ich würde auch deine Wäsche tragen, wenn du es sagst. So bin ich eben“, meinte ich hilflos.
Sie lachte kurz auf. „Ich würde niemanden meine Wäsche tragen lassen, sofern ich es noch selbst kann.“
Ihre Worte klangen so verständnisvoll, wie ich es mir von ihr nur wünschen konnte. Dennoch vergewisserte ich mich: „Ich hatte Angst, du würdest mir mein Verhalten nicht nachsehen.“
Ezira schüttelte den Kopf. „Nein.“ Ihre gütigen Augen blickten mich intensiv an. „Kannst du dich an den Tag erinnern, als Patty hier ankam?
Ich ließ sie niederknien. Obwohl ich nicht mal meinen Schülerinnen diese Unterwerfung abverlange. Sie aber hat diese Geste verstanden. So wird sie auch verstehen, dass du unter meinem Schutz stehst, wenn du es möchtest.
Sie kann bleiben, so lange sie möchte. Du aber hast heute einen wichtigen Schritt getan, um du selbst sein zu können. Jetzt solltest du darüber nachdenken, meine liebe Choga, ob das reicht.“
„Wie meinst du das?“, fragte ich verwirrt.
„Du sagst, dass dich der Blick in den Spiegel schmerzt. Doch wenn du auf deine Farm zurückkehrst, was erwartet dich dann?“
„Bisi, Ada, Amara, meine Schwester Magdalena und meine Gefährtinnen, ihre Kinder“, zählte ich auf.
Aus einem kleinen Beutel neben sich holte Ezira frischen Tabak und stopfte ihre Pfeife. Sie schien angestrengt nachzudenken. Vielleicht wollte sie mir auch nur Gelegenheit geben, mich auf einen mir fremden Gedanken einzulassen: Hielt sie die Farm etwa auch für einen Spiegel meiner Vergangenheit? Ich wies diese Überlegung im ersten Moment weit von mir.
Denn sie schockierte mich. „Es ist meine Lebensaufgabe, meine kranken
Schwestern zu versorgen“, sagte ich.
„Auch über sie habe ich mit Patty gesprochen“, erklärte Ezira. „Du hast mir nie so deutlich gesagt, dass sie die Frauen von Felix waren. Und ihre Kinder alle von ihm. Ich habe mich gefragt, warum ich das bislang nicht wusste. Nun würde ich gern von dir wissen, warum. Denn meine Antwort wäre von meinem Urteil geprägt und würde dir nicht gerecht werden.“
„Weil es im Grunde nicht wichtig für mich ist, wem ich helfe“, antwortete ich.
Patty blickte auf ihre frisch gestopfte Pfeife und legte sie fort. „Choga, dreh dich einmal um. Zeige mir deinen Rücken und sitz ganz still.“ Ich war zwar verwundert, aber meine alte Lehrerin hatte mich schon oft mit ihren ungewöhnlichen Methoden überrascht. Ich spürte nun ihre Hände auf meinem Rücken. Die Wärme, die von ihr ausging, tat jedoch gut. Ich schwieg, denn ich vertraute darauf, dass sie mir etwas erklären würde.
Stattdessen fragte sie: „Heile ich dich jetzt gerade?“
„Nein“, antwortete ich verwundert. „Du gibst mir Geborgenheit. „
„Was gibst du deinen Schwestern?“
Ich stutzte. „Das ist nicht dasselbe. Ich bin nur für sie da, wenn sie Hilfe brauchen.“
„Wie weit geht deine Hilfe? So weit, dass du ihnen deine Wärme gibst?“
„Ja“, sagte ich, „wahrscheinlich schon.“
„Ist denn in dir so viel Kraft, dass du davon an andere abgeben kannst?“
Langsam drehte ich mich zu ihr um. „Was willst du mir sagen, Ezira? Dass ich mich wieder übernehme, wenn ich auf die Farm fahre? Dass ich es lassen soll, weil ich mit meiner Vergangenheit abschließen muss?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich bin vielleicht nicht die Erbin meines Vaters, aber ich kann keinen neuen Weg beginnen. Was soll denn aus den anderen werden?“
„Du wirst nie wieder gesund werden, Choga. Du kannst nur eines tun: dich schonen.“ Sie fasste nach meinen eiskalten Händen. „Wenn du zu Hause bist, wird nicht nur eine Patty an dir zerren. Dort werden es viele junge Frauen sein, die dich als ihre Heilerin zurückerwarten. Hast du die Kraft dazu?“ Ich wollte antworten, dass ich mir das durchaus zutraute. Aber sie bat mich, zu schweigen. „Ich möchte dir einen Vorschlag machen: Bleibe hier, Choga. Du hast das, was du für deine Pflicht hältst, erfüllt und deinen Schwestern ein Zuhause gegeben. Du musst nicht zurückkehren.
Unterrichte Tanisha. Sie vertraut dir und du hast in ihr eine Freundin gefunden. Du brauchst Ruhe.“ Sie lächelte. „Gewiss, auch hier gibt es manche Aufregung. Aber wir haben sie gemeinsam gemeistert.“
„Du meinst, ich soll wirklich nie wieder nach Hause?“
„Wenn du sie unterrichtest, wird Tanisha in einigen Jahren wissen, was eine Heilerin wissen
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