03 - Keiner wie Wir
der gepanschten Zahnpaste übel, was ein Einschlafen ohnehin erschwert hätte.
Die fertigen Gerichte drapierte er auf dem Küchentisch. Und als er morgens um vier Uhr erschöpft in dem Schlachtfeld stand, das früher einmal eine Küche darstellte, hatte er Hamburger, Milchshakes in jeder Geschmacksrichtung, frisch zubereitete Donuts (Erdbeere, Schokolade, klarer Zuckerguss), ein riesiges Steak mit Pilzragout, einen Süßkartoffelauflauf, für den ihm seiner bescheidenen Meinung nach ein Preis gebührte, zwei kleinere Sahnecremetorten (Schokolade und Edelkirsche) und einen Geflügelsalat der erlesenen Art, extra mit Wein abgeschmeckt, zustande gebracht.
Das genügte Daniel aber noch lange nicht.
Schon, weil leider nicht alles davon auf längere Entfernungen duftete. Und außerdem wusste er zwar, dass sie innerlich vor Verlangen nach den Kalorienbomben krepieren würde, bekannterweise war sie leider eine Ignorantin vor dem Herrn, würde wieder ihre widerlichen Pfefferminzbonbons bemühen, maximal die Augen verdrehen und das Appartement in Richtung Büro verlassen. Sprich: sich dem Einfluss der kulinarischen Gerüche feige entziehen.
Es bedurfte nur einer flüchtigen, vorherigen Überlegung, dann schlich er auf Zehenspitzen und einem Dieb nicht ganz unähnlich in ihr Zimmer.
Kaum hatte er sich hinreichend davon überzeugt, dass sie tatsächlich schlief, begann Daniel, nach ihrer Tasche mit den Ausweichpillen zu suchen.
Etliche Minuten später, in denen er einmal gegen den Schreibtisch und ein weiteres Mal frontal gegen ihren Schrank gelaufen war, musste er einsehen, dass sie über geringfügig mehr Cleverness verfügte, als ursprünglich zugestanden. Für einen Mann, wie ihn jedoch, war sie nicht annähernd clever genug.
Sein Grinsen hatte etwas abgrundtief Boshaftes, während er ihren Schreibtisch genauer unter die Lupe nahm. In der Dunkelheit bedeutete das: Daniel tastete sich langsam vor.
Kurz darauf fand er, wonach er suchte und das boshafte Grinsen wurde von einem diebischen und gleichzeitig fatalistischen Lächeln, mit leicht besessenen Tendenzen ersetzt.
Jetzt spätestens würde sich herausstellen, wie tief ihr Schlaf wirklich war …
* * *
W enige Minuten später stand eines fest:
Schlief Tina erst einmal, dann kostete es eine Menge Aufwand, um sie wieder zu wecken.
Eine Erkenntnis, die Daniel in seine zukünftigen Kalkulationen miteinbeziehen würde.
Nach getaner Arbeit begab er sich zurück in das Schlachtfeld namens Küche, brühte einen neuen Kaffee und wartete.
Tina stand immer um sieben auf, danach hätte man sogar eine Atomuhr stellen können.
Und auch diesmal enttäuschte sie nicht.
Als sie in die Küche trat und Daniel sah, verengten sich ihre Augen. Dann betrachtete sie die Leckereien, unter denen sich die Tische bogen, und schüttelte den Kopf. Sie murmelte etwas Unverständliches vor sich hin, was verdächtig nach »Idiot!«, klang und griff in den Schrank, um sich ein Wasser herauszunehmen. Eine Weile tastete sie ergebnislos in dessen Tiefen umher, sah schließlich hinein und kurz darauf traf ihn ein äußerst böser Blick.
»Findest du das witzig?«
Daniel hob die Schultern und führte seine Tasse zum Mund, ohne sie aus den Augen zu lassen, was Tina mit einem verächtlichen Schnauben begleitete. Dann griff sie tatsächlich zum Wasserglas und hielt sich an den unerschöpflichen Vorrat aus der Leitung. Bevor sie den Raum verließ, sah sie noch einmal zu ihm, drohend (natürlich). »Lass das Wasser aus, sonst bringe ich dich um!«
Zweifelnd hob er eine Braue und widmete sich wieder seinem Kaffee.
Kaum war sie verschwunden, begann Daniel angestrengt zu lauschen. Dieser neue, fatalistische Ausdruck hatte sich längst in seine übermüdeten Augen zurückgeschlichen ...
Diesmal erfolgte kein »Ahhhhhh!« Auch auf ein »Ohhhhhh!«, lauerte er vergebens.
Was an diesem Morgen im Bad des gemeinsamen Appartements von C. Hunt und D. Grant ertönte, entsprach einem Schrei, der grausamstes Entsetzen ausdrückte.
Laut, schrill und unartikuliert.
Kurz darauf stürzte Tina in die Küche, die Augen zu Übergröße aufgerissen, obwohl sie bereits seit Ewigkeiten keine Brille mehr trug! »Hast du den Verstand verloren?«
»Pardon?« Er sprach es übrigens sehr betont aus, sodass es klang wie: Pärdong .
Sie hyperventilierte ein wenig, die geballten Fäuste befanden sich in Brusthöhe, das Gesicht war tiefrot. Was übrigens die schwarzen Brauen, den Schnurrbart und den Ziegenbart – alles
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