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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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sagte Lady Cavendish freundlich, »aber ist die
    Popularität der Bücher nicht ein Hinweis darauf, wie gut das
    gegenwärtige System tatsächlich ist?«
    »Das hängt sehr davon ab, was Sie mit Popularität meinen.
    Nur etwa dreißig Prozent der Außenländer lesen regelmäßig
    Romane. Mit UltraWord™ wollen wir diese Zahlen erheblich
    verbessern. Aber ich will nicht vorgreifen. Die Fülle neuer Ideen
    und Handlungsverläufe ist nur die eine Hälfte der Geschichte.
    Lassen Sie mich kurz darlegen, was das neue System noch für
    weitere Vorzüge hat.«
    Wieder flippte Libris den Chart, und auf dem neuen Blatt
    stand: Weitere Vorzüge.
    »Vor allem ist UltraWord™ vollkommen kompatibel mit allen bestehenden Romanen, Theaterstücken und Gedichten. Mit
    UltraWord™ neu geschriebene Bücher werden aber einige
    zusätzliche Eigenschaften besitzen, die den Lesegenuss noch
    vergrößern.«
    »Dunnerlittchen«, sagte Bradshaw. »Wie wollen Sie denn ein
    Buch noch verbessern?«
    »Also nur mal ein Beispiel«, sagte Libris voller Begeisterung.
    »Dialoge! In der heutigen Prosa und erst recht in Theaterstücken muss jede wörtliche Rede einem Sprecher zugeteilt werden, sonst weiß der Leser nicht, wer gerade spricht. Bei längeren
    Szenen mit vielen Sprechern ist das oft ziemlich mühsam. Mit
    den ganzen sagte George, erwiderte Michael, ergänzte Paul und
    so weiter kann man schon durcheinander kommen. Mit der
    UltraWord™ FigurenIdentifikation™ hat der Leser keinerlei
    Mühe mehr damit, den jeweiligen Sprecher zu identifizieren,
    und wir können uns die ganzen lästigen Zuweisungen sparen.
    Außerdem wird UltraWord™ mit PlottPlottPlus™ ausgestattet,
    das den Lesern jederzeit eine Komprimierte Zusammenfassung
    Was bisher geschah liefert, wenn sie mal den Faden verlieren
    oder ihre Lektüre unterbrochen und ein Buch tage-, wochen-oder monatelang weggelegt haben. Weitere Optionen sind
    ReadZip™, PageGlow™ und drei Tonspuren mit Musik und
    Geräuschen.«
    »Ach«, sagte Lady Cavendish. »Und wie bringt der Leser diese ganzen Extras zum Laufen?«
    »Na ja. Gleich nach dem Innentitel kommt ein Menü, wo Sie
    Ihre Einstellungen vornehmen und Ihre Favoriten einrichten
    können.«
    »Natürlich berührungsempfindlich?« fragte ich.
    »Nein«, sagte Libris mit leuchtenden Augen. »Leseempfindlich! UltraWord™-Bücher wissen, wann sie gelesen werden. Auf
    der Seite mit dem Menü können Sie zum Beispiel auch WordClot™ aktivieren, das die Grammatik und Wortwahl auf die
    Fähigkeiten des Lesers einstellt. Auf diese Weise erhalten Sie
    längere und kürzere Sätze, komplexe oder weniger komplexe
    Wörter usw. Dass Sie für unsere jüngsten Leser auch jederzeit
    NeuSchreib™ einstellen können, versteht sich von selbst.«
    Die Zuhörer schwiegen beeindruckt.
    »Aber noch einmal zurück zu Ihrer Frage, Commander
    Bradshaw. Viele Leute lehnen Bücher ab, weil sie Lesen so
    anstrengend und langsam finden. Im Moment beträgt die
    Erfassungsgeschwindigkeit pro Sekunde höchstens sechs Wör-ter. Mit UltraWord™ besitzen wir eine Technologie, um diese
    Zahl zu vervierfachen. Ich denke, für neue und langsame Leser
    ist das höchst attraktiv.«
    »Jetzt halten Sie mal die Luft an, Meister«, rief Bradshaw mit
    lauter Stimme. »Technologie ist ja schön und gut, aber wenn
    das Zeug nicht hundert Prozent funktioniert, könnte das Ganze
    ein Riesenschlamassel werden. Eine Katastrophe!«
    »Das ISBN-System zur Ortung der Bücher mochten Sie auch
    nicht, Commander«, sagte Libris herablassend, »dabei ist es
    inzwischen gar nicht mehr wegzudenken bei der BuchNavigation.«
    Die beiden Kontrahenten musterten sich aggressiv, bis plötzlich ein lautes Rülpsen die Luft zerriss. Falstaff, natürlich.
    »Ich habe zu meinen Lebzeiten«, sagte der Fettwanst und
    stellte sich mit Mühe auf die Füße, »eine Menge erlebt. Gute
    Dinge und schlechte. Ich war bei der großen Vokalverschiebung
    dabei und erinnere mich voller Wehmut der Tage, in denen
    Wortspiele, beleibte Menschen und Ausländer noch als äußerst
    witzig galten. Ich habe den Aufstieg des Romans – und den
    Niedergang des Epos – beobachtet. Ich erinnere mich an Zeiten,
    wo man sich für einen Sixpence blind saufen und voll fressen
    konnte, bis einem schlecht wurde, und immer noch genug Geld
    für eine Nutte übrig hatte. Ich erinnere mich daran, dass einen
    früher das Wasser umbringen und der Schnaps retten konnte;
    ich erinnere mich –«
    »Hat das alles irgendeine Pointe?«

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