03 - Keiner wie Wir
Rebellen traf dies zu, das Wundern darüber hatte Daniel längst aufgegeben.
»Du hast Familie in deiner Heimat?«
Daniel sah auf. »Eine Frau, ja.«
»Kinder?«
Flüchtig lächelte der Amerikaner, dann schob er die aufkeimende Erinnerung energisch beiseite. »Wir hatten es geplant.«
Omar winkte ab. »Hier gibt es viele schöne Frauen. Such dir eine aus!«
Darauf wusste Daniel nichts zu erwidern, was dem brüderlichen Verhältnis nicht immens geschadet hätte, und auch Omar hatte dem offenbar nichts hinzuzufügen.
Vier Wochen später setzte er sich wieder zu ihm. Nach dem obligatorischen Blick in die westliche Ferne sah der Kommandant ihn an.
»Deine Freunde aus Amerika haben mir ein Angebot unterbreitet ...«
Bevor er es verhindern konnte, loderte Hoffnung in ihm auf, als hätte jemand unbedacht eine riesige Ladung Sauerstoff in die sterbende Flamme gegeben. »Was?«
Omar grinste. »Lösegeld. Willst du erfahren, wie viel deine verbrecherische Regierung bereit ist, für dich zu zahlen?«
»Fünf Dollar?«, mutmaßte Daniel vorsichtig.
Das strahlende Grinsen wurde breiter, wenngleich es nie die dunklen Augen erreichte. Kam das Thema auf die USA, dann fehlte ein winziger Funke, um den Hass, der tief in den Herzen der Männer und Frauen lebte, an die Oberfläche zu bringen.
Ob Daniel wollte oder nicht, er lebte bereits zu lange unter ihnen, um nicht wenigstens deren grenzenlose Abneigung nachvollziehen zu können. Sein Heimatland hatte sich in der Vergangenheit zu häufig die Finger verdammt schmutzig gemacht, besonders an den vielen muslimischen Völkern.
Dennoch würde er ihre Vorgehensweise niemals akzeptieren.
»Dein Humor ist unschlagbar, mein imperialistischer Freund.« Abermals richtete sich der grübelnde Blick in die Ferne. »Ich würde einen guten Arzt verlieren, ginge ich auf ihr Angebot ein.«
Plötzlich führte Daniels Herz Kapriolen auf, die er längst nicht mehr für möglich gehalten hätte. Eben noch ein Strohfeuer brannte die Hoffnung inzwischen lichterloh und er war ihr hilflos ausgeliefert. Sein Herz klopfte wild und mit neuem, bereits tot geglaubtem Eifer, der Atem ging schnell und hektisch, selbst die Hände bebten, während Daniel sich verzweifelt um Fassung bemühte.
»Geld ist nicht alles, mein Freund ...«, sinnierte Omar weiter.
Daniel biss sich mit aller Macht auf die Zunge, um seinen edlen ‚Bruder‘ nicht zu unterbrechen. Durch sein Gebrüll, beispielsweise. Oder, weil er ihm kräftig am Kragen dieser verdammten Uniform nahm und durchschüttelte, damit das Denken schneller vonstattenging.
»Allerdings würde man damit den Beweis liefern, dass wir nicht die Bastarde sind, als die deine Leute uns vor aller Welt präsentieren ...« Omar kniff die Augen zusammen. »Gute Publicity ist nicht zu unterschätzen.«
Hmmm, der sollte sich mal mit Tina unterhalten, die war da wohl eher die richtige Ansprechpartnerin. Doch bei dem Gedanken, dass Tina und Omar jemals aufeinandertreffen könnten, stellten sich bei Daniel schlagartig die Nackenhaare auf.
»Andererseits wird das auch nicht helfen.« Das klang unerwartet unwirsch. »Sie werden uns eben für käufliche , gewissenlose, ungebildete Bastarde halten.«
Womit er sich abrupt erhob und seinen Gefangenen mit dessen verdammter, niederschmetternder Hoffnung allein ließ.
Omar verhandelte weiter, möglicherweise benötigte er doch das Geld oder aber, er konnte sich für gestrandete Ärzte erwärmen, die als junge Männer das Risiko suchten und später, als all das jugendlich Ungestüme bereits der Vergangenheit angehörte, darin umgekommen waren.
Eventuell lag es auch daran, dass er seinen Sohn hatte, Daniel aber nicht und der sich standhaft weigerte, eine von Omars Schwestern zu ehelichen. Inzwischen war der Kommandant und verkappte Philosoph davon überzeugt, dass Allah das Herz des amerikanischen Doktors als würdig erachtete, und hatte gegen einen Glaubenswechsel nichts mehr einzuwenden.
Möglicherweise entsprach es sogar einem seltenen Akt der Dankbarkeit, weil dieser so verhasste Vertreter der westlichen Welt ihm zu seinem Stammhalter verholfen hatte.
Was Omar am Ende zum Einlenken bewog, würde Daniel wohl nie erfahren. Vielleicht hatte er auch einfach nur einen guten Tag.
Drei Monate darauf setzte sich der Kommandant erneut zu ihm und diesmal klang sein Vortrag bedeutend verbindlicher.
… und unwirscher.
»Die amerikanischen Bastarde sind bereit, eine Menge Geld für dich springen zu lassen ...«
Längst
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