Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
Tisch
    hervor und reichte ihn mir auf die Bühne.
    »Ich habe eine UltraWord™-Figur gesehen«, sagte ich. »Das
    sind seelenlose Roboter. Wenn man ein altes Buch in UltraWord™ liest, ist es großartig. Aber wenn es in UltraWord™
    geschrieben wird, dann ist es flach und trivial, ohne jedes Gefühl
    – schlimmer als FastFood. Der Brunnen der Manuskripte
    arbeitet umständlich und verschwendet viele gute Ideen, aber
    bisher wurde noch jedes Buch dort geschaffen – auch die ganz
    großen.«
    Ich hob den Käfig hoch und sagte: »Das war der Beweis, für
    den Perkins sterben musste.«
    Ich nahm die Lerche heraus und setzte sie unter das Übertragungsgerät, und ein Gedicht entstand in den Köpfen der Zuhörer.

    Im Osten graut's, der Nebel fällt,
    Wer weiß, wie bald sich's rühret!
    Doch schwer im Schlaf noch ruht die Welt,
    Von allem nichts verspüret.

    Nur eine frühe Lerche steigt,
    Es hat ihr was geträumet
    Vom Lichte, wenn noch alles schweigt,
    Das kaum die Höhen säumet.

    Das Publikum reagierte erfreut auf die Worte, und trotz der
    Spannung im Saal hörte man verstreuten Applaus.
    »Na, und?« sagte Libris. »Das war doch sehr schön. UltraWord™ nimmt die Sprache und benutzt sie auf tausend verschiedene Weisen!«
    Der Protokollführer sah mich an. »Miss Next!« sagte er. »Bitte erklären Sie sich!«
    »Nun ja«, sagte ich langsam. »Das war keine UltraWord™Lerche. Ich habe sie heute Morgen aus der Bibliothek geholt.
    Aber ich habe noch etwas mitgebracht.«
    Erwartungsvolles Schweigen senkte sich über die Halle, als
    Mrs Bradshaw einen zweiten Käfig mit einer weiteren Lerche
    auf die Bühne hinaufreichte.
    »Das ist die UltraWord™-Lerche. Wollen wir sie mal vergleichen?«
    »Das ist nicht nötig!« rief Libris hastig. »Wir haben schon
    verstanden.« Er wandte sich an den Protokollführer. »Sir, wir
    brauchen noch ein paar Wochen … ein paar kleinere Mängel...«
    »Thursday, fahren Sie fort«, sagte der Protokollführer. »Lassen Sie uns vergleichen!«
    Ich setzte den Vogel in das Übertragungsgerät, und in den
    Köpfen entstand eine ganz andere Lerche:
    Mit ihrem kurzen Schwanz und ihren großen Flügeln ist die
    Lerche leicht zu erkennen. Das braune Gefieder ist im Brustbereich deutlich gestreift. Nistet am Boden. Lockruf wird im aufsteigenden Flug vorgetragen.
    »Ich werde das jetzt sofort zur Abstimmung stellen!« erklärte
    der Prokollführer und kletterte auf die Bühne. 26
    Ich warf einen Blick zu Tweed hinüber, der die Tasten auf
    seinem Mobilnotofon drückte. Er grinste.
    »Was gibt's denn?« fragte ich. 27
    »Was ist los?« fragte der Protokollführer.
    »Die Abstimmung, machen Sie schnell!«
    »Natürlich«, sagte er, denn er wusste, das die Pläne von
    TextGrandCentral erst dann wirklich abgewehrt waren, wenn
    die Abstimmung gültig erfolgt war.
    »Gut!« sagte Tweed in sein Mobilnotofon. »Die Verbindung
    ist wiederhergestellt.« Er lächelte mir zu und gab Libris das
    Daumenhoch-Zeichen. Die Zuversicht des WortMeisters stieg
    beträchtlich.

    26 »Thursday? Hier spricht Mimi!«
    27 »Sie haben eine Notleitung durch die Thriller und Horrorromane gelegt.
    Wenn Sie eine Abstimmung wollen, dann machen Sie schnell!«
    »Gut!« sagte Libris. »Der Protokollführer verlangt eine Abstimmung. Nach der Geschäftsordnung bin ich berechtigt, die
    Kritik zu beantworten, die mir vorgetragen wurde.«
    »Eine Widerrede zur Widerrede?« rief ich. »Das steht aber
    nicht in der Geschäftsordnung!«
    »Aber ja!« sagte Libris gelassen. »Vielleicht schauen Sie einfach mal in den Anhang zur BuchWeltVerfassung?« Er zog das
    schmale Büchlein aus seiner Tasche, und ich konnte den Melonengeruch schon von weitem wahrnehmen. Der Anhang der
    Verfassung würde genau das besagen, was Libris wollte.
    Libris stellte das Mikrofon ab, trat näher zu uns heran und
    sagte drohend zum Protokollführer: »Wir können das ganz
    freundschaftlich klären, wenn Sie dazu bereit sind. Sonst wird es
    ein bisschen wehtun. Nur eins ist klar: Wir machen die Spielregeln. Sie treten doch sowieso bald zurück. Wenn Sie mit mir
    zusammenarbeiten, kann Ihr Ruhestand angenehm werden,
    wenn Sie mir in die Quere kommen, mach' ich Sie fertig!«
    Dann wandte er sich an mich: »Warum mischen Sie sich eigentlich ein? Im Außenland wird sich doch gar nichts ändern.
    Ich gebe Ihnen eine Woche, um Ihre Sachen zu packen und
    wieder nach Hause zu gehen. Versprochen.«
    Der Protokollführer warf Libris einen verächtlichen Blick

Weitere Kostenlose Bücher