03 - Keiner wie Wir
den Napf, aus dem der Idiot seinen Kaffee zuckerte, mit Salz aufzufüllen. Danach präparierte sie seine Zahnpaste, indem sie eine ordentliche Ladung der weißen Masse aus der Tube drückte, etwas Essig und Knoblauchpulver darunter mischte, Salz hinzufügte, stirnrunzelnd ein wenig weißen Pfeffer nahm, das Ganze ordentlich vermengte und dann mit der zubereiteten Giftmischung die Tube wieder auffüllte. Alles in allem eine lange und aufwendige Prozedur, aber die Mühe allemal wert. Zuletzt schmierte sie noch etwas von der unbehandelten Paste unter den Türgriff seines Zimmers. Nein, ihr entging natürlich nicht, wie albern das Ganze war, aber was sollte sie tun? Tina passte sich bloß den herrschenden Verhältnissen an!
Sobald sie alles Erforderliche erledigt hatte, verschanzte sie sich in ihrem Zimmer.
Und als schließlich die Wohnungstür aufging, hob sie lauschend und in sichtlicher Anspannung den Kopf.
Daniel genoss nach dem Heimkommen immer einen Feierabendkaffee – von wegen, kein Langweiler! Die gleiche Angewohnheit hatte ihr Grandpa auch. Und den lernte sie bewusst kennen, als er über siebzig war!
Kurz darauf bestätigte das Klappen der Schranktüren, dass dieser Mensch wirklich ein total stupides und kalkulierbares Gewohnheitstier verkörperte.
Natürlich nahm er seine Tasse heraus. Ja, der Idiot besaß eine Privattasse , deren Benutzung ausschließlich ihm vorbehalten war. Das hatte er ihr bei ihrem Einzug mit sehr gewichtigen Worten und gestrenger, leicht bedrohlicher Miene erklärt.
Erwartungsvoll hob sie ein wenig den Kopf, der Mund bereit, sich zu einem zufriedenen Lächeln zu verziehen. Kurz darauf ertönte ein lautes ...
» Fuck! «
… und Tinas Lächeln war perfekt.
Zufrieden widmete sie sich erneut ihrer Arbeit.
* * *
S eine Kindheit hatte Daniel vor etlichen Jahren hinter sich gelassen und kein Bedürfnis, dorthin noch einmal zurückzukehren.
Daher ließ er sich die kindischen Streiche des mit ausnehmend hübschen Brüsten ausgestatteten Kleinkindes eine Zeit lang gefallen und verbuchte es unter unliebsame Erfahrungen. Solche, die niemand - außer ihm - je machen würde, weil niemand – außer ihm – mit dem Fluch namens Tina Hunt geschlagen war.
Selbst die Zahnpasta unter der Türklinke veranlasste ihn nur zu einem vagen Stirnrunzeln. So etwas hatte er bereits während seiner Zeit im Pfadfindersommerlager zustande gebracht und da war er acht!
Weshalb dieser sogenannte Streich eher als peinlich, Tinas keineswegs würdig und an Dummheit nicht zu überbieten einzustufen war. Daniel überlegte, ob er ihr das mitteilen sollte, entschied sich am Ende aber dagegen. Das würde sie womöglich nur anspornen und ihn noch mehr herausfordern, ihr endlich zu zeigen, wie es richtig angestellt wurde. Und er würde den Teufel tun und sich anhaltend auf ihr jämmerliches Niveau herablassen.
Zumindest gelangte er zu diesem bedeutsamen Schluss, während er mit beachtlicher Muße Tinas circa einhundert Wasserflaschen in den Ausguss entleerte. Sollte sie Leitungswasser trinken, wenn der Durst übermächtig wurde.
Als er am Abend im Bad stand und die Zahnbürste in den Mund schob, brach jene Barriere mit lautem Tosen in sich zusammen, die ihn bisher an der echten Teilnahme an diesem seltsamen Spiel erfolgreich abgehalten hatte.
Genug war genug!
Nachdem er das widerliche Zeug ausgespuckt hatte und auch das Würgen langsam verebbte, schwor Daniel bitterste Rache und machte sich auch gleich an deren Umsetzung.
Als erste Amtshandlung vernichtete er den vorrätigen Salat und alles, was auch nur im Entferntesten nach Toast, Konfitüre oder Butter aussah. Dann startete er einen Großeinkauf im Supermarkt.
Zwei Stunden später stand der hochgewachsene, fünfunddreißigjährige Chirurg, Besitzer einer Privatklinik, (beachtliche zwanzig Prozent des Kaufkredits waren bereits getilgt) und Botschafter der ÄOG und WHO in seiner Küche – die immer noch recht selten benutzt wurde – und begann eine Kocharie, wie sie die Welt bis dato nicht gesehen hatte.
Daniel bereitete jedes Gericht zu, von dem er wusste, dass Tina dafür sterben würde. Zumindest früher, als sie überhaupt noch aß. Und zwar schön der Reihe nach, damit sich die Gerüche optimal im Appartement entfalten konnten. Zur Unterstützung stellte er einen Ventilator auf, der die Dämpfe über den Flur direkt vor ihr Zimmer blies.
Dass ihn dies seinen Nachtschlaf kostete, betrachtete er sehr wohl als angemessenen Preis. Außerdem war ihm wegen
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