03 - Keiner wie Wir
Tiefgarage.
Als Tina seinen Wagen sah, zeigte sie die erste Regung, abgesehen vom permanenten Starren, das Daniel mittlerweile tatsächlich etwas besorgt stimmte. Das Volumen der dunklen Augen nahm nämlich noch einmal beträchtlich an Umfang zu.
»Du sagtest, ich soll dich abholen, wenn ich zurück bin«, bemerkte er beiläufig und lauschte ein wenig verwundert seiner heiseren Stimme, während er ihr die vorsorglich mitgebrachte Wollmütze aufsetzte und Handschuhe über ihre ohnehin bereits eisigen Hände zog.
»Hast du das vergessen, Hunt?«
Eine Antwort blieb wie üblich aus, doch inzwischen rechnete er auch nicht mehr damit.
In Wahrheit attestierte Daniel sich soeben erstaunliche Nerven. Schon, weil das peinliche Zittern seiner Hände nicht zunahm und er sich nicht auf sie stürzte, mit der festen Überzeugung, sie nie wieder loszulassen. Dabei wehte der Duft ihres Haars unentwegt in seine Nase und die Wangen – so bleich! - schrien ihn unentwegt an, dass er jetzt, genau in diesem Moment, erfahren musste, ob sie sich genauso anfühlten, wie in seiner Erinnerung.
Ihm setzte alles zu, selbst die vermeintlich unwichtigsten Kleinigkeiten und er hätte nie geglaubt, einen Menschen auch dann noch derart erbärmlich vermissen zu können, wenn er faktisch längst bei ihm war.
Und niemals hätte er auch nur geahnt, wie lebenswichtig eine simple Berührung sein konnte.
Aus welchem Fundus tief in seinem Innern er die erforderliche Stärke barg, keinem dieser lebensnotwendig erscheinenden Wünsche nachzugeben, würde ihm auch ewig ein Rätsel bleiben. Daniel brachte es sogar fertig, einen flüchtigen Kuss auf ihre Stirn zu hauchen und das nicht als Auftakt für tausend weitere zu werten, sondern sie behutsam in das wartende Cabriolet zu setzen und dann zwangsläufig loszulassen!
Nie zuvor hatte er seinen Wagen so schnell umrundet.
Als er auf der Fahrerseite Platz nahm, achtete Daniel tunlichst darauf, nicht die Wagentür zu öffnen. Mit einem trockenen Grinsen registrierte er, dass er es noch immer beherrschte. Ein Satz, und er saß neben ihr. Von diesem erhofften, jedoch nicht erwarteten Erfolg etwas beflügelt, betrachtete er Tina mit erhobener Augenbraue.
»Anschnallen?«
Der verworrene Blick war mal wieder die einzige Antwort und er seufzte amüsiert. Irgendwann kehrte eben alles zurück. Und die meisten Déjà vus begrüßte er mit einem innerlichen, fulminanten und ausgelassenen Jubeln. Allerdings bereitete es Daniel unvorstellbare Schwierigkeiten, nicht für ein bis zwei Ewigkeiten den Kopf an ihre Schulter zu legen, den Duft ihrer Haut zu atmen, während er sie anschnallte und ihr zwangsläufig damit verboten nahekam.
Auch diese Herausforderung bestand Daniel mit Bravour. Im Geiste verlieh er sich dafür endlich den verdienten Oscar.
»Ich hatte ihn bei Jonathan untergestellt«, erzählte er beiläufig, während er den Wagen aus der Garage lenkte, sein Arm lag lässig um ihre Schultern. »Inzwischen ist er zwar nicht mehr taufrisch, aber Tom hat dafür gesorgt, dass er gut in Schuss bleibt. Ein ziemlich netter Zug von ihm, finde ich. Du auch?« Selbstverständlich wusste Tina auch darauf nichts zu erwidern und er zog sie mit einem schwachen Lächeln an sich.
Und weil sie ihm plötzlich so nah war, tatsächlich derart nah, wie er es lange Zeit nicht mehr zu hoffen gewagt hatte, küsste er sie gleich noch einmal. Diesmal auf die kleine Nasenspitze.
Dies war die erste Situation in seinem Leben, die er mit jeder Sekunde etwas ausufernder genoss und gleichzeitig fürchtete.
Daniel hatte nämlich nicht den geringsten Schimmer, wo dies enden würde, als er schließlich das Cabriolet auf die Straße setzte ...
* * *
uf dem Weg zum Rockefeller-Center schwiegen die beiden und das änderte sich auch nicht, als Daniel der derzeit erstarrten Frau seiner Träume aus dem Wagen half.
Die dachte noch immer nicht daran, den Blick von ihm zu nehmen. Und als er in einem Anfall von geistiger Umnachtung allein zum Schlittschuhverleih gehen wollte, befand sie sich so schnell an seiner Seite, dass ihm angst und bange wurde.
Auch jetzt noch machte sich nicht das leiseste Schwanken bemerkbar, sie drohte keineswegs, in Ohnmacht zu fallen. Doch mit jeder Sekunde wirkte Tina blasser und die Augen größer, weshalb Daniels Sorgen proportional dazu stiegen.
Vielleicht hätte er das Wiedersehen behutsamer herbeiführen sollen, nur fiel ihm dummerweise beim besten Willen nicht ein, wie er das hätte anstellen sollen.
Auch er
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