03 - Keiner wie Wir
die Schultern.
»Exakt! Das war es! Du kannst mich!«
Und damit verschwand er in seinem Zimmer.
* * *
M it riesigen Augen starrte Tina auf jene Stelle, an der er soeben gestanden und sie beleidigt hatte.
Erst geraume Zeit später erwachte ihr Körper zum Leben. Sie fuhr zusammen, der Kopf hob sich um ein weiteres Stück, und bevor sie es überdenken konnte, hatte sie bereits den Flur durchquert und seine Tür aufgerissen. Mit ihr zugewandtem Rücken stand Daniel am Fenster und starrte auf die dunkle Straße hinaus.
»Was fällt dir ein?« Tinas schrille Stimme hinterließ ein leises und nachhaltiges Klirren. »Wie kommst du dazu, so mit mir zu sprechen? Gut, ich habe vergessen, dich anzurufen, aber das war ein Notfall! Ich musste sofort nach Atlanta, habe seit Donnerstag durchgearbeitet, verdammt! Und ganz bestimmt nicht auf die Weise, die du mir in deiner bescheuerten Idiotie und Eifersucht andichtest! Wenn du ...«
Das nächste Schwanken unterbrach sie, nach Halt suchend griff Tina zum Türrahmen, ihre Beine weigerten sich störrisch, sie zu tragen und plötzlich wusste sie, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb. Sie war noch nicht fertig, ihr Zorn wuchs mit jeder Sekunde. Je länger sie seinen verdammten Rücken anstarrte, desto glühender hasste sie ihn – mal wieder.
»Wenn du so mies von mir denkst, wenn ich das in deinen Augen bin, was soll das Ganze dann? Ich bin dir nichts schuldig, verflucht! Woher sollte ich denn auch ahnen, dass du plötzlich mal nicht in deiner beschissenen Klinik herumhängst, in der du ja sonst offensichtlich wohnst? Ich bin nicht mit dir verheiratet und du besitzt kein verdammtes Recht, mich so zu behandeln. Niemand hat das!« Das nächste Schwanken holte sie ein und läutete das endgültige Ende ihrer Kraft ein. Mühsam nickte sie. »Weißt du was? Leck mich!«
Damit stürzte sie in ihr Zimmer, und ihre Tür landete mit lautem Scheppern im Rahmen.
* * *
auschend hob Daniel den Kopf und trat kurz darauf mit einem zufriedenen Nicken an die Spüle.
Nachdem er den Hebel der Armatur bis zum Anschlag ans rote Ende gedreht hatte, stellte er das Wasser an und lauschte erneut.
Als aus dem Bad ein »Ahhhhhhh!«, ertönte, erfolgte das nächste Nicken, diesmal ein ausnehmend zufriedenes. Erst dann brühte er sich in aller Seelenruhe einen frischen Kaffee, ein schmales Lächeln auf den Lippen.
Mit der Tasse in der Hand trat er ein weiteres Mal zur Spüle und stellte den Hebel – das Wasser lief unvermindert – ruckartig auf kalt.
Wieder hob er den Kopf ...
»Ohhhhhhhh!«
… und nickte. Danach setzte er sich gemütlich auf einen der Küchenhocker und genoss nach getaner Arbeit seinen Morgenkaffee.
Nur wenige Sekunden später ging die Badtür auf, und Tina erschien in der Küche, ausschließlich in ein Handtuch gehüllt. Die Haut schimmerte feucht und im Haar zeigten sich verdächtige Spuren des Shampoos, das nur sehr mangelhaft ausgespült worden war. Sie hielt ein Glas unter den Strahl eisigen Wassers (der Hebel stand unverändert auf ganz kalt) und schüttete es ihm wortlos ins Gesicht. Ebenso kommentarlos verließ sie danach den Raum.
Bedächtig entfernte Daniel die Feuchtigkeit aus den Augen, nickte abermals, grimmig/entschlossen diesmal, leerte in aller Ruhe seine Tasse und ging sich umziehen.
Er war ziemlich nass.
* * *
M an schrieb Tag acht nach Tinas legendärer Rückkehr.
Das Schweigen hielt bereits ebenso lange an. Denn seitdem sie an jenem Montag die Tür hinter sich geschlossen hatte, herrschte zwischen den beiden bis auf eine weitere eher flüchtige Unterbrechung eisige Funkstille.
Daniel dachte nicht daran, zur Tagesordnung überzugehen, wie auch immer die aussehen sollte.
Er hatte Tina nicht ganz die Wahrheit gesagt, in Ordnung, tatsächlich nicht einmal ein Zehntel davon. Denn während dieser vier Tage musste er mit der Gewissheit leben, dass sie tot war. Ermordet von irgendeinem Kerl, der ihr am Ende doch den Rest gegeben hatte. Warum sie sich in dessen Fänge begeben, weshalb sie sich nicht gemeldet hatte, aus welchem Grund das alles überhaupt geschehen war – er fand keine Antworten, die auch nur entfernt einen Sinn ergaben. Selbst für Tinas Verhältnisse.
Und bereits am zweiten Tag dieser unbeschreiblichen Folter war er nicht mehr fähig, sich mögliche Erklärungen auszudenken. Sein Gehirn konnte nur noch ein Bild heraufbeschwören – das allerdings in phantastischen Facetten:
Tina – geschändet, tot, massakriert, blutend, mit grauenhaftem
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