03_Im Brunnen der Manuskripte
waren
sehr überrascht. Denn der Große Panjandrum war eine Sie. Sie
war so lange bloß eine Redewendung gewesen, dass sich schon
lange niemand mehr Gedanken über ihr wahres Aussehen oder
Geschlecht gemacht hatte. Ich fand, dass sie ziemlich gewöhnlich aussah und ungefähr Mitte dreißig zu sein schien, aber
Humpty-Dumpty teilte mir später mit, dass sie eiförmig war.
Trotzdem zeigt sie die große Marmorstatue in der Eingangshalle des GattungsRats als kräftigen älteren Mann mit Lederschürze, Hammer und Meißel. Mr Price, der Bildhauer, sagt, er habe
die Statue genau so geschaffen, wie der Große Panjandrum sich
ihm offenbart habe.
Die Große Panjandrum begriff die Lage sofort, als sie eintraf.
Sie fror sofort allen im Raum befindlichen Text ein, versperrte
die Türen und bestimmte, dass unverzüglich die Abstimmung
durchgeführt werden musste. Sie ließ den Vorsitzenden des
GattungsRats kommen, und die Einführung von UltraWord™
wurde einstimmig abgelehnt. Mit mir sprach sie dreimal: Erstens, um mir zu sagen, dass ich sehr tüchtig sei, zweitens, um
mich zu fragen, ob ich bereit sei, das Amt des Protokollführers
zu übernehmen, und schließlich, weil sie wissen wollte, ob sich
die Spiegelkugeln in den Diskotheken des Außenlands eigentlich von selbst bewegen oder ob sie einen Motor hätten. Ich
sagte: »Danke«, »Ja« und »Das weiß ich nicht« – in dieser
Reihenfolge.
Als die Party vorbei war, wanderte ich durch die stillen Gassen
des Brunnens zurück nach Hause zu meinem Regal, wo Caversham Heights stand, und las mich müde, aber zufrieden zu
meinem Flugboot. Das Amt des Protokollführers kam mir
gerade recht. Ich würde genügend zu tun haben, aber ich
brauchte nicht dauernd von einem Buch zum anderen zu springen, sondern konnte vom Schreibtisch aus arbeiten. Da konnten
meine Knöchel in Ruhe anschwellen, und ich konnte meine
Rückkehr ins Außenland planen, wenn der jüngste Next und
seine Mutter stark genug dazu waren. Gemeinsam konnten wir
die Prüfungen bis zu Landens Rückkehr bestehen, denn dass
mein Kind einen Vater haben würde, dessen war ich gewiss. Ich
hatte es ihm ausdrücklich versprochen.
Ich öffnete die Tür der alten Sunderland und spürte, wie das
Flugboot unter meinen Füßen schaukelte. Am Anfang hatte
mich die ständige leichte Bewegung genervt, aber jetzt konnte
ich es mir gar nicht mehr anders vorstellen. Kleine Wellen
schlugen sacht an den Rumpf, und irgendwo schrie ein Käuzchen auf dem Rückweg zu seinem Nest. Ich fühlte mich so zu
Hause, wie ich mich je zu Hause gefühlt hatte. Ich kickte meine
Schuhe weg und ließ mich neben Gran aufs Sofa fallen. Sie war
beim Sockenstricken eingeschlafen. Die Socke, an der sie arbeitete, war schon ungefähr drei Meter lang, weil sie sich nicht an
das komplizierte Stricken der Ferse herantraute.
Ich schloss – ganz ohne Furcht vor Aornis – für einen Augenblick meine Augen, und als ich am nächsten Morgen aufwachte, war es schon Viertel nach zehn. Ich wachte allerdings
nicht von allein auf – Pickwick zupfte heftig an meinem Kleid.
»Jetzt nicht, Pickers«, murmelte ich schläfrig, drehte mich
auf die andere Seite und spießte mich dabei fast auf einer
Stricknadel auf. Aber Pickwick gab sich damit nicht zufrieden,
sie zupfte weiter an mir herum, bis ich aufstand und mir den
Schlaf aus den Augen rieb. Dann bestand sie darauf, dass ich die
Treppe hinaufstieg und ihr in mein Schlafzimmer folgte. Auf
dem Bett saß neben mehreren zerbrochenen Eierschalen ein
Etwas, das ich nur als Federbällchen mit einem Schnäbelchen
und zwei Augen beschreiben kann.
»Plock-plock«, sagte Pickwick.
»Du hast recht«, sagte ich. »Sie ist wirklich sehr schön. Herzlichen Glückwunsch.«
Der kleine Dodo blinzelte, öffnete seinen Schnabel und sagte
laut: »Plunk!«
Pickwick fuhr zusammen und starrte mich ängstlich an.
»Oho!« sagte ich. »Schon so rebellisch?«
Pickwick schubste das Küken mit ihrem Schnabel, und es
plunkte noch einmal empört, ehe es sich schließlich setzte und
Ruhe gab.
Ich dachte einen Augenblick nach und sagte: »Ich hoffe, du
hast nicht die Absicht, sie mit halb verdauten Fischen zu füttern
oder dergleichen?«
Unten flog krachend die Tür auf.
»Thursday!« schrie Randolph aufgeregt. »Sind Sie zu Hause?«
»Ich bin hier oben«, schrie ich zurück, ließ Pickwick mit ihrem Nachwuchs allein und rumpelte die Treppe hinunter ins
Wohnzimmer, wo Randolph aufgeregt auf und
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